UNICEF Bericht: 40 Millionen Kinder verpassen aufgrund von COVID-19 Chancen auf wichtige Vorschulbildung

New York/Wien am 22. Juli 2020 – Laut einem neuen Forschungsbericht, der heute von UNICEF veröffentlicht wurde, haben mindestens 40 Millionen Kinder weltweit die frühkindliche Erziehung im Vorschuljahr verpasst, da Kinderbetreuungs- und Früherziehungseinrichtungen aufgrund von COVID-19 geschlossen wurden.

Drei Kinder werden von ihrer Mutter zuhause betreut.
Aleksandra (39) aus Nordmazedonien muss in Zeiten der Schul- und Kindergartenschließungen ihre drei Kinder gleichzeitig betreuen. Die fünfjährigen Zwillinge Maksim und Jan erhalten dank einer UNICEF Kooperation mit dem Bildungsministerium Unterricht im Fernsehen.

Der vom UNICEF Forschungsbüro Innocenti erstellte Forschungsbericht befasst sich mit dem Zustand der weltweiten Kinderbetreuung und frühkindlichen Bildung. Er enthält darüber hinaus eine Analyse, wie sich die weltweiten Schließungen dieser wichtigen Einrichtungen auswirken.

„Die durch die COVID-19-Pandemie verursachten Störungen im Bildungswesen verhindern, dass Kinder ihre Ausbildung optimal beginnen können", sagt UNICEF Exekutivdirektorin Henrietta Fore. „Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung erzeugen ein Fundament, auf dem jeder Aspekt der Entwicklung von Kindern beruht. Die Pandemie setzt dieses Fundament einer ernsthaften Bedrohung aus".

Schließung der Kinderbetreuungseinrichtungen stellt Familien vor große Herausforderungen

Der Bericht Kinderbetreuung in einer globalen Krise: Die Auswirkungen von COVID-19 auf das Arbeits- und Familienleben zeigt, dass viele Eltern in Zeiten des Lockdowns Schwierigkeiten haben, Kinderbetreuung und bezahlte Beschäftigung miteinander in Einklang zu bringen. Frauen werden dabei unverhältnismäßig stark belastet, da sie im Durchschnitt mehr als dreimal so viel Zeit für Pflege und Hausarbeit aufwenden als Männer.

Die Schließungen erzeugen für Familien mit Kleinkindern insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen eine noch größere Krise. Einige hatten bereits zuvor keinen Zugang zu sozialen Leistungen. Die Kinderbetreuung ist unerlässlich, um den Kindern ganzheitliche Dienstleistungen, Förderung, Ernährung, Zuneigung und Schutz zu bieten und sie gleichzeitig in die Lage zu versetzen, soziale, emotionale und kognitive Fähigkeiten zu entwickeln.

Vorschulbildung für viele nicht leistbar

Vor der COVID-19-Pandemie zwangen unerschwingliche, qualitativ schlechte oder unzugängliche Kinderbetreuungs- und frühkindliche Bildungseinrichtungen viele Eltern dazu, kleine Kinder an einem kritischen Punkt ihrer Entwicklung in einer unsicheren und unterfordernden Umgebung zu lassen. Mehr als 35 Millionen Kinder unter fünf Jahren blieben manchmal ohne Aufsicht von Erwachsenen.

Von 166 Ländern bieten weniger als die Hälfte kostenfreie Vorschulprogramme mit einer Dauer von mindestens einem Jahr an, wobei der Anteil in Ländern mit niedrigem Einkommen bei nur 15 Prozent liegt.

Viele Kleinkinder, die zu Hause bleiben, erhalten nicht die spielerische und frühkindliche Unterstützung, die sie für eine gesunde Entwicklung benötigen. In 54 Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, für die neuere Daten vorliegen, erhielten etwa 40 Prozent der Kinder im Alter zwischen 3 und 5 Jahren keine sozial-emotionalen und kognitiven Anregungen von einem Erwachsenen in ihrem Haushalt.

Informeller Sektor besonders gefährdet

Der Mangel an Kinderbetreuungs- und Früherziehungsmöglichkeiten lässt auch vielen Eltern, insbesondere Müttern, die im informellen Sektor arbeiten, keine andere Wahl, als ihre Kinder in die Arbeit mitzunehmen. Mehr als 9 von 10 Frauen in Afrika und fast 7 von 10 Frauen in Asien und im Pazifik arbeiten im informellen Sektor und haben so gut wie keinen Zugang zu irgendeiner Form von sozialer Dienstleistung. Der Bericht erläutert, dass viele Eltern in dieser unzuverlässigen, schlecht bezahlten Beschäftigung gefangen sind und so zu generationenübergreifender Armut beitragen.

Der Zugang zu erschwinglicher, qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung und frühkindlicher Bildung ist für die Entwicklung von Familien und Gesellschaften mit sozialem Zusammenhalt von entscheidender Bedeutung. UNICEF setzt sich für eine zugängliche, leistbare und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung von der Geburt bis zum Eintritt der Kinder in die erste Schulklasse ein.

Empfehlungen von UNICEF

Der Forschungsbericht bietet einen Leitfaden, wie Regierungen und Arbeitgeber ihre Bildungspolitik im Kinderbetreuungs- und frühkindlichen Bereich verbessern können, u.a. indem sie allen Kindern unabhängig von ihren Familienverhältnissen Zugang zu hochwertigen, altersgerechten, erschwinglichen und leicht erreichbaren Kinderbetreuungseinrichtungen ermöglichen.

Der Leitfaden skizziert ebenfalls familienfreundliche Maßnahmen:

  • Bezahlte Karenz für alle Eltern, so dass es keine Lücke zwischen dem Ende der Karenz und dem Beginn einer erschwinglichen Kinderbetreuung gibt;
  • flexible Arbeitsregelungen, die den Bedürfnissen berufstätiger Eltern gerecht werden;
  • Investitionen in weitere familienexterne Kinderbetreuungsformen und die Ausbildung des Personals;
  • Soziale Sicherungssysteme einschließlich Geldtransfers, um Familien zu erreichen, die in informellen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten.

„Die COVID-19-Pandemie verschlimmert eine weltweite Kinderbetreuungskrise noch weiter", berichtet UNICEF Exekutivdirektorin Henrietta Fore. „Familien brauchen die Unterstützung ihrer Regierungen und ihrer Arbeitgeber, um diesen Sturm zu überstehen und das Lernen und die Entwicklung ihrer Kinder zu sichern", so Fore.

Für Redaktionen

Der Bericht steht hier in Englisch zur Verfügung.

Weitere Informationen über die Arbeit von UNICEF im Kampf gegen das Coronavirus.