WAYS - Reintegration vom Krieg betroffener Kinder in die Gesellschaft

Das WAYS-Zentrum in Gbarnga in der Provinz Bong macht einen freundlichen Eindruck. Um den sauber gekehrten Hof liegen das weißgestrichenen Hauptgebäude und die Klassenräume. 191 Kinder und Jugendliche nehmen hier zur Zeit am UNICEF-WAYS-Projekt teil. WAYS - das heißt War Affected Youths Support, also Unterstützung für Kinder und Jugendliche, deren Leben vom Krieg beeinträchtigt wurde. Viele Kinder konnten während des Krieges nicht zur Schule gehen - weil sie als Soldaten kämpfen mußten, weil sie auf der Flucht waren, weil ihre Schulen zerstört wurden, und aus vielen anderen Gründen. Eine ganze Generation in Liberia war nach Ende des Bürgerkrieges ohne Schulbildung. Daher entwickelte UNICEF das WAYS-Projekt: Das Programm umfaßt Grundschulbildung, Berufsausbildung und psychologische Behandlung der kriegstraumatisierten Kinder.

Hier in Gbarnga führt UNICEF das WAYS-Project gemeinsam mit der liberianischen Hilfsorganisation SDP (Sustainable Development Promoters) durch. Die Schüler lernen lesen, schreiben und rechnen: gleichzeitig gibt es Ausbildungsangebote in den Bereichen Tischlerei, Schneiderei, Landwirtschaft, Seifenherstellung und Graphik. Besonders wichtig findet Emmanuel Kollie, Site Supervisor in Gbarnga, das psychologische Behandlungsprogramm für die kriegstraumatisierten Kinder: "Über die Hälfte unserer Schüler sind ehemalige Kindersoldaten, die jahrelang grauenhafte Dinge miterlebt haben. Doch auch der Rest der Kinder ist schwer traumatisiert. Viele haben ihre Eltern verloren, mußten mit ansehen, wie Freunde oder Verwandte getötet wurden, und wurden selbst mißhandelt." Durch die psychologische Betreuung im Zentrum wird versucht, den Kindern die Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu erleichtern.



Eines dieser Kinder ist die 15-jährige Julia, die ihre Familie auf der Flucht verloren hat. Sie lebt und arbeitet nun in Gbarnga bei einer Familie als Dienstmädchen. Am Nachmittag darf sie im WAYS-Zentrum eine Ausbildung zur Schneiderin machen. Wenn sie den Kurs abgeschlossen hat, möchte sie weggehen, und als Schneiderin arbeiten. Sie träumt davon, ihre Familie wiederzufinden. Julia ist durch ihre Erlebnisse im Krieg stark traumatisiert - sie hat Alpträume, stottert, und weint viel: "Ich träume oft von Leuten, die Gewehre haben und wieder einen Krieg beginnen. Dann wache ich auf, schwitze und habe Angst", berichtet das Mädchen. "Ich habe so viele schreckliche Dinge gesehen, Menschen wurden neben mir erschossen, und einmal wurde ich selbst verletzt."

Julias Therapeutin erzählt, daß es dem Mädchen jetzt schon viel besser geht als noch vor ein paar Wochen. Damals wollte Julia überhaupt nicht über ihre Erlebnisse sprechen. Nach intensiven Einzelgesprächen und der Teilnahme an der Gruppentherapie, beginnt das Mädchen nun ihre Erlebnisse und Gefühle auszudrücken. Besonders wichtig ist für Julia der Schulchor. Durch Gesang und Bewegung kann sie ihre Emotionen viel leichter ausdrücken. "Musik ist eine Sprache", sagt G. Moses Kwalula, ein WAYS-Mitarbeiter. "Trommeln, Gesang und Tanz sind eine afrikanische Tradition. Daher versuchen wir mit diesen Traditionen emotionale Blockaden aufzulösen."

Sechs Monate dauern Ausbildung und psychologische Beratung. Danach werden die Schüler in Jobs vermittelt oder sie können weiter eine reguläre Schule besuchen. Manche der Schüler schließen sich zu Kooperativen zusammen, und erhalten von UNICEF Starthilfe für ein eigenes Geschäft.

Solche WAYS-Projekte werden von UNICEF mit verschiedenen lokalen Partnern zur Zeit in vier Provinzen in Liberia durchgeführt, mindestens 3.000 Kinder und Jugendliche nehmen momentan daran teil. UNICEF plant, dieses Programm bis Ende 1998 landesweit auszudehen, um möglichst viele der betroffenen Kinder zu erreichen. Die psychologische Behandlung von Kriegstraumata soll auch in den regulären Schulen stattfinden, UNICEF wird speziell dafür Lehrer ausbilden.

"Während des Krieges retteten wir Kinderleben. Jetzt haben wir die Möglichkeit, darüber hinauszugehen. Wir gehen in die Dörfer und geben den Kindern die Chance, ihre Lebenssituation zu verbessern", sagt Omar Abdi, Repräsentant von UNICEF in Liberia. "Schulbildung, Beratung und ein Beruf sind die Chance für die Kinder auf eine bessere Zukunft!"