Alle 39 Sekunden stirbt ein Kind an Lungenentzündung, warnen Behörden

London/New York/Barcelona/Wien - Lungenentzündung – eine vermeidbare Krankheit – fordert mehr Kinderleben als jede andere Infektion.

Seline Atieno und ihr Baby (3 Monate), Kelly, das unter Lungenentzündung und Durchfall litt, werden von einem Gesundheitshelfer, Nancy Ochieng, der Kellys Atmung kontrollliert, besucht; Homa Bay, Kenia, 2015_UN0125213
Seline Atieno und ihr Baby (3 Monate), Kelly, das unter Lungenentzündung und Durchfall litt, werden von einem Gesundheitshelfer, Nancy Ochieng, der Kellys Atmung kontrollliert, besucht; Homa Bay, Kenia, 2015_UN0125213

Laut einer neuen Analyse starben im vergangenen Jahr mehr als 800.000 Kinder unter fünf Jahren an Lungenentzündung.

Die meisten Todesfälle ereigneten sich bei Kindern unter zwei Jahren, und fast 153.000 innerhalb des ersten Lebensmonats. [1]

Sechs führende Gesundheits- und Kinderorganisationen, darunter UNICEF, rufen heute zu globalem Handeln auf, und schlagen Alarm bezüglich dieser vergessenen Epidemie. [2]

Im Jänner werden die Organisationen führende Persönlichkeiten der Welt auf dem Global Forum on Childhood Pneumonia in Spanien begrüßen.

Henrietta Fore, Exekutivdirektorin von UNICEF, sagt: „Täglich sterben fast 2.200 Kinder unter fünf Jahren an einer Lungenentzündung, einer heilbaren und meist vermeidbaren Krankheit. Ein starkes globales Engagement und erhöhte Investitionen sind entscheidend für den Kampf gegen diese Krankheit. Nur durch kosteneffiziente Schutz-, Präventions- und Behandlungsmaßnahmen, dort, wo sich Kinder tatsächlich aufhalten, können wir wirklich Millionen von Leben retten."

Lungenentzündung wird durch Bakterien, Viren oder Pilze verursacht. Kinder ringen dann um Luft, da sich ihre Lungen mit Eiter und Flüssigkeit füllen.

Im Jahr 2018 starben mehr Kinder unter fünf Jahren an dieser Krankheit als an jeder anderen. 437.000 Kinder unter fünf Jahren starben an Durchfall und 272.000 an Malaria.

Kevin Watkins, Chief Executive von Save the Children, sagt: „Dies ist eine vergessene globale Epidemie, die eine dringende internationale Reaktion erfordert. Millionen von Kindern sterben aufgrund des Mangels an Impfstoffen, erschwinglichen Antibiotika und routinemäßiger Sauerstoffbehandlung. Die Lungenentzündungskrise ist ein Symptom für Vernachlässigung und unvertretbare Ungleichheiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung."

Nur fünf Länder waren für mehr als die Hälfte der Todesfälle bei Kinderpneumonien verantwortlich: Nigeria (162.000), Indien (127.000), Pakistan (58.000), die Demokratische Republik Kongo (40.000) und Äthiopien (32.000). [3]

Kinder mit einem durch andere Infektionen wie HIV oder Unterernährung geschwächten Immunsystem sowie Menschen in Gebieten mit hoher Luftverschmutzung und verunreinigtem Wasser sind einem weitaus größeren Risiko ausgesetzt.

Die Krankheit kann durch Impfstoffe verhindert und bei entsprechender Diagnose leicht mit kostengünstigen Antibiotika behandelt werden. Jedoch werden immer noch Dutzende Millionen Kinder nicht geimpft - jedes dritte Kind mit Symptomen erhält keine notwendige medizinische Versorgung. [4]

Kinder mit schweren Lungenentzündungen können auch eine Sauerstoffbehandlung benötigen, die in den ärmsten Ländern den Kindern, die sie benötigen, nur selten zur Verfügung steht.

Dr. Seth Berkley, CEO von Gavi, der Vaccine Alliance, sagt: „Die Tatsache, dass diese vermeidbare, behandelbare und leicht zu diagnostizierende Krankheit nach wie vor der weltweit häufigste Todesursache von Kleinkindern ist, ist ehrlich gesagt schockierend. Wir haben in den letzten zehn Jahren große Fortschritte gemacht, wobei Millionen von Kindern in den ärmsten Ländern der Welt jetzt den lebensrettenden Pneumokokken-Impfstoff erhalten. Dank der Unterstützung von Gavi liegt die Abdeckung mit Pneumokokken-Impfstoffen in Ländern mit niedrigem Einkommen heute über dem weltweiten Durchschnitt, aber wir müssen noch viel tun, um sicherzustellen, dass jedes Kind Zugang zu dieser lebensrettenden Medizin hat".

Die verfügbaren Mittel zur Bekämpfung der Lungenentzündung liegen weit hinter anderen Krankheiten zurück. Nur 3% der derzeitigen weltweiten Forschungsausgaben für Infektionskrankheiten werden für Lungenentzündung aufgewendet, obwohl die Krankheit bei Kindern unter fünf Jahren 15% der Todesfälle verursacht.

Leith Greenslade, Koordinatorin von Every Breath Counts, sagt: „Seit Jahrzehnten ist die häufigste Todesursache für Kinder eine vernachlässigte Krankheit. Die am stärksten gefährdeten Kinder der Welt haben dafür den Preis bezahlt. Es ist an der Zeit, dass Regierungen, UNO und multilaterale Organisationen, Unternehmen und NGOs ihre Kräfte bündeln, um Lungenentzündung zu bekämpfen und diese Kinder zu schützen."

In einem gemeinsamen Aufruf zum Handeln fordern die Organisationen dringend:

  • Regierungen in den am stärksten betroffenen Ländern sollen Strategien zur Kontrolle der Lungenentzündung entwickeln und umsetzen, um die Zahl der Todesfälle bei Kinderpneumonie zu verringern und den Zugang zur medizinischen Grundversorgung als Teil einer umfassenderen Strategie für eine allgemeine Gesundheitsversorgung zu verbessern.
  • Reichere Länder, internationale GeldgeberInnen und Unternehmen des privaten Sektors, sollen die Impfrate erhöhen, indem sie die Kosten für wichtige Impfstoffe senken und die erfolgreiche Wiederauffüllung von Gavi, der Impfstoffallianz, sicherstellen, sowie die Mittel für Forschung und Innovation zur Bekämpfung von Lungenentzündung aufstocken.

Für Redaktionen

[1] UNICEF-Analyse, die im September 2019 erstellt wurde, basierend auf Zwischenschätzungen der WHO und der Mütter- und Kinderepidemiologie-Schätzungsgruppe (MCEE) und den Schätzungen der Inter-Agenturgruppe der Vereinten Nationen für die Schätzung der Kindersterblichkeit für das Jahr 2018.

[2] ISGlobal, Save the Children, UNICEF, Every Breath Counts, Unitaid und Gavi, die Impfstoffallianz fordern konkrete Zusagen von Hochlohnländern und internationalen SpenderInnen zur Bekämpfung von Lungenentzündungen. Zusammen mit der Stiftung "la Caixa", der Bill and Melinda Gates Foundation und USAID veranstaltet die Gruppe vom 29. bis 31. Jänner das Global Forum on Childhood Pneumonia in Spanien.

[3]Die 15 Länder mit den meisten Lungenentzündungstoten für Kinder unter fünf Jahren im Jahr 2018 sehen sie in folgender Infografik.

[4] Im Jahr 2018 erhielten 71 Millionen Kinder nicht die empfohlenen drei Dosen des Pneumokokken-Konjugatimpfstoffs (PCV), wodurch sie einem höheren Lungenentzündungsrisiko ausgesetzt waren. Weltweit werden 32% der Kinder mit Verdacht auf Lungenentzündung nicht in eine Gesundheitseinrichtung gebracht. Bei den ärmsten Kindern in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen steigt diese Zahl auf 40%.

 

Eine Auswahl an Videos und Fotos steht Redaktionen im Rahmen der Berichterstattung zum kostenfreien Download hier zur Verfügung.

Report: Fighting for Breath: A call to action to stop children dying from pneumonia, geschrieben von UNICEF und Partnern, steht hier zur Verfügung.