Gefährliche Flucht nach Europa: Kinder brauchen dringend Schutz

In den ersten zwei Wochen des Jahres erreichten mehr als 400 entwurzelte Kinder bei eisigen Temperaturen und rauen Bedingungen auf See europäische Küsten.

Ein junges Mädchen vor ihrem Zelt im Aufnahme- und Registrierungszentrum in Moria auf der Insel Lesbos, Griechenland. © UNICEF/UN0274758/Haviv VII Photo

UNICEF fordert europäische Regierungen nachdrücklich auf, sich auf ein regionales Konzept zum besseren Schutz von Kindermigranten und Kinderflüchtlingen zu einigen. Kinder sind weiterhin schweren Gefahren und Verletzungen ihrer Grundrechte auf gefährlichen Seereisen und bei ihrer Ankunft in Europa ausgesetzt.

Es wird geschätzt, dass allein in den ersten beiden Wochen im Jänner 2019 rund 400 minderjährige Migranten und Flüchtlinge - durchschnittlich 29 Kinder pro Tag - an den Ufern Griechenlands, Italiens und Spaniens ankamen. In den Wintermonaten ist die Flucht für Kinder aufgrund von eisigen Temperaturen und rauen Bedingungen auf See besonders gefährlich.

Am vergangenen Wochenende wurde berichtet, dass schätzungsweise 170 Menschen im Mittelmeer entweder starben oder verschollen sind, auch Kinder und eine schwangere Frau waren darunter. Letzte Woche soll ein neunjähriges Mädchen aus dem Irak im Mittelmeer ertrunken sein, als sie versuchte, mit ihrer Familie die Insel Samos zu erreichen.

Anfang des Jahres befanden sich mindestens sechs Kinder an Bord des Rettungsschiffes Sea Watch 3 im Mittelmeer in Seenot, weil nirgendswo angedockt werden durfte. Die Kinder mussten 18 Tage lang im Mittelmeer treiben, einige ohne Zugang zu medizinischer Notfallversorgung, bis sie schlussendlich an Land gehen durften.

„Jeden Tag riskieren Kinder ihr Leben, wenn sie unter eisigen Bedingungen durch gefährliche Gewässer fahren, in der Hoffnung, Sicherheit und Möglichkeiten zu finden, eine angemessene Zukunft aufzubauen. Ein regionaler Ansatz würde dazu beitragen, dass diese Kinder - von denen viele bereits auf ihren langen Reisen Ausbeutung und Missbrauch erlebt haben - nicht weiter leiden", sagt Afshan Khan, UNICEF Regionaldirektorin für Europa und Zentralasien und Sonderkoordinatorin für Migrationshilfe in Europa.

Schätzungen zufolge kamen im Jahr 2018 insgesamt 23.000 Kinder und Jugendliche auf dem Seeweg nach Griechenland, Italien und Spanien. Die überwiegende Mehrheit flieht vor Konflikten, extremer Armut und Verfolgung.

Eines dieser Kinder ist der 12-jährige Osama, der vor dem anhaltenden Konflikt und der drohenden Hungersnot im Jemen geflohen ist. Osama und seine Familie wurden kürzlich vom Aufnahme- und Registrierungszentrum in Moria auf der Insel Lesbos in Griechenland nach Athen versetzt. „Ich dachte, es ist vorbei, ich werde sterben. So endet mein Leben", erzählt Osama den UNICEF Mitarbeitern über seine Meeresüberquerung, um mit seiner Familie nach Griechenland zu gelangen. „Meine Zukunft im Jemen war ungewiss, ich konnte nicht studieren, um Arzt oder Ingenieur zu werden. Ich will Arzt werden, weil ich anderen und meiner Familie helfen will", so Osama.

Um gefährdete Kindermigranten und Kinderflüchtlinge besser zu schützen, fordert UNICEF einen regional abgestimmten Ansatz, der es Rettungsschiffen ermöglicht, so schnell wie möglich sicher anzukommen. Kinderrechtskonforme Aufnahme- und Registrierungszentren müssen auch den Zugang zu lebenswichtigem Schutz, Gesundheit und psychosozialer Unterstützung für Kinder gewährleisten. Allen Kindern muss ein faires und zeitnahes Verfahren zuteilwerden, einschließlich Rechtshilfe und Asylverfahren.  

Mehr Zusagen für Resettlement Programme, die Kindern Vorrang einräumen, sowie schnellere Verfahren zur Familienzusammenführung aus allen EU-Mitgliedstaaten sind ebenfalls dringend erforderlich.  

„Heuer jährt sich die UN-Konvention über die Rechte des Kindes zum 30. Mal, ein Meilenstein, der als wichtige Erinnerung daran dient, dass sich alle europäischen Mitgliedstaaten verpflichtet haben, die Rechte aller Kinder zu schützen - unabhängig von ihrem Migrationsstatus", sagt Afshan Khan.  

Die Arbeit von UNICEF unterstützt Kindermigranten und Kinderflüchtlinge beim Zugang zu angemessener Unterbringung, psychosozialer Betreuung und Bildung und stärkt gleichzeitig die nationalen Kinderschutzsysteme zum Wohle aller gefährdeten Kinder. UNICEF setzt sich in der gesamten Region für den Schutz der Rechte aller geflüchteten und migrierten Kinder ein und fördert die soziale Integration in ihren neuen Aufnahmegesellschaften.

Im vergangenen Jahr hat UNICEF 34 Millionen US-Dollar zur Unterstützung von Kindermigranten und Kinderflüchtlingen in Europa gefordert, insgesamt konnten nur 15 Millionen US-Dollar an Geldern akquiriert werden, was eine Finanzierungslücke von 55 Prozent ergibt.