29 Millionen Babys waren 2018 von Konflikten betroffen

New York/ Wien - UNICEF fordert mehr Unterstützung für Eltern, die gezwungen sind, ihre Babys und Kleinkinder in Konfliktgebieten aufzuziehen.

Ein Kind (19 Monate alt) in Jeme im Kinderbetreuungszentrum eines Krankenhauses

Bewaffnete Gewalt in Ländern wie Afghanistan, Somalia, Südsudan, Syrien und Jemen bedeutete, dass im vergangenen Jahr mehr als jedes fünfte Baby weltweit seine ersten Momente im Chaos von Konflikten verbrachte.

„Jeder Elternteil sollte in der Lage sein, die ersten Momente mit seinem Baby zu genießen, aber für Millionen von Familien, die in Konfliktgebieten leben, sieht die Realität viel düsterer aus", sagt UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. „In Ländern auf der ganzen Welt haben gewalttätige Konflikte den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen für Eltern und ihre Babys stark eingeschränkt. Millionen von Familien haben keinen Zugang zu nahrhaften Lebensmitteln, sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen oder einer sicheren und gesunden Umgebung, die für Wachstum und die Schaffung einer Bindung notwendig ist. Neben den unmittelbaren und offensichtlichen Gefahren sind die langfristigen Auswirkungen eines solchen Lebensbeginns potenziell katastrophal."

Wenn Kleinkinder längere oder wiederholte unerwünschte und traumatische Ereignisse erleben müssen, wird das Stressmanagementsystem des Gehirns aktiviert, ohne dass es zu einer Linderung des „toxischen Stress" kommt. Mit der Zeit brechen Stresschemikalien bestehende neuronale Verbindungen auf und verhindern die Bildung neuer Verbindungen. Dies führt zu nachhaltigen Folgen für das Lernen, das Verhalten sowie die körperliche und geistige Gesundheit der Kinder.

Heuer jährt sich zum 30. Mal die wegweisende Konvention über die Kinderrechte, in der sich die Regierungen unter anderem zum Schutz und zur Betreuung der von Konflikten betroffenen Kinder verpflichtet haben. Doch heute sind mehr Länder in interne oder internationale Konflikte verwickelt als je zuvor in den letzten drei Jahrzehnten und bedrohen die Sicherheit und das Wohlbefinden von Millionen von Kindern. Krankenhäuser, Gesundheitszentren und kinderfreundliche Räume, die wichtige Dienstleistungen für Eltern und Babys erbringen, sind in den letzten Jahren in Konflikten auf der ganzen Welt angegriffen worden.

Sichere Räume für Familien und ihre kleinen Kinder, die in Konflikten leben - wo Kinder Spiel und frühes Lernen als Ventil für einen Teil ihrer erlebten Traumata nutzen können - und psychosoziale Unterstützung für Kinder und ihre Familien sind entscheidende Bestandteile der humanitären Hilfe von UNICEF.

Wenn Bezugspersonen die Unterstützung erhalten, die sie zur Bewältigung und Bearbeitung von Traumata benötigen, haben sie die besten Chancen, Kleinkindern die für eine gesunde Gehirnentwicklung notwendige Pflege zu bieten.

„Eltern, die mit ihren Babys interagieren, können helfen, sie vor den negativen neurologischen Auswirkungen von Konflikten zu schützen. Doch in Zeiten von Konflikten sind Eltern oft überfordert", sagt Fore. „Letztendlich brauchen diese Familien Frieden, aber bis dahin brauchen sie dringend mehr Unterstützung, um ihnen und ihren Kindern bei der Bewältigung zu helfen - 29 Millionen neue Leben hängen davon ab."

Beispiele für die Auswirkungen von Konflikten auf Babys und Kleinkinder - Erfahrungen von UNICEF-MitarbeiterInnen, die in Konfliktzonen arbeiten - sind unter anderem:

  • „Einige der kleinen Kinder, die wir sehen, zittern vor Angst, unkontrolliert, stundenlang. Sie schlafen nicht. Man kann sie wimmern hören, es ist kein gewöhnliches Schreien, sondern ein kaltes, schwaches Wimmern. Andere sind so unterernährt und traumatisiert, dass sie sich emotional von der Welt und den Menschen um sie herum isolieren, wodurch es unmöglich gemacht wird, mit ihren Familien zu interagieren", UNICEF-Mitarbeiterin im Jemen.
  • „Mein Sohn Heraab,fünf Jahre alt, befindet sich in einer Umgebung, in der er ständig den Geräuschen von Explosionen und Rauchgerüchen ausgesetzt ist, begleitet von dem regelmäßigen Ertönen von Sirenen - seien es von Polizei oder Krankenwagen, oder dem ständigen Hupen von Autos und Motorrädern, die Verletzte ins Krankenhaus bringen. Er schaudert und wacht nachts auf, wenn ein Lastwagen schnell vorbeifährt und manchmal die Fenster unseres Hauses wackeln. Er denkt, es muss ein weiterer Angriff sein", sagt ein UNICEF-Mitarbeiter in Afghanistan.
  • „Einige der Kinder haben Angst und sehen sehr ängstlich aus, andere sind sehr aggressiv. Sie haben Angst vor BesucherInnen und fliehen, wenn sie Besucherfahrzeuge kommen sehen. Die Autos erinnern sie an Kämpfe, und Kriegswaffen, vor denen sie fliehen müssen", sagt ein UNICEF-Mitarbeiter in Somalia.
  • „Ich bin in die am schwersten erreichbaren Gebiete des Südsudans gereist, um humanitäre Hilfe für Kinder zu leisten, die aufgrund von Gewalt aus ihren Dörfern fliehen mussten. Ohne Grundversorgung und Gesundheitseinrichtungen, schlechte sanitäre Einrichtungen, keine Lebensmittel und tief verwurzelte Traumata -  Familien kämpfen ums Überleben. Ich sehe Verzweiflung in den Augen der Kinder, denen ich begegne. Der Konflikt hat ihnen ihre Kindheit genommen", sagt ein UNICEF-Mitarbeiter im Südsudan.

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