Neuer Report „Harrowing Journeys“ von UNICEF und IOM

Drei Viertel der jungen Flüchtlinge und Migranten auf den Mittelmeer-Routen werden Opfer von Menschenrechtsverletzungen

Jugendliche und junge Erwachsene aus Entwicklungs- und Krisenländern sind bei dem Versuch, nach Europa zu gelangen, schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Einem neuen Report von UNICEF und IOM zufolge berichten 77 Prozent der unter 25-Jährigen, dass sie auf der Zentralen Flucht- und Migrationsroute über das Mittelmeer  misshandelt, ausgebeutet oder sogar Opfer von Menschenhandel wurden.

New York/ Brüssel/ Wien, 12. September 2017 - Der Report „Harrowing Journeys“ („Qualvolle Wege“) dokumentiert, dass die sogenannte Zentrale Mittelmeer-Route über Libyen gefährlicher ist als die Östliche Mittelmeer-Route über die Türkei. Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren sind insgesamt in deutlich größerer Gefahr, Opfer von Ausbeutung und Menschenhandel zu werden, als ältere Erwachsene. Aimamo, ein 16-jähriger unbegleiteter Jugendlicher aus Gambia, wurde nach seiner Ankunft in Italien interviewt und berichtete von monatelanger Zwangsarbeit in Libyen: „Wenn du versuchst, wegzulaufen, erschießen sie dich. Wenn du nicht arbeitest, schlagen sie dich. Wir wurden behandelt wie Sklaven. Am Ende des Tages wurden wir immer eingesperrt.“

Für den Report „Harrowing Journeys“ wurden Interviews ausgewertet, die die Internationale Organisation für Migration (IOM) zwischen Januar 2016 und Mai 2017 geführt hat. Befragt wurden rund 22.000 Geflüchtete und Migranten, darunter rund 11.000 Jugendliche und junge Erwachsene von 14 bis 24 Jahren.

„Die harte Wahrheit ist, dass es inzwischen zur Normalität für junge Menschen auf der Mittelmeer-Route gehört, misshandelt, ausgebeutet, geschlagen oder diskriminiert zu werden“, sagte Afshan Khan, UNICEF-Regionaldirektorin für Europa. „Die Regierungschefs der EU sollten dauerhafte Lösungen etablieren – einschließlich sicherer und legaler Zuwanderungsmöglichkeiten, der Einrichtung von Schutzkorridoren und Alternativen zur Haft von minderjährigen Flüchtlingen und Migranten.“

Neben dem Alter wirken sich weitere Faktoren wie das Herkunftsland, die Route, Reisedauer und der Bildungsgrad auf die Sicherheit aus. Besonders gefährdet, Opfer von Ausbeutung oder Menschenhandel zu werden, sind junge Menschen aus Subsahara-Afrika: Auf der östlichen Mittelmeer-Route berichten davon 65 Prozent im Vergleich zu 15 Prozent der Migranten aus anderen Regionen; auf der zentralen Mittelmeer-Route sind es 83 Prozent junge Afrikaner verglichen mit 56 Prozent mit anderer Herkunft. In einer Gruppe unterwegs zu sein und ein höherer Bildungsgrad bieten offensichtlich ein gewisses Maß an Schutz, während mit längerer Dauer der Reise die Gefahr steigt, Opfer von Ausbeutung und Menschenhandel zu werden.

UNICEF fordert die Regierungen dazu auf, junge Flüchtlinge und Migranten besser zu schützen. Hierzu wurde ein Sechs-Punkte-Plan entwickelt.

Der UNICEF-Aktionsplan umfasst folgende Punkte:

  1. Geflüchtete und migrierte Kinder, insbesondere unbegleitete, müssen vor Gewalt und Ausbeutung geschützt werden.
  2. Die Inhaftierung von geflüchteten oder migrierten Kindern muss aufhören und eine Reihe von praktischen Alternativen eingeführt werden.
  3. Die Wahrung der Familieneinheit ist der beste Weg, Kinder zu schützen und ihnen einen sicheren rechtlichen Status zu geben.
  4. Alle geflüchteten und migrierten Kinder müssen Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung haben.
  5. Die Ursachen für die Flucht von Kindern und Jugendlichen aus ihrer Heimat müssen bekämpft werden.
  6. In den Transit- und Zielländern müssen Maßnahmen gegen Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Marginalisierung gefördert werden.

 

Downloads

UNICEF-Bericht „HARROWING JOURNEYS - Children and youth on the move across the Mediterranean Sea, at risk of trafficking and exploitation” (PDF, englisch, ca. 6 MB)

Zusammenfassung des Reports „Harrowing Journeys“ von UNICEF und IOM (PDF, deutsch, 642 KB)


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