Libanon: Wirtschaftlicher Zusammenbruch trifft Kinder hart

Beirut/Köln/Wien - Kinder im Libanon tragen die Hauptlast einer der schlimmsten wirtschaftlichen Zusammenbrüche der letzten Jahrzehnte, so eine heute von UNICEF veröffentlichte Untersuchung. 77 Prozent der libanesischen Haushalte können es sich laut UNICEF nicht leisten, ausreichend Essen für ihre Kinder zu kaufen.

@UNICEF

Eine Reihe von Krisen, die sich gegenseitig verstärken, nicht zuletzt eine verheerende Rezession, haben die libanesischen Familien in eine schlimme Situation gebracht, die nahezu jeden Aspekt ihres Lebens betrifft.

„Ohne Aussicht auf Verbesserungen sind die Gesundheit, die Bildung und die Zukunft der Kinder in Gefahr, da die Preise in die Höhe schießen und die Arbeitslosigkeit weiter zunimmt. Immer mehr Familien sind gezwungen, auf negative Bewältigungsstrategien zurückzugreifen, wie z.B. ihre Kinder zur Arbeit zu schicken, ihre jungen Töchter zu verheiraten oder Mahlzeiten auszulassen", sagt Yukie Mokuo, UNICEF-Leiterin im Libanon.

Die aktuelle Haushaltsbefragung von UNICEF zeichnet ein alarmierendes Bild:

  • Über 30 Prozent der Kinder gingen im vergangenen Monat hungrig zu Bett: 77 Prozent der Haushalte verfügen nicht über genügend Lebensmittel – in syrischen Flüchtlingshaushalten liegt die Zahl bei 99 Prozent. 60 Prozent der Haushalte müssen Lebensmittel auf Kredit kaufen oder sich Geld leihen.
  • 30 Prozent der Kinder erhalten keine ausreichende medizinische Grundversorgung und 76 Prozent der Haushalte gaben an, dass sie von den massiv gestiegenen Medikamentenpreisen betroffen sind;
  • Eines von zehn Kindern wurde zur Arbeit geschickt. 40 Prozent der Kinder leben in Familien, in denen niemand mehr Arbeit hat und 77 Prozent in Familien, die keine Sozialhilfe erhalten.
  • 80 Prozent der Betreuungspersonen gaben an, dass ihre Kinder Schwierigkeiten haben, sich zu Hause auf das Lernen zu konzentrieren – was auf Hunger oder psychische Belastung hinweisen könnte.

Die anhaltende wirtschaftliche Depression ist nur eine der sich gegenseitig verstärkenden Krisen im Libanon. Das Land leidet auch unter den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, den Folgen der massiven Explosionen im Beiruter Hafen im August 2020 sowie der anhaltenden politischen Instabilität. Die Lage der rund 1,5 Millionen syrischen Geflüchteten ist besonders schwierig. Gleichzeitig wächst die Zahl der Libanesen, die Unterstützung benötigen, rapide an.

„Die Weltbank hat die Krise im Libanon als einen der drei größten wirtschaftlichen Zusammenbrüche einer Volkswirtschaft seit Mitte des 19. Jahrhunderts bezeichnet. Die UNICEF-Studie zeigt, dass die Kinder die Hauptlast dieser Katastrophe tragen", so Yukie Mokuo.
UNICEF ruft die libanesischen Behörden dringend dazu auf, den sozialen Schutz der Bevölkerung deutlich auszuweiten, jedem Kind den Zugang zu hochwertiger Bildung zu ermöglichen und sowohl die medizinische Grundversorgung als auch den Kinderschutz zu stärken.

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