UNICEF und WHO warnen: "Perfekte Bedingungen" für Masernausbrüche unter Kindern

New York/Genf/Wien - Die Zahl der weltweit gemeldeten Masernfälle ist in den ersten beiden Monaten des Jahres 2022 im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2021 um 79 Prozent gestiegen. WHO und UNICEF warnen davor, dass die Bedingungen für schwere Ausbrüche von durch Impfung vermeidbaren Krankheiten günstig sind.

Ein Bub aus Nordmazedonien sitzt am Schoß seiner Mutter und wird geimpft.
© UNICEF/UN0582605/Georgiev

Ein Anstieg der Masernfälle im Jänner und Februar 2022 ist ein besorgniserregendes Zeichen für ein erhöhtes Risiko der Ausbreitung von durch Impfung vermeidbaren Krankheiten und könnte zu größeren Ausbrüchen führen, insbesondere von Masern, von denen im Jahr 2022 Millionen von Kindern betroffen sein könnten, warnen WHO und UNICEF.

Pandemiebedingte Unterbrechungen, zunehmende Ungleichheiten beim Zugang zu Impfstoffen und die Abzweigung von Ressourcen von Routineimpfungen führen dazu, dass zu viele Kinder keinen Schutz vor Masern und anderen durch Impfung vermeidbaren Krankheiten haben.

Das Risiko großer Ausbrüche hat sich erhöht, da die Gemeinden Social Distancing und andere Präventionsmaßnahmen für COVID-19, die auf dem Höhepunkt der Pandemie eingeführt wurden, lockern. Hinzu kommt, dass Millionen von Menschen aufgrund von Konflikten und Krisen (u. a. in der Ukraine, Äthiopien, Somalia und Afghanistan) auf der Flucht sind, so dass Unterbrechungen bei Routineimpfungen und COVID-19-Impfungen, Mangel an sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen sowie große Menschenansammlungen das Risiko des Ausbruchs von durch Impfung vermeidbaren Krankheiten erhöhen.

Im Jänner und Februar 2022 wurden weltweit fast 17.338 Masernfälle gemeldet, verglichen mit 9.665 in den ersten beiden Monaten des Jahres 2021. Da Masern sehr ansteckend sind, treten die Fälle schnell auf, wenn die Impfquote sinkt. Die Behörden sind besorgt, dass Masernausbrüche auch ein Vorbote für andere Krankheiten sein könnten, die sich nicht so schnell verbreiten.

Abgesehen von seiner direkten Wirkung auf den Körper, die tödlich sein kann, schwächt das Masernvirus auch das Immunsystem und macht ein Kind anfälliger für andere Infektionskrankheiten wie Lungenentzündung und Durchfall, auch noch Monate nach der eigentlichen Maserninfektion bei denjenigen, die überleben. Die meisten Fälle treten in Gegenden auf, die aufgrund von COVID-19, Konflikten oder anderen Krisen mit sozialen und wirtschaftlichen Härten konfrontiert sind und in denen die Infrastruktur des Gesundheitssystems chronisch schwach und unsicher ist.

Masern sind mehr als nur eine gefährliche und potenziell tödliche Krankheit. Sie sind auch ein frühes Anzeichen dafür, dass es Lücken in unserem weltweiten Impfschutz gibt, Lücken, die sich gefährdete Kinder nicht leisten können", sagte Catherine Russell, UNICEF-Exekutivdirektorin. „Es ist ermutigend, dass sich die Menschen in vielen Gemeinden allmählich ausreichend vor COVID-19 geschützt fühlen, um zu sozialen Aktivitäten zurückzukehren. Aber wenn dies an Orten geschieht, an denen Kinder nicht routinemäßig geimpft werden, entsteht der perfekte Sturm für die Ausbreitung einer Krankheit wie Masern."

Im Jahr 2020 haben 23 Millionen Kinder im Rahmen der Routineimpfungen keine Grundimpfung erhalten, das ist die höchste Zahl seit 2009 und 3,7 Millionen mehr als im Jahr 2019.

Im April 2022 meldeten die Agenturen 21 große und schwerwiegende Masernausbrüche in der ganzen Welt in den letzten 12 Monaten. Die meisten Masernfälle wurden in Afrika und im östlichen Mittelmeerraum gemeldet. Die Zahlen sind wahrscheinlich höher, da die Pandemie die Überwachungssysteme weltweit gestört hat, so dass möglicherweise nicht alle Fälle gemeldet werden.

Zu den Ländern mit den größten Masernausbrüchen seit dem vergangenen Jahr gehören Somalia, Jemen, Nigeria, Afghanistan und Äthiopien. Eine unzureichende Durchimpfung mit Masernimpfstoffen ist der Hauptgrund für Ausbrüche, wo auch immer sie auftreten.

Die COVID-19-Pandemie hat die Impfdienste unterbrochen, die Gesundheitssysteme waren überfordert, und nun erleben wir ein Wiederaufflammen tödlicher Krankheiten, einschließlich Masern. Bei vielen anderen Krankheiten werden die Auswirkungen dieser Unterbrechungen der Impfdienste noch jahrzehntelang zu spüren sein", sagte Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation. „Jetzt ist es an der Zeit, wichtige Impfungen wieder auf den Weg zu bringen und Aufholkampagnen zu starten, damit alle Menschen Zugang zu diesen lebensrettenden Impfstoffen haben."

Mit Stand vom 1. April 2022 sind 57 Impfkampagnen gegen vermeidbare Krankheiten in 43 Ländern, die seit Beginn der Pandemie geplant waren, immer noch aufgeschoben, wovon 203 Millionen Menschen betroffen sind, die meisten von ihnen Kinder. Bei 19 dieser Kampagnen handelt es sich um Masernkampagnen, so dass 73 Millionen Kinder aufgrund versäumter Impfungen von Masern bedroht sind. In der Ukraine wurde die Masern-Aufholkampagne 2019 wegen der COVID-19-Pandemie und danach wegen des Krieges unterbrochen. Routine- und Aufholkampagnen sind überall dort erforderlich, wo der Zugang möglich ist, um sicherzustellen, dass es nicht zu wiederholten Ausbrüchen kommt, wie in den Jahren 2017-2019, als es in dem Land über 115.000 Masernfälle und 41 Todesfälle gab - dies war die höchste Inzidenz in Europa.

Eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent oder mehr mit zwei Dosen des sicheren und wirksamen Masernimpfstoffs kann Kinder vor Masern schützen. Durch die pandemiebedingten Störungen im Zusammenhang mit COVID-19 hat sich die Einführung der zweiten Dosis des Masernimpfstoffs in vielen Ländern jedoch verzögert.

Während die Länder auf Ausbrüche von Masern und anderen durch Impfung vermeidbaren Krankheiten reagieren und verlorenes Terrain zurückgewinnen, unterstützen UNICEF und die WHO zusammen mit Partnern wie Gavi, der Vaccine Alliance, den Partnern der Masern- und Rötelninitiative (M&RI), der Bill & Melinda Gates Foundation und anderen die Bemühungen zur Stärkung der Immunisierungssysteme durch:

  • Wiederherstellung von Diensten und Impfkampagnen, damit die Länder sicher Routineimpfprogramme durchführen können, um die durch den Rückfall entstandenen Lücken zu schließen;
  • Unterstützung des Gesundheitspersonals und der Gemeindevorsteher bei der aktiven Kommunikation mit dem Pflegepersonal, um die Bedeutung von Impfungen zu erklären;
  • Behebung von Lücken im Impfschutz, einschließlich der Ermittlung von Gemeinden und Menschen, die während der Pandemie übersehen wurden;
  • Sicherstellung, dass die Bereitstellung von COVID-19-Impfstoffen unabhängig finanziert und gut in die Gesamtplanung für Impfdienste integriert wird, damit sie nicht auf Kosten von Kinderimpfungen und anderen Impfdiensten durchgeführt wird;
  • Umsetzung von Länderplänen zur Vorbeugung und Reaktion auf Ausbrüche von durch Impfung vermeidbaren Krankheiten und Stärkung der Immunisierungssysteme als Teil der COVID-19-Wiederaufbaumaßnahmen.

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