Statement von UNICEF Afghanistan

Ein Statement von Hervé Ludovic De Lys, Leiter von UNICEF Afghanistan, zur Präsenz von UNICEF im Land: „Wir sind in Afghanistan, um zu bleiben.“

UNICEF Mitarbeiter steigt aus Auto aus
UNICEF Mitarbeiter wie Mustapha bin Messaoud oder Hervé Ludovic De Lys sind vor Ort im Haji Camp um sich eine Übersicht über die Lage zu verschaffen. © UNICEF

„Während der letzten Phase des bewaffneten Konflikts bis zur endgültigen Einnahme von Kabul vor wenigen Tagen hat UNICEF weiter dringend benötigte Hilfe für die Kinder Afghanistans geleistet. Trotz all der offenen Fragen, die noch vor uns liegen, steht fest: UNICEF ist hier, um zu bleiben und für jedes Kind und jede Frau in Afghanistan da zu sein.

UNICEF ist seit 65 Jahren hier, und wir werden nicht gehen. Es trifft zu, dass die Taliban uns in einigen Provinzen gebeten haben, die Arbeit zu unserer eigenen Sicherheit solange zu unterbrechen, bis die Ordnung wiederhergestellt ist. Aber wir sind täglich in fast allen Provinzen in Kontakt mit den örtlichen Machthabern. Ihre Botschaft ist eindeutig: Sie wollen, dass wir bleiben und unsere Arbeit in Afghanistan fortsetzen.

Wir haben konstruktive Gespräche mit den neuen Machthabern geführt, um unsere operative Präsenz im ganzen Land zu schützen, und wir sind zuversichtlich, dass wir unsere Arbeit für Frauen und Kinder in den kommenden Tagen ausweiten können.

UNICEF stockt seine humanitäre Hilfe im Land auf. Kurzfristig stellen wir in Lagern für Binnenflüchtlinge mobile Gesundheits- und Ernährungsteams zur Verfügung. UNICEF und seine Partner verstärken die Wasserversorgung in den Lagern für Binnenvertriebene und in den von Dürre betroffenen Gebieten, um die Not zu lindern. Längerfristig und sobald wir Ansprechpartner in der neuen Regierung haben, will UNICEF die aktuellen Partnerschaften mit nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen stärken und die Arbeitsmodalitäten mit den Fachministerien klären.

Wir sehen die Chance, noch mehr Menschen im Land zu erreichen – zum Beispiel annähernd 500.000 unzureichend ernährte Kinder in schwer erreichbaren und bisher unzugänglichen Gebieten. Wir hoffen auch, dass wir bei der Bekämpfung der Kinderlähmung einen großen Schritt machen können. Afghanistan ist eines der beiden polio-endemischen Länder der Welt. Eine unserer größten Herausforderungen in den letzten Jahren war der Zugang zu den Gemeinden, einschließlich privater Wohnhäuser und Moscheen, um die Kinder zu impfen. Wir hoffen nun, dass der Zugang einfacher wird.

Ich glaube, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern bei der Gates-Stiftung die Chance haben, die Kinderlähmung auszurotten, in enger Zusammenarbeit mit der WHO. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um allen Gebern und Spendern zu danken, die es uns ermöglicht haben, in Afghanistan zu arbeiten. Ohne ihre Unterstützung könnten wir unsere Hilfe nicht ausweiten und lebensrettende Maßnahmen für die verletzlichsten Kinder und Frauen ergreifen.

Wir befinden uns in Afghanistan in einer Übergangsphase; niemand kann vorhersagen, was als nächstes passiert. Aber ich kann Ihnen sagen, dass erst gestern in Herat im Westen des Landes die Grund- und Sekundarschulen geöffnet wurden und in Marouf im Süden des Landes 1.500 Kinder zur Schule gingen, darunter 500 Mädchen. Und die Tatsache, dass die Gesundheitskommission gestern alle Ärzte, Krankenschwestern und Mitarbeiter des Gesundheitswesens, einschließlich der Frauen, aufgefordert hat, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, ist ein ermutigendes Zeichen.

Angesichts einer halben Million Binnenvertriebener und über 18 Millionen Menschen, die humanitäre Hilfe benötigen, von denen die Hälfte Kinder sind, ist der Bedarf jedoch groß. Das Land wird nach wie vor von einer Dürre heimgesucht. Wenn nicht dringend gehandelt wird, werden bis Ende 2021 eine Million Kinder unter 5 Jahren schwer unterernährt sein.

Bislang hat UNICEF im Jahr 2021 1,7 Millionen Menschen mit humanitärer Hilfe erreicht. Wir benötigen im Jahr 2021 noch 76 Millionen US-Dollar, um den verletzlichsten Menschen, insbesondere Kindern, lebensrettende Hilfe zukommen zu lassen. Diese lebensrettende Arbeit braucht dauerhaften Frieden und Stabilität.

Um zu den am schwersten erreichbaren Kindern zu kommen, setzt sich UNICEF bei allen Parteien für einen sicheren und ungehinderten Zugang ein, im Einklang mit den internationalen Core Commitments for Children in Emergencies sowie den humanitären Grundsätzen.

Wir hoffen, dass wir zusammen mit der neuen Führung in Afghanistan auch die Kinder, die früher nicht erreicht wurden, mit lebensrettenden Gesundheitsdiensten und Bildung versorgen können, insbesondere Mädchen.“