Mangelernährung bei Müttern steigt in krisengeschüttelten Ländern um 25 Prozent und gefährdet Frauen und Neugeborene

New York/Wien – Da die Hälfte der Verkümmerungen bei Kindern unter 2 Jahren während der Schwangerschaft und vor dem sechsten Lebensmonat auftreten, schlägt ein neuer Bericht Alarm und weist auf die Notwendigkeit hin, in wichtige Ernährungsprogramme für heranwachsende Mädchen und Frauen zu investieren.

Ein Baby in Äthiopien liegt in den Armen seiner Mutter.
© UNICEF/UN0792398/Ayene

Die Zahl der schwangeren und stillenden heranwachsenden Mädchen und Frauen, die an akuter Mangelernährung leiden, ist seit 2020 in 12 Ländern, die am stärksten von der globalen Nahrungsmittel- und Ernährungskrise betroffen sind, von 5,5 Millionen auf 6,9 Millionen - oder 25 Prozent - angestiegen.

Die 12 Länder, darunter Afghanistan, Burkina Faso, Tschad, Äthiopien, Kenia, Mali, Niger, Nigeria, Somalia, Südsudan, Sudan und Jemen, bilden das Epizentrum einer globalen Ernährungskrise, die sich durch den Krieg in der Ukraine und anhaltende Dürre, Konflikte und Instabilität in einigen Ländern noch verschärft hat.

Undernourished and Overlooked: A Global Nutrition Crisis in Adolescent Girls and Women (Unterernährt und übersehen: Eine globale Ernährungskrise bei heranwachsenden Mädchen und Frauen) – veröffentlicht im Vorfeld des Internationalen Frauentags – warnt davor, dass die andauernden Krisen, die durch die anhaltende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern noch verschärft werden, eine Ernährungskrise bei heranwachsenden Mädchen und Frauen verschärfen, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten bereits kaum verbessert hat. 

Die weltweite Hungerkrise stürzt Millionen von Müttern und ihre Kinder in Hunger und schwere Mangelernährung", sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Ohne dringende Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft könnten die Folgen noch über Generationen hinweg andauern."

Dem Bericht zufolge, der einen noch nie dagewesenen und umfassenden Überblick über den Zustand der Ernährung heranwachsender Mädchen und Frauen weltweit gibt, leiden mehr als eine Milliarde heranwachsender Mädchen und Frauen an Mangelernährung (einschließlich Untergewicht und Kleinwuchs), einem Mangel an essenziellen Mikronährstoffen und Anämie, was verheerende Folgen für ihr Leben und ihr Wohlbefinden hat.

Eine unzureichende Ernährung während des Lebens von Mädchen und Frauen kann zu einer geschwächten Immunität, einer schlechten kognitiven Entwicklung und einem erhöhten Risiko lebensbedrohlicher Komplikationen - auch während der Schwangerschaft und bei der Geburt - führen, mit gefährlichen und irreversiblen Folgen für das Überleben, das Wachstum, das Lernen und die zukünftige Erwerbsfähigkeit ihrer Kinder.

Weltweit leiden 51 Millionen Kinder unter zwei Jahren an Verkümmerung ("Stunting"), das heißt, sie sind aufgrund von Mangelernährung zu klein für ihr Alter. Etwa die Hälfte dieser Kinder ist während der Schwangerschaft und in den ersten sechs Lebensmonaten verkümmert, also in den ersten 500 Tagen, in denen das Kind vollständig von der Ernährung der Mutter abhängig ist, so eine neue Analyse in dem Bericht.

Um Unterernährung bei Kindern zu verhindern, müssen wir auch die Mangelernährung bei heranwachsenden Mädchen und Frauen bekämpfen", so Russell weiter.

Südasien und die afrikanischen Länder südlich der Sahara sind nach wie vor das Epizentrum der Ernährungskrise bei heranwachsenden Mädchen und Frauen. Dort leiden weltweit zwei von drei heranwachsenden Mädchen und Frauen an Untergewicht und drei von fünf heranwachsenden Mädchen und Frauen an Anämie. Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit, dass Mädchen und Frauen aus den ärmsten Haushalten untergewichtig sind, doppelt so hoch wie die aus den reichsten Haushalten.

Globale Krisen beeinträchtigen weiterhin unverhältnismäßig stark den Zugang von Frauen zu nahrhaften Lebensmitteln. Im Jahr 2021 waren 126 Millionen mehr Frauen als Männer von Ernährungsunsicherheit betroffen, im Vergleich zu 49 Millionen im Jahr 2019, womit sich die geschlechtsspezifische Kluft bei der Ernährungsunsicherheit mehr als verdoppelt hat.

Seit letztem Jahr hat UNICEF seine Bemühungen in den von der globalen Ernährungskrise am stärksten betroffenen Ländern, darunter Afghanistan, Burkina Faso, Tschad, Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Haiti, Kenia, Madagaskar, Mali, Niger, Nigeria, Somalia, Südsudan, Sudan und Jemen, mit einem Beschleunigungsplan (Acceralation Plan 2022) zur Verhinderung, Erkennung und Behandlung von Auszehrung bei Frauen und Kindern verstärkt.

Der Bericht ruft Regierungen, Entwicklungs- und humanitäre Partner und Spender, zivilgesellschaftliche Organisationen und Entwicklungsakteure dazu auf, die Ernährungs-, Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für heranwachsende Mädchen und Frauen zu verändern, indem Maßnahmen getroffen werden:

  • Vorrangiger Zugang für heranwachsende Mädchen und Frauen zu nährstoffreicher, sicherer und erschwinglicher Ernährung und Schutz heranwachsender Mädchen und Frauen vor extrem verarbeiteten Lebensmitteln durch Vermarktungsbeschränkungen, obligatorische Kennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung und Besteuerung.
  • Umsetzung politischer und verbindlicher rechtlicher Maßnahmen zur Ausweitung der groß angelegten Anreicherung von Lebensmitteln des täglichen Bedarfs wie Mehl, Speiseöl und Salz, um Mikronährstoffmangel und Anämie bei Mädchen und Frauen zu verringern.
  • Sicherstellen, dass heranwachsende Mädchen und Frauen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen freien Zugang zu grundlegenden Ernährungsdiensten haben, sowohl vor und während der Schwangerschaft als auch während der Stillzeit, einschließlich vorgeburtlicher Mikronährstoffergänzungen.
  • Ausweitung des Zugangs zu Sozialschutzprogrammen für die am stärksten gefährdeten heranwachsenden Mädchen und Frauen, einschließlich Geldtransfers und Gutscheinen, um den Zugang von Mädchen und Frauen zu nahrhafter und abwechslungsreicher Ernährung zu verbessern.
  • Beschleunigte Abschaffung diskriminierender geschlechtsspezifischer und sozialer Normen wie Kinderheirat und ungleiche Aufteilung von Nahrung, Haushaltsressourcen, Einkommen und Hausarbeit.

Wenn ein Mädchen oder eine Frau nicht angemessen ernährt wird, wird die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern fortgesetzt", so Russell. „Die Lern- und Verdienstmöglichkeiten sind geringer. Das Risiko lebensbedrohlicher Komplikationen, auch während der Schwangerschaft und bei der Geburt, steigt, und die Wahrscheinlichkeit, ein unterernährtes Kind zur Welt zu bringen, nimmt zu. Wir wissen, was nötig ist, um lebensrettende Ernährungshilfen und -dienste für die Frauen und Kinder bereitzustellen, die sie am dringendsten benötigen. Wir müssen nur den politischen Willen und die Ressourcen zum Handeln mobilisieren. Es gibt keine Zeit zu verlieren."

Hinweise für Redaktionen

Die Daten zur Zahl der schwangeren und stillenden heranwachsenden Mädchen und Frauen, die an akuter Unterernährung leiden, beruhen auf Schätzungen der Integrierten Ernährungssicherheitsphase - Klassifizierung der akuten Unterernährung; Überblick über den humanitären Bedarf; Pläne für humanitäre Maßnahmen, standardisierte Erhebungen zur Überwachung und Bewertung von Nothilfe und Übergängen sowie Überwachung von Ernährung und Ernährungssicherheit.

Foto- und Videomaterial zur redaktionellen Nutzung.

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