Ein Mädchen im Gazastreifen hält einen Wassertank.

20.12.2024 – „Kalt, krank und traumatisiert“ – der anhaltende Albtraum der Kinder in Gaza

Amman/Genf/Wien – Ausführungen der UNICEF-Kommunikationsspezialistin Rosalia Bollen bei der heutigen Pressekonferenz im Palais des Nations in Genf.

„Den Kindern in Gaza ist kalt, sie sind krank und traumatisiert. Hunger und Mangelernährung sowie die katastrophalen Lebensbedingungen gefährden weiterhin das Leben der Kinder. Derzeit können über 96 % der Frauen und Kinder in Gaza ihre grundlegenden Ernährungsbedürfnisse nicht decken. Die meisten überleben mit rationiertem Mehl, Linsen, Nudeln und Dosenlebensmitteln – einer Ernährung, die ihre Gesundheit allmählich beeinträchtigt.

Im November wurden im Durchschnitt 65 Lastwagenladungen Hilfsgüter nach Gaza geliefert, verglichen mit 500 Lastwagen täglich vor dem Krieg – und zu einer Zeit, als Gaza noch eigene Lebensmittel produzieren konnte. Der nördlichste Teil Gazas steht seit mittlerweile 75 Tagen unter einer nahezu vollständigen Blockade. Seit mehr als zehn Wochen konnte humanitäre Hilfe die bedürftigen Kinder kaum erreichen.

Für humanitäre Helfer muss Gaza einer der herzzerreißendsten Orte der Welt sein. Jeder kleine Versuch, das Leben eines Kindes zu retten, wird von der gewaltigen Zerstörung wieder zunichtegemacht. Seit über 14 Monaten befinden sich Kinder an vorderster Front dieses Albtraums, mit Berichten über mehr als 14.500 getötete Kinder und Tausenden von Verletzten.

Letzte Woche traf ich Saad, einen fünfjährigen Buben. Bei einem Bombenangriff verlor er sein Augenlicht und erlitt eine Kopfverletzung sowie Verbrennungen. Als ich ihn diese Woche wiedertraf, sagte er zu mir: ‚Meine Augen gingen in den Himmel, bevor ich es tat.‘ Während unseres Gesprächs flog ein Flugzeug über uns. Er erstarrte, schrie und klammerte sich an seine Mutter. Diesen Jungen, der kürzlich sein Augenlicht verloren hatte, in einem so tiefen Zustand der Verzweiflung zu sehen, war unerträglich.

Während wir uns dem Jahresende nähern – einer Zeit, in der die Welt normalerweise Familie, Frieden und Zusammenhalt feiert –, ist die Realität für über eine Million Kinder in Gaza von Angst, völliger Entbehrung und unvorstellbarem Leid geprägt.

Der Krieg gegen die Kinder in Gaza ist eine eindringliche Mahnung an unsere kollektive Verantwortung. Eine Generation von Kindern erleidet die brutale Verletzung ihrer Rechte und die Zerstörung ihrer Zukunft.

Die Geschichten, die ich in den letzten Monaten hörte, werden mich für immer quälen. Lassen Sie mich eine davon teilen: Diesen Sommer trafen wir einen kleinen Jungen, ebenfalls Saad genannt, der sieben Monate alt war. Er war das Wunder seiner Mutter, die jahrelang versucht hatte, ein Kind zu bekommen. Mit sieben Monaten wog er nur 2,7 Kilogramm – ein Bruchteil dessen, was ein Baby in seinem Alter wiegen sollte. Vor elf Tagen gab sein zerbrechlicher Körper nach, weil er nicht genügend nahrhafte Nahrung bekam. Er wurde im Krieg geboren und verließ diese Welt, ohne jemals die Chance gehabt zu haben, in Frieden zu leben. Ich kann mir das Leid seiner Eltern nicht einmal ansatzweise vorstellen. Das Leiden ist nicht nur körperlich, sondern auch psychisch.

Der Winter ist nun in Gaza angekommen. Den Kindern ist kalt, sie sind nass und barfuß. Viele tragen immer noch Sommerkleidung. Ohne Gas zum Kochen suchen viele in den Trümmern nach Plastikteilen, die sie verbrennen können. Krankheiten wüten in den kleinen Körpern der Kinder, während Krankenhäuser ohne Mittel sind und ständig angegriffen werden. Das Gesundheitssystem ist am Boden: Es fehlt an Medikamenten, medizinischer Ausrüstung und Ärzten. Dies wird durch die nahezu vollständige Stromabschaltung verschärft, wodurch Krankenhäuser und andere kritische Infrastrukturen vollständig auf dürftige Treibstofflieferungen angewiesen sind.

Es gibt sofortige Maßnahmen, die wir heute ergreifen können, um das Leben dieser Kinder ein wenig erträglicher zu machen.

Wir können unsere Stimmen, unser politisches Kapital und unseren diplomatischen Einfluss nutzen, um für die Evakuierung schwer verletzter Kinder und ihrer Eltern zu kämpfen, damit sie lebensrettende medizinische Versorgung in Ost-Jerusalem oder anderswo erhalten können.

Während viele von uns die Weihnachts- und Neujahrsfeierlichkeiten begehen, umgeben von so viel Wohlstand, sollten wir einen Moment innehalten und an diese Kinder denken, die so wenig haben und dennoch Tag für Tag immer mehr verlieren. Nutzen Sie Ihre Macht, nutzen Sie Ihren Einfluss, um für einen Waffenstillstand und den umfassenden Zugang zu humanitärer Hilfe einzutreten.

Jeder Tag ohne Handeln stiehlt einen weiteren Tag aus dem Leben der Kinder in Gaza. Jede Verzögerung kostet weitere Leben. Dieser Krieg sollte uns alle verfolgen. Die Kinder in Gaza können nicht länger warten.

Vielen Dank.“

UNICEF bittet um Unterstützung der Nothilfe Nahost.


 

11.11.2024 – Regelmäßige Angriffe setzen zu Schutzräumen umfunktionierte Schulen in Gaza an die „Frontlinie des Krieges“

New York/Wien – Im Oktober allein wurden 64 Angriffe vor Ort verifiziert, hauptsächlich im Norden. 95 % aller Schulen im Gazastreifen wurden im vergangenen Jahr beschädigt.

Im Gazastreifen wurden im vergangenen Monat mindestens 64 Angriffe auf Schulen – fast zwei pro Tag – registriert, wie die neuesten Daten von UNICEF und Partnern zeigen. Schätzungen zufolge wurden bei diesen Angriffen 128 Menschen getötet, viele davon Kinder.

Die Angriffe auf Schulen im Oktober – die größtenteils als Schutzräume für vertriebene Kinder und Familien dienen – erhöhen die Gesamtzahl der Angriffe seit Beginn des Konflikts im letzten Jahr auf 226. Insgesamt wurden im Verlauf der letzten 14 Monate über eine Million Kinder vertrieben.

„Schulen sollten niemals an die Frontlinie des Krieges geraten, und Kinder sollten niemals wahllos angegriffen werden, während sie Schutz suchen,“ sagt UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Die Schrecken, die wir in Gaza erleben, setzen einen düsteren Präzedenzfall für die Menschheit – Kinder werden in Rekordzahlen mit Bomben getroffen, während sie in Klassenzimmern nach Sicherheit suchen. Trauma und Verlust bestimmen ihren Alltag.“

Den neuesten Schätzungen zufolge ereigneten sich fast die Hälfte der im Oktober registrierten Angriffe – etwa 25 – im Norden Gazas, wo erneute, intensive Bombardierungen, Massenvertreibungen und unzureichende Hilfeleistungen Kinder an ihre Grenzen bringen. Neben Schutzräumen bieten einige dieser Schulen auch Behandlungsstellen gegen Mangelernährung.

Laut internationalem humanitärem Völkerrecht sind Schulen geschützte Orte. Seit Beginn der Feindseligkeiten im Oktober 2023 jedoch wurden über 95 % der Schulen in Gaza teilweise oder vollständig zerstört. Mindestens 87 Prozent von ihnen benötigen umfassende Wiederaufbauarbeiten, bevor sie wieder funktionstüchtig sein können.

Inzwischen sind mindestens 658.000 schulpflichtige Kinder in Gaza von jeglichen formalen Lernaktivitäten abgeschnitten, was düstere Schatten über ihre Zukunft wirft. Ihr Leben wird von psychischer Belastung, sowie einem erhöhten Risiko für Kinderarbeit und Kinderehen überschattet.

Angriffe auf Schulen, sei es als Bildungsstätte oder als Schutzraum für Vertriebene, stellen eine schwere Verletzung der Kinderrechte dar. UNICEF bekräftigt seinen Aufruf an alle Parteien, schwerwiegende Verletzungen gegen Kinder zu beenden und Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Infrastruktur in Übereinstimmung mit internationalem Recht zu unterlassen. UNICEF fordert zudem erneut eine sofortige Waffenruhe und den Schutz aller Kinder sowie der zivilen Infrastruktur in Gaza.

„Jeden Tag, an dem diese Gewalt andauert, werden mehr Leben zerstört und mehr Zukunftsperspektiven verloren,“ sagte Russell. „Die Konfliktparteien müssen das internationale humanitäre Völkerrecht respektieren und Schulen sowie zivile Orte schützen. Kinder müssen vor Schaden bewahrt und ihr Recht auf Bildung auch im Konflikt gewahrt bleiben.“

UNICEF bittet um Unterstützung der Nothilfe Nahost.

Für Redaktionen

Foto- und Videomaterial aus dem Gazastreifen.


 

07.11.2024 – UNICEF und WHO: Zweite Runde der Polio-Impfkampagne im Gazastreifen abgeschlossen.

Ost-Jerusalem/Amman/Genf/New York/Wien – Trotz anhaltender Kampfhandlungen und Angriffe konnte die zweite Runde der Impfkampagne beendet werden.

Die zweite Runde der Polio-Impfkampagne im Gazastreifen wurde erfolgreich abgeschlossen. Insgesamt erhielten 556.774 Kinder unter zehn Jahren eine zweite Dosis des Polioimpfstoffs, und 448.425 Kinder im Alter zwischen zwei und zehn Jahren wurden mit Vitamin A versorgt, nachdem die Kampagne in den vergangenen Wochen in drei Phasen durchgeführt wurde.

Administrative Daten zeigen, dass etwa 94 % der Zielgruppe von 591.714 Kindern unter zehn Jahren die zweite Dosis des nOPV2-Impfstoffs im gesamten Gazastreifen erhalten haben – ein bemerkenswerter Erfolg angesichts der extrem schwierigen Umstände, unter denen die Kampagne durchgeführt wurde. In Zentral- und Südgaza erreichte die Kampagne eine Impfquote von 103 beziehungsweise 91 %. In Nordgaza, wo der Zugang zur Kampagne eingeschränkt war, konnte eine Abdeckung von rund 88 % erreicht werden, basierend auf vorläufigen Daten. Schätzungen zufolge bleiben jedoch etwa 7.000 bis 10.000 Kinder in schwer zugänglichen Gebieten wie Jabalia, Beit Lahia und Beit Hanoun ungeimpft und somit anfällig für das Poliovirus, was das Risiko einer weiteren Verbreitung des Virus im Gazastreifen und in den Nachbarländern erhöht.

Mit dem Abschluss dieser zweiten Runde endet die Polio-Impfkampagne, die im September 2024 gestartet wurde. Diese Runde fand ebenfalls in drei Phasen in Zentral-, Süd- und Nordgaza unter regionalspezifischen humanitären Pausen statt. Während die ersten beiden Phasen planmäßig verliefen, musste die dritte Phase in Nordgaza am 23. Oktober aufgrund intensiver Bombardierungen, massiver Vertreibungen, fehlender humanitärer Pausen und eingeschränkter Zugangsbedingungen vorübergehend unterbrochen werden.

Nach einer sorgfältigen Bewertung der Lage durch das technische Komitee, bestehend aus dem palästinensischen Gesundheitsministerium, der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) und dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA), wurde die Kampagne am 2. November fortgesetzt. Jedoch war das Gebiet, in dem die humanitären Pausen die Kampagne ermöglichten, im Vergleich zur ersten Runde erheblich reduziert und beschränkte sich auf Gaza-Stadt. Aufgrund der anhaltenden Kampfhandlungen mussten mehr als 150.000 Menschen aus Nordgaza nach Gaza-Stadt fliehen, was den Zugang zu mehr Kindern als erwartet ermöglichte.

Trotz der Herausforderungen und dank des bemerkenswerten Engagements und des Mutes von Eltern, Kindern, Gemeinschaften und Gesundheitsmitarbeitenden konnte die Phase in Nordgaza abgeschlossen werden.

Mindestens zwei Impfdosen und eine Abdeckung von mindestens 90 Prozent in jeder Gemeinschaft sind notwendig, um die Zirkulation des Polio-Stamms, der Gaza betrifft, zu stoppen. Nun wird weiter daran gearbeitet, die Immunitätslevels durch routinemäßige Impfangebote in funktionierenden Gesundheitseinrichtungen zu steigern und die Krankheitsüberwachung zu verstärken, um eine rasche Erkennung weiterer Poliovirus-Übertragungen (sei es bei betroffenen Kindern oder in Umweltproben) sicherzustellen. Die sich entwickelnde epidemiologische Lage wird entscheiden, ob weitere Maßnahmen zur Bekämpfung des Ausbruchs erforderlich sind.

Um die Überwachung und die routinemäßigen Impfleistungen nicht nur für Polio, sondern für alle mit Impfungen vorbeugbaren Krankheiten vollständig umzusetzen, rufen WHO und UNICEF weiterhin zu einem Waffenstillstand auf. Neben dem Angriff auf das primäre Gesundheitszentrum zeigt die Kampagne, was durch humanitäre Pausen erreicht werden kann. Diese Maßnahmen müssen systematisch über die Notfallmaßnahmen zur Polio-Bekämpfung hinaus auch für andere Gesundheits- und humanitäre Interventionen angewendet werden, um den dringenden Bedürfnissen gerecht zu werden.

UNICEF bittet um Unterstützung der Nothilfe Nahost.

Für Redaktionen

Foto- und Videomaterial zur redaktionellen Nutzung.


 

06.11.2024 – Dezimierung der Versorgung von Neugeborenen im Gazastreifen

Amman/Wien – Erklärung der UNICEF-Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika, Adele Khodr, zur Verschlechterung der Versorgung von Neugeborenen im Gazastreifen.

„Das Kamal Adwan-Krankenhaus im Norden des Gazastreifens hat sich in eine belagerte Kriegszone verwandelt. Die neonatologische Intensivstation, die letzte ihrer Art im Norden, wurde Berichten zufolge in den vergangenen Tagen bei heftigen Angriffen beschädigt.

Der Zugang zum Krankenhaus ist äußerst schwierig, doch Berichte deuten darauf hin, dass Kinder, die dort behandelt wurden, bei diesen Angriffen getötet und verletzt wurden. Zudem sind die Sauerstoff- und Wasservorräte beschädigt, was die dringend notwendige Versorgung der wenigen noch ums Überleben kämpfenden Patienten unterbricht.

Jedes neugeborene Baby, das in einem Krankenhausinkubator um jeden Atemzug kämpft, ist vollkommen schutzlos und auf spezialisierte medizinische Versorgung und Geräte angewiesen, um zu überleben.

Im Gazastreifen wird geschätzt, dass im vergangenen Jahr mindestens 4.000 Babys von lebensrettender Neugeborenenversorgung abgeschnitten wurden. Grund dafür sind fortwährende Angriffe auf Krankenhäuser, die verzweifelt versuchen, sie am Leben zu halten, die Unterbrechung der Stromversorgung und die Tatsache, dass der wenig verfügbare Treibstoff zur Stromversorgung der Krankenhäuser bei Weitem nicht ausreicht. Dies hat besonders tödliche Auswirkungen auf den nördlichen Gazastreifen.

Vor Kriegsbeginn im Oktober 2023 gab es im Gazastreifen acht neonatologische Intensivstationen mit insgesamt 178 Inkubatoren. Die meisten dieser Stationen hatten kürzlich neue Geräte, einschließlich Inkubatoren, von UNICEF erhalten. Doch selbst damals reichte die Kapazität der NICUs in Gaza nicht aus, um den hohen Bedarf an spezialisierter Neugeborenenversorgung zu decken.

Heute sind drei dieser NICU-Einheiten zerstört – alle im nördlichen Gazastreifen – und die Anzahl der verfügbaren Inkubatoren ist um 70 Prozent auf etwa 54 im gesamten Gazastreifen gesunken.

Im Norden des Gazastreifens sank die Anzahl der Inkubatoren von 105 an den drei NICUs auf nur noch neun, alle im Kamal Adwan-Krankenhaus. Nach den schweren Angriffen, die das Krankenhaus in den letzten Tagen erlitten hat, ist unklar, ob diese überhaupt noch funktionsfähig sind.

Mindestens 6.000 Neugeborene benötigen jährlich eine intensivmedizinische Versorgung im Gazastreifen. Die tatsächliche Zahl könnte jedoch noch höher sein, da Ärzte berichten, dass der Anteil von Babys, die frühgeboren, unterernährt oder mit Entwicklungsstörungen und anderen gesundheitlichen Komplikationen zur Welt kommen, gestiegen ist – eine direkte Folge der Auswirkungen des Krieges auf ihre Entwicklung vor der Geburt, die Geburt selbst und die anschließende Versorgung.

Da Hilfe und kommerzielle Lieferungen nicht in ausreichendem Maße und flächendeckend den gesamten Gazastreifen erreichen dürfen, fehlt es schwangeren und stillenden Müttern an ausreichend nahrhafter Nahrung. Dies führt zu einem Anstieg an Frühgeburten.“

Gesundheitseinrichtungen sind gemäß dem internationalen humanitären Völkerrecht geschützt, ebenso wie medizinisches Personal und humanitäre Helfer. Verletzliche Neugeborene sowie kranke und verwundete Kinder, die auf intensivmedizinische Versorgung angewiesen sind, sterben in Zelten, in Inkubatoren und in den Armen ihrer Eltern. Dass dies bislang nicht ausreichend politischen Willen mobilisiert hat, um den Krieg zu beenden, stellt eine fundamentale Krise unserer Menschlichkeit dar.“

UNICEF bittet weiterhin um Unterstützung der Nothilfe Nahost.#


 

04.11.2024 – Tödliche Tage für Kinder im Gazastreifen

New York/Wien – Erklärung der UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell zu den tödlichen Angriffen am Wochenende im nördlichen Gazastreifen.

„Dies war bereits ein tödliches Wochenende der Angriffe im Norden des Gazastreifens. Allein in den vergangenen 48 Stunden sollen in Jabalia über 50 Kinder getötet worden sein, als zwei Wohngebäude, die Hunderte von Menschen beherbergten, durch Angriffe zerstört wurden.

Und heute Morgen geriet das Privatfahrzeug eines UNICEF-Mitarbeiters, der an der Impfkampagne gegen Polio beteiligt ist, während der Fahrt durch Jabalia – Elnazla unter Beschuss, mutmaßlich durch eine Quadcopter-Drohne. Das Fahrzeug wurde beschädigt. Zum Glück wurde der Mitarbeiter nicht verletzt. Sie steht jedoch unter großem Schock.

Unterdessen wurden Berichten zufolge mindestens drei Kinder bei einem weiteren Angriff in der Nähe einer Impfklinik in Sheikh Radwan verletzt, während dort eine Polio-Impfkampagne durchgeführt wurde.

Die Angriffe auf Jabalia, die Impfklinik und den UNICEF-Mitarbeiter sind weitere Beispiele für die gravierenden Folgen der wahllosen Angriffe auf Zivilisten im Gazastreifen.

In Verbindung mit der erschreckend hohen Zahl an getöteten Kindern im Norden des Gazastreifens durch andere Angriffe fügen sich diese jüngsten Ereignisse in eines der dunkelsten Kapitel dieses schrecklichen Krieges ein.

Zivilisten und zivile Einrichtungen, einschließlich Wohngebäude sowie humanitäre Helfer und ihre Fahrzeuge, müssen gemäß dem internationalen humanitären Völkerrecht immer geschützt werden. Anordnungen zur Vertreibung oder Evakuierung berechtigen keine Konfliktpartei dazu, alle Personen oder Objekte in einem Gebiet als militärische Ziele zu betrachten; noch befreien sie sie von ihrer Pflicht, zwischen militärischen und zivilen Zielen zu unterscheiden, die Verhältnismäßigkeit zu wahren und alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen bei Angriffen zu treffen.

Dennoch werden diese Grundsätze immer wieder missachtet, was zu Zehntausenden von toten, verletzten und der notwendigen Überlebenshilfe beraubten Kindern führt.

Angriffe auf Zivilisten, einschließlich humanitärer Helfer, sowie die verbleibenden zivilen Einrichtungen und die Infrastruktur Gazas müssen aufhören. Die gesamte palästinensische Bevölkerung im Norden des Gazastreifens, insbesondere die Kinder, ist in akuter Gefahr, an Krankheiten, Hunger und den anhaltenden Bombardierungen zu sterben.

UNICEF fordert Israel zu einer sofortigen Untersuchung der Umstände des Angriffs auf seinen Mitarbeiter auf und dazu, Maßnahmen zu ergreifen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

UNICEF appelliert außerdem an die Mitgliedstaaten, ihren Einfluss zu nutzen, um die Einhaltung des Völkerrechts sicherzustellen, und dabei den Schutz der Kinder zu priorisieren. Es ist längst an der Zeit, diesen Krieg zu beenden.“

UNICEF bittet um Unterstützung der Nothilfe Nahost.


 

11.10.2024 – Plötzliche Räumungsbefehle im nördlichen Gazastreifen

Amman/Wien – Erklärung der UNICEF-Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika, Adele Khodr, zu den Auswirkungen der Räumungsbefehle im nördlichen Gazastreifen.

„Plötzliche Räumungsbefehle im nördlichen Gazastreifen sind äußerst besorgniserregend und zwingen erneut Zehntausende gefährdete Zivilisten auf die Straße. Familien, darunter auch Kinder, wurden angewiesen, nach Süden in ein Gebiet zu ziehen, das bereits stark überfüllt, verschmutzt und unsicher ist und in dem es an den grundlegenden Dingen zum Überleben fehlt.

Die Evakuierungen, auch von Frühgeborenen, die in Brutkästen um ihr Überleben kämpfen, und von Kindern auf Intensivstationen, sowie die anhaltenden Beschränkungen des Zugangs von Hilfsgütern in den Norden und die unerbittlichen Bombardierungen haben verheerende und skrupellose Folgen, die wir wiederholt beobachten konnten. Immer wieder werden Kinder zu unvorstellbarem Leid, Schrecken und Tod verurteilt.

Drei große Krankenhäuser, darunter das Kamal Adwan, das einzige Krankenhaus mit einer Kinderstation im Norden, sind von diesen Befehlen betroffen. Das Überleben von schwerkranken Patienten, darunter nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums 18 Kinder, ist gefährdet.

Mit der Verschärfung der Militäroperationen im Norden des Gazastreifens sind Kinder der großen Gefahr ausgesetzt, inmitten der ständigen Bedrohung und des Chaos getötet, verstümmelt, inhaftiert oder von ihren Eltern und Bezugspersonen getrennt zu werden.  Besonders schlimm ist die Situation für Kinder mit Behinderungen, medizinischen Problemen oder anderen Beeinträchtigungen, was sie einem noch größeren Risiko aussetzt und die Umsiedlung nicht nur schwieriger, sondern auch lebensbedrohlich macht – vor allem, weil es nur noch wenige, wenn überhaupt, sichere Orte gibt, an die sie sich zurückziehen können.

Das Leben der Kinder wird zusätzlich dadurch gefährdet, dass seit Wochen keine grundlegenden Versorgungsgüter mehr in den nördlichen Gazastreifen gelangen dürfen, einschließlich Treibstoff und Handelswaren für die Versorgung von Geschäften und Märkten.

Dies ist bereits das vierte Mal innerhalb eines Jahres, dass Familien in Jabalia ihre Häuser verlassen mussten. Viele sind nach jeder Vertreibung zurückgekehrt, weil sie anderswo keine Sicherheit finden konnten. Wenn Kinder durch wiederholte Militäroperationen mehrfach zur Flucht gezwungen werden, ohne dass ein Ende in Sicht ist, verlieren sie das bisschen Sicherheit und Stabilität, das ihnen noch geblieben ist. Diese Kinder sind der Gefahr ausgesetzt, dass ihr physisches und psychisches Wohlbefinden ein Leben lang beeinträchtigt wird.

UNICEF und andere humanitäre Organisationen tun alles in ihrer Macht Stehende, um das Leid einzudämmen, aber wir kämpfen gegen eine nicht enden wollende Spirale aus Tod, Vertreibung und Verzweiflung.

Mehr denn je appelliere ich an die Konfliktparteien, sich auf einen sofortigen Waffenstillstand zu einigen, um weiteres Leid zu verhindern und das Leben von Kindern zu retten. Andernfalls steht nicht nur ihr Überleben auf dem Spiel, sondern auch die Überreste unserer eigenen Menschlichkeit.“

UNICEF bittet um Unterstützung der Nothilfe Nahost, um weiterhin im Gazastreifen und Libanon helfen zu können.

„Die UNRWA ist die wichtigste UN-Organisation, die den Palästinensern im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, wichtige Dienstleistungen und Schutz bietet und das Rückgrat der humanitären Hilfe im Gazastreifen bildet. Wie der Generalsekretär sagte, ‚gibt es keine Alternative zur UNRWA‘.

Die UNRWA ist das einzige von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beauftragte Hilfswerk, das sich um die palästinensischen Flüchtlinge kümmert. Die UNRWA unterhält eine Reihe von Sozialdiensten mit über 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gazastreifen und im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, und bietet Gesundheits- und Bildungsdienste sowie andere wichtige Dienstleistungen für palästinensische Flüchtlinge an. Keine UN-Organisation kann diese Verantwortung übernehmen.

Die UNRWA ist unverzichtbar für die Bereitstellung der dringenden, lebensrettenden Hilfe, die 2,2 Millionen Menschen in Gaza dringend benötigen. Angesichts der Tatsache, dass die Kinder im Gazastreifen bereits mit einer der schwersten humanitären Krisen der jüngeren Geschichte konfrontiert sind, wird diese Entscheidung, wenn sie vollständig umgesetzt wird, tödlich sein.“


 

25.10.2024 – „Sterben beim Warten“: Kinder im Gazastreifen leiden unter lebensgefährlichen Verzögerungen bei medizinischen Evakuierungen

Genf/Wien – Dies ist eine Zusammenfassung der Aussagen von UNICEF-Sprecher James Elder – auf die im Zitattext verwiesen wird – bei der heutigen Pressekonferenz im Palais des Nations in Genf.

„Kinder werden aus Gaza mit einer Geschwindigkeit von weniger als einem Kind pro Tag medizinisch evakuiert. Sollte dieses tödlich langsame Tempo anhalten, würde es über sieben Jahre dauern, die 2.500 Kinder zu evakuieren, die dringend medizinische Versorgung benötigen.

Infolgedessen sterben Kinder in Gaza – nicht nur durch die Bomben, Kugeln und Granaten, die sie treffen – sondern auch, weil sie, selbst wenn sie die Angriffe überleben und wenn das Unmögliche eintritt und Bomben und Häuser überleben, trotzdem daran gehindert werden, Gaza zu verlassen, um lebensrettende Behandlung zu erhalten.

Von Januar bis zum 7. Mai dieses Jahres wurden durchschnittlich 296 Kinder pro Monat medizinisch evakuiert. Seit der Schließung des Rafah-Übergangs am 7. Mai, bedingt durch die Bodenoffensive, ist die Zahl der Evakuierungen auf nur noch 22 pro Monat eingebrochen.

Seit der Schließung von Rafah wurden lediglich 127 Kinder – viele mit Kopfverletzungen, Amputationen, Verbrennungen, Krebs und schwerer Mangelernährung – aus Gaza gelassen.

Eine der vielen Tragödien Gazas ist, dass erschütternde Zahlen nicht dazu geführt haben, dass die Verantwortlichen handeln. Daher möchte ich Ihnen einige der Kinder vorstellen, deren Schicksale von diesen erdrückenden Beschränkungen geprägt sind. Leider sind ihre Geschichten keineswegs einzigartig.

Mazyona ist 12. Als zwei Raketen ihr Zuhause trafen, hielt man sie für tot. Sie hatte keinen Puls mehr. Ihre Geschwister, die 13-jährige Hala und der 10-jährige Mohamed, starben.

Mazyona erlitt schwerste Verletzungen im Gesicht – es wurde fast abgerissen. Chirurgen haben das verbliebene Gewebe zusammengehalten, doch sie benötigt dringend eine medizinische Evakuierung für spezialisierte Behandlung und Knocheneingriffe. Mazyona hat noch immer Splitter im Nacken. Sie leidet natürlich unter starken Schmerzen, und ihr Zustand verschlechtert sich. Die Platten, die chirurgisch eingesetzt wurden, um ihr Gesicht zu stabilisieren, lösen sich, und die Ärzte sagten, sie benötige Operationen außerhalb Gazas, um zu überleben. Mazyona wurde die Evakuierung bereits viermal verweigert. Die Behörden schlugen vor, dass die Evakuierung ohne ihre Mutter durchgeführt werden könnte. Doch als ihr Vater die weiteren Schritte einleitete, wurde die Genehmigung erneut verweigert.

Elia ist vier Jahre alt. Anfang des letzten Monats schlief sie mit ihren Eltern und Geschwistern in ihrem Zuhause in Al-Nussirat, als ein Geschoss das Nachbarhaus traf und ein Großbrand ausbrach, der auch ihr Zuhause erfasste.

Elia hat Verbrennungen vierten Grades. Ihr Bein wurde amputiert. Kürzlich mussten ihr aufgrund der Verzögerungen bei der medizinischen Evakuierung Finger der rechten Hand amputiert werden. Sie liegt seit 43 Tagen im Krankenhaus.

Als ich Elia Anfang dieses Monats traf, lag ihre Mutter, Eslam, mit ebenfalls schwersten Verbrennungen im Bett neben ihr. Auch sie benötigte dringend eine medizinische Evakuierung wegen ihrer Verbrennungen und einer schweren Blutvergiftung. Ihre Wunden waren mit Pilzinfektionen befallen. Ihre Evakuierung wurde abgelehnt. Sie starb vor zwei Tagen, am Mittwoch.

Seit dem Tod ihrer Mutter erhielt Elia eine Genehmigung zur medizinischen Evakuierung – jedoch ohne festgelegtes Datum. Angesichts der vielen Fälle ist es unwahrscheinlich, dass dies bald geschieht. Ärzte haben die Befürchtung geäußert, dass sie bald Elis andere Hand und ihr zweites Bein amputieren müssen, falls sie nicht bald evakuiert wird.

Atef ist sechs Monate alt. Er kämpft gegen Muskelkrebs und leidet unter schwerer Mangelernährung. Aufgrund von Komplikationen wurde ein Katheter für die Nieren eingeführt, was seinen ohnehin fragilen Zustand weiter verschlechtert. Trotz der Schwere seines Zustands könnte Atef, wie viele tausende Kinder, die dringend benötigte Behandlung bekommen, wenn er Gaza verlassen dürfte.

Letzten Monat musste Atefs Mutter Amal, die kranke Atef in ihren Armen trug, das nördliche Gaza zu Fuß unter extremen Bedingungen verlassen, um das Al-Aqsa-Krankenhaus zu erreichen. Trotz seiner Größe fehlt es dem Krankenhaus an den nötigen Ressourcen, um Atef zu behandeln.

Da Amal nicht in ihre zerstörte Heimat zurückkehren kann, hat sie ein Zelt in der Nähe des Krankenhauses aufgestellt und lebt dort unter gefährlichen und unhygienischen Bedingungen. Jeden Tag verschlechtert sich Atefs Zustand weiter, und er braucht dringend eine Evakuierung, um spezialisierte medizinische Hilfe zu bekommen. Amal wartet nun seit zwei Monaten verzweifelt auf eine Rückmeldung zu ihrem Antrag.

Es ist nicht bekannt, wie viele Kinder als Patienten abgelehnt wurden. Israelische COGAT stellt nur eine Liste der genehmigten Patienten zur Verfügung – den Status der anderen wird nicht geteilt. Wird ein Patient abgelehnt, gibt es nichts, was man tun kann. Kinder sind in der gleichgültigen Bürokratie gefangen und ihr Leiden wird brutal verlängert.

Und so erfahren Mazyona, die mit zerschmettertem Gesicht und toten Geschwistern zurückbleibt, oder Amal, die ohnmächtig dabei zusehen muss, wie ihr Sohn an einer behandelbaren Krankheit stirbt, das Unvorstellbare: ‚Nein‘. Keine Behandlung, keine Schmerzmittel, kein Entkommen. Gründe für Ablehnungen werden nicht mitgeteilt.

All dies geschieht vor dem Hintergrund unablässiger Bombenangriffe, während Gazas Krankenhäuser verwüstet wurden und nicht in der Lage sind, die Flut an jungen Patienten zu versorgen. Medizinisches Personal berichtet immer wieder von akuten Engpässen an grundlegenden Dingen wie Nadeln, Verbandsmaterial, Brandsalben, Infusionen und Schmerzmitteln – sowie an wichtigen Hilfsmitteln wie Rollstühlen, Krücken, Hörgeräten und sogar Batterien.

Nach über einem Jahr der Bemühungen, auf die gegen Kinder in Gaza verübten Gräueltaten aufmerksam zu machen, wird vielleicht genau dies als die klarste und erschütterndste Realität erkennbar: Schwer kranken Kindern wird die lebensrettende medizinische Hilfe verweigert, die sie in Gaza benötigen, und sie werden daran gehindert, in Gebiete zu gelangen, in denen Hilfe bereitsteht. Kinder werden somit der medizinischen Versorgung beraubt, die ein grundlegendes Menschenrecht darstellt. Und diejenigen, die die gnadenlosen Bombenangriffe knapp überlebten, sind dazu verurteilt, an ihren Verletzungen zu sterben.

Dies ist kein logistisches Problem – wir können diese Kinder sicher aus Gaza transportieren. Es ist kein Kapazitätsproblem – tatsächlich wurden noch vor wenigen Monaten mehr Kinder evakuiert. Es ist schlichtweg ein Problem, das völlig ignoriert wird.“

UNICEF bittet um Unterstützung der Nothilfe Nahostkonflikt.


 

23.10.2024 – Gazastreifen: Verschiebung der dritten Polio-Impfkampagne notwendig

Jerusalem/Amman/Genf/Wien – Intensive Bombardierungen, Massenvertreibungen und fehlender Zugang im Norden Gazas zwingen zur Verschiebung der Polio-Impfkampagne.

Aufgrund der eskalierenden Gewalt, intensiver Bombardierungen, Massenvertreibungsbefehle und fehlender garantierter humanitärer Pausen in weiten Teilen des nördlichen Gazas war das Polio-Technische Komitee für Gaza, dem das palästinensische Gesundheitsministerium, die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) und Partner angehören, gezwungen, die dritte Phase der Polio-Impfkampagne zu verschieben, die heute beginnen sollte. Diese letzte Phase der laufenden Kampagne hatte das Ziel, 119.279 Kinder im Norden Gazas zu impfen.

Die aktuellen Bedingungen, einschließlich der fortlaufenden Angriffe auf zivile Infrastruktur, gefährden weiterhin die Sicherheit der Menschen und die Bewegungsfreiheit im Norden Gazas, wodurch es unmöglich ist, dass Familien ihre Kinder sicher zur Impfung bringen können und dass Gesundheitspersonal ihre Arbeit verrichten kann.

Alle logistischen Vorbereitungen, Vorräte und geschultes Personal waren bereit, um die Kinder im Norden Gazas mit einer zweiten Dosis des neuartigen oralen Poliovirus-Impfstoffs Typ 2 (nOPV2) zu impfen, nachdem die erste Runde der Impfungen vom 1. bis 12. September 2024 im gesamten Gazastreifen durchgeführt wurde. Da jedoch der Bereich, der aktuell für temporäre humanitäre Pausen genehmigt ist, erheblich verkleinert wurde – nun nur noch auf Gaza-Stadt beschränkt, was eine deutliche Reduzierung im Vergleich zur ersten Runde darstellt – hätten viele Kinder im Norden Gazas ihre Polio-Impfung nicht erhalten.

Um die Übertragung des Poliovirus zu unterbrechen, müssen mindestens 90 % aller Kinder in jeder Gemeinde und Nachbarschaft geimpft werden – eine Voraussetzung für eine effektive Kampagne, um den Ausbruch zu stoppen und eine weitere Verbreitung zu verhindern. Humanitäre Pausen sind für den Erfolg entscheidend, da sie es den Partnern ermöglichen, Impfstoffe an Gesundheitseinrichtungen zu liefern, Familien sicheren Zugang zu Impfstellen zu gewähren und mobile Teams von Gesundheitspersonal die Kinder in ihren Gemeinden zu erreichen. Eine Verzögerung bei der Verabreichung der zweiten nOPV2-Dosis innerhalb von sechs Wochen verringert die Wirkung von zwei eng aufeinanderfolgenden Runden, die darauf abzielen, die Immunität aller Kinder gleichzeitig zu stärken und die Übertragung des Poliovirus zu unterbrechen. Wenn eine erhebliche Anzahl von Kindern ihre zweite Impfdosis nicht erhält, wird dies die Bemühungen, die Übertragung des Poliovirus in Gaza zu stoppen, ernsthaft gefährden. Dies könnte auch zu einer weiteren Ausbreitung des Poliovirus im Gazastreifen und in den Nachbarländern führen, wodurch das Risiko besteht, dass weitere Kinder gelähmt werden.

Seit dem Start der zweiten Runde der Polio-Kampagne im Gazastreifen am 14. Oktober 2024 wurden im Zentrum und Süden des Gazastreifens 442.855 Kinder unter zehn Jahren erfolgreich geimpft – 94 % des Ziels in diesen Gebieten. Insgesamt erhielten 357.802 Kinder im Alter von zwei bis zehn Jahren Vitamin-A-Präparate im Rahmen der Bemühungen, die Bereitstellung des Polio-Impfstoffs mit anderen wesentlichen Gesundheitsdiensten im Gazastreifen zu integrieren.

Es ist von entscheidender Bedeutung, den Polio-Ausbruch so schnell wie möglich zu stoppen, bevor weitere Kinder gelähmt werden und sich das Poliovirus weiter ausbreitet. Daher ist es unerlässlich, dass die Impfkampagne im Norden Gazas durch die Umsetzung der humanitären Pausen unterstützt wird, um den Zugang zu allen impfberechtigten Kindern zu gewährleisten. WHO und UNICEF fordern alle Parteien auf, sicherzustellen, dass Zivilpersonen, Gesundheitspersonal und zivile Infrastruktur, wie Schulen, Unterkünfte und Krankenhäuser, geschützt werden, und erneuern ihren Appell zu einem sofortigen Waffenstillstand.


 

18.10.2024 – Kinder in Gaza: „Gefangen in einem Kreislauf des Schmerzes“

Genf/Wien – Dies ist eine Zusammenfassung der Aussagen von UNICEF-Sprecher James Elder – dem der zitierte Text zugeschrieben werden kann – bei der heutigen Pressekonferenz im Palais des Nations in Genf.

„Der Gazastreifen ist für seine eine Million Kinder die Hölle auf Erden. Und es wird von Tag zu Tag schlimmer, denn wir sehen die schrecklichen Auswirkungen der täglichen Luftangriffe und Militäroperationen auf palästinensische Kinder.

Lassen Sie mich versuchen, anhand eines Kindes zu schildern, wie das aussieht:  Ein siebenjähriges kleines Mädchen, Qamar. Während eines Angriffs auf das Lager Jabalia wurde Qamar am Fuß getroffen. Das einzige Krankenhaus, in das sie gebracht werden konnte – ein Entbindungskrankenhaus – wurde 20 Tage lang belagert, und in dieser Zeit hatte das Schrapnell in Qamars Fuß zu einer Infektion geführt. Da sie nicht transportiert werden konnte und das Krankenhaus nicht über die nötigen Mittel verfügte, um alle Traumafälle zu behandeln, mussten die Ärzte Qamars Bein amputieren.

In einer auch nur annähernd normalen Situation hätte das Bein dieses kleinen Mädchens niemals amputiert werden müssen. Sie, ihre Mutter und ihre Schwester – die ebenfalls verletzt war – mussten daraufhin das Gebiet verlassen. Zu Fuß. Ein siebenjähriges Kind mit einem frisch amputierten Bein wurde von Norden nach Süden getrieben. Sie leben jetzt in einem zerrissenen Zelt, umgeben von abgestandenem Wasser und anderen Familien, die ähnliche Tragödien erlebt haben. Qamar ist natürlich zutiefst traumatisiert – die regelmäßigen Geräusche der Bombardierungen tragen noch dazu bei – und in Gaza gibt es keine Prothesen. So herzzerreißend sie auch ist, Qamars Geschichte ist alles andere als einzigartig. Und gerade jetzt wiederholt sie sich.

Das wiederholt sich nicht nur bei Familien, sondern über die Monate dieses endlosen Konflikts hinweg. Etwas mehr als ein Jahr nach dem ersten Befehl an eine Million Menschen, den nördlichen Gazastreifen zu verlassen, erhalten erneut Hunderttausende von Zivilisten den Befehl, den Norden zu evakuieren.

Wenn man über die aktuelle Situation nachdenkt, kann man sie am besten mit einem Déjà-vu beschreiben – nur mit noch dunkleren Schatten. Vor einem Jahr hatten die Zivilisten die grausame Wahl: Entbehrungen ertragen oder in die Vertreibung fliehen. Heute wird ganz Gaza von Entbehrungen heimgesucht. Eine erneute Vertreibung führt nur zu noch mehr Leid und immer schlechteren Bedingungen für die Kinder.

Vor fast einem Jahr haben wir täglich die Zahl der Lastwagen aktualisiert, die den Grenzübergang nach Gaza passieren durften. Heute sind wir im Norden wieder am selben Punkt angelangt. Seit dem 2. Oktober wurden nur 80 Lastwagen mit Lebensmitteln oder Wasser in den nördlichen Gazastreifen zugelassen.

Heute ist der Süden – wohin die Familien gezwungen werden sollen – hoffnungslos überfüllt, und es fehlt an lebensnotwendigem Wasser, sanitären Einrichtungen und Unterkünften.

Wohin also sollen Kinder und ihre Familien gehen? In Schulen und Unterkünften sind sie nicht sicher. In Krankenhäusern sind sie nicht sicher. Und schon gar nicht sind sie in überfüllten Lagern sicher.

Nehmen Sie al-Mawasi, wo die Palästinenser häufig aufgefordert werden, umzusiedeln. Al-Mawasi macht von der Landmasse her etwa 3 % des Gazastreifens aus. Vor dem Krieg lebten dort 9.000 Menschen. Jetzt sind es etwa 730.000. Wäre al-Mawasi eine Stadt, wäre es die am dichtesten besiedelte Stadt der Welt. Aber al-Mawasi ist keine Stadt. Es hat keine Hochhäuser, keine Infrastruktur. Keine Kapazität, um eine Bevölkerung dieser Größe zu beherbergen. Der größte Teil des Landes besteht aus Sandhügeln.

Hier sind Qamar und so viele andere gezwungen zu leben, immer noch ohne angemessene Versorgung mit Wasser, Medikamenten und Unterkünften. Es mangelt an psychologischer Betreuung, Bildung und Sicherheit.

Die vielleicht größte Ironie bei der erneuten Zwangsumsiedlung von Familien in diese so genannten „humanitären Zonen“ ist, dass sie – abgesehen von dem Mangel an Nahrung, Wasser und Medikamenten – ebenfalls bombardiert wurden. In Al-Mawasi gab es bereits unzählige Todesopfer. Angriffe auf Schulen sind in ihrer Häufigkeit unvorstellbar geworden. Allein in den letzten zwei Wochen waren es dreißig, mehr als die Hälfte (16) davon in Jabalia.

In diesem Zusammenhang hat UNICEF Tausende von Toiletten gebaut, eine Million Menschen mit Bargeld unterstützt und mehr als 300.000 Kinder mit Nahrungsmitteln versorgt, während weitere 117.000 Kinder unter 5 Jahren energiereiche Kekse und Nahrungsergänzungsmittel erhielten.

UNICEF und unsere UN-Kollegen plädieren weiterhin für einen langfristigen und nachhaltigen Waffenstillstand, jetzt Waffenstillstände – Plural – wenn man über die gesamte Region spricht. Für die Rückkehr der Geiseln. Für die Wiederaufnahme des Handelsverkehrs und die Möglichkeit, zusätzliche Routen für den sicheren Transport von Gütern zu nutzen. Für den ungehinderten Zugang der humanitären Hilfe – und eine Aufstockung der Menge aller überlebenswichtigen humanitären Hilfsgüter – insbesondere Nahrungsmittel, Wasser, Gesundheit, Bildung und psychische Gesundheit – sowie die Finanzierung aller unserer Programme, die nach wie vor gefährlich unterfinanziert sind. Und für die Verhinderung von Bedrohungen für die Mitarbeiter humanitärer Organisationen, auch durch Fehlinformationen und Desinformation, die während dieses Konflikts überhand genommen haben.

Trotz der immensen Anstrengungen aller Hilfsorganisationen erleiden Kinder weiterhin täglich unsägliches Leid. Ein Jahr nach den ersten Zwangsevakuierungen muss die internationale Gemeinschaft zusehen, wie sich die Geschichte wiederholt. Nehmen wir ein anderes kleines Mädchen, das ich Anfang des Monats getroffen habe. Als das Haus der Familie getroffen wurde, wurden ihr Bruder und ihre Schwester getötet. Das kleine Mädchen erlitt verheerende Verletzungen im Gesicht – ihr Gesicht wurde fast weggerissen. Chirurgen haben die verbliebene Struktur zusammengeflickt, aber sie benötigt dringend einen Rettungshubschrauber für eine Spezialbehandlung. Dies wurde verweigert. Mehrfach. Sie ist nur eine von mehr als 10.000 Patienten, die auf eine dringende medizinische Evakuierung warten, jeder mit einer ähnlichen, tragischen Geschichte.

Wenn dieses Ausmaß des Grauens nicht unsere Menschlichkeit weckt und uns zum Handeln antreibt, was dann?

Wieder ein Déjà-vu, nur mit noch dunkleren Schatten.

Letzten Oktober sagte UNICEF, Gaza sei „ein Friedhof für Tausende von Kindern“ geworden. Diesen Oktober, bei meinem letzten Besuch, sah ich mehrere neue behelfsmäßige Friedhöfe.

Im November letzten Jahres warnte UNICEF, dass, wenn der Zugang von Kindern zu Wasser und sanitären Einrichtungen im Gazastreifen weiterhin eingeschränkt und unzureichend sei, „die Zahl der sterbenden Kinder auf tragische Weise – und völlig vermeidbar – ansteigen wird. Es besteht die ernste Gefahr eines massenhaften Ausbruchs von Krankheiten bei Kindern“. Heute gibt es Polio in Gaza.

Im vergangenen Dezember erklärte UNICEF: „Der Gaza-Streifen ist der gefährlichste Ort der Welt, um ein Kind zu sein“. Und Tag für Tag, seit mehr als einem Jahr, wird diese brutale – auf Beweisen beruhende – Realität bestätigt.

Und trotz der Erklärungen, der harten Daten, des Infernos brennender Zelte, der erschütternden Schreie, der vielen Gespräche, die ich mit verzweifelten Kindern geführt habe, denen Gliedmaßen fehlen, der verzweifelten Bitten von Ärzten um Medikamente und der Verweigerung und Verzögerung von Hilfsleistungen haben die Verantwortlichen nichts unternommen, um das Leid zu lindern. Da sich die Szenen im Norden wiederholen, verschlechtert sich die Lage sogar noch.

Mit jeder Wiederholung der Ereignisse des letzten Jahres bleibt eine grimmige Wiederholung – mehr Kinder im Gazastreifen werden getötet.“

UNICEF bittet um Unterstützung der Nothilfe Nahostkonflikt.

Für Redaktionen

Foto- und Videomaterial aus dem Gazastreifen zur redaktionellen Nutzung.


 

09.09.2024 – 45.000 Schulanfänger:innen im Gazastreifen können das neue Schuljahr nicht beginnen

Amman/Wien – Fehlender Zugang zu Bildung beeinträchtigt die psychische Gesundheit, Sicherheit und Entwicklung der Kinder und gefährdet ihre Zukunftsaussichten.

Während sich Kinder in mehreren Ländern des Nahen Ostens auf ihr erstes Schuljahr und ihren ersten Schultag vorbereiten, wird mindestens 45.000 sechsjährigen Kindern im Gazastreifen dieses Recht vorenthalten. Die große Mehrheit von ihnen wurde aus ihren Häusern vertrieben und kämpft täglich ums Überleben.

Das neue Schuljahr hätte heute in allen palästinensischen Gebieten beginnen sollen, doch im Gazastreifen, wo der heftige Konflikt nach wie vor dramatische Auswirkungen auf Schüler, Lehrer und Schulen hat, wurde der Unterricht nicht wieder aufgenommen. Die Erstklässler:innen reihen sich in die Liste der 625.000 Kinder ein, denen bereits ein ganzes Schuljahr verwehrt wurde, und denen angesichts des anhaltenden Konflikts ein zweites Jahr ohne Bildung droht.

„Die Kinder im Gazastreifen haben ihr Zuhause, ihre Familienangehörigen, ihre Freunde, ihre Sicherheit und ihre Routine verloren“, sagte die UNICEF-Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika, Adele Khodr. „Sie haben auch den Schutz und die Anreize verloren, die ihnen die Schule bietet, und so besteht die Gefahr, dass ihre strahlende Zukunft durch diesen schrecklichen Konflikt getrübt wird.“

Seit Oktober 2023 sind alle Schulen im Gaza-Streifen geschlossen worden. Unter den Schülern, die im vergangenen Jahr nicht lernen konnten, sind 39.000 Schüler, die ihr letztes Schuljahr verpasst haben und ihre Tawjihi-Prüfungen nicht ablegen konnten. Dies ist das erste Mal seit Jahrzehnten, dass ein Abschlussjahrgang im Gazastreifen mit einer solchen Situation konfrontiert ist.

Bei älteren Kindern hat die Unterbrechung ihrer Bildung zu Unsicherheit und Ängsten geführt. Ohne Schulbildung besteht für junge Menschen ein erhöhtes Risiko der Ausbeutung, der Kinderarbeit, der Frühverheiratung und anderer Formen des Missbrauchs, und vor allem besteht die Gefahr, dass sie die Schule dauerhaft abbrechen.

Bei jüngeren Kindern bedroht der fehlende Schulbesuch ihre kognitive, soziale und emotionale Entwicklung. Die Eltern berichten von erheblichen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das psychosoziale Umfeld der Kinder, einschließlich des Gefühls von zunehmender Frustration und Isolation.

Auch die Kinder im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, sind zu Beginn des Schuljahres betroffen. Die zunehmende Gewalt und die Bewegungseinschränkungen seit Oktober 2023 haben für die 782.000 Schülerinnen und Schüler dort neue Lernbarrieren geschaffen. Daten des Bildungsministeriums und des Bildungsclusters zeigen, dass seit Oktober 2023 an jedem Tag zwischen 8 und 20 Prozent der Schulen im Westjordanland geschlossen waren. Selbst wenn die Schulen nicht geschlossen sind, haben die Angst vor Gewalt, Bewegungseinschränkungen und psychische Probleme viele Schüler dazu veranlasst, die Schule zu schwänzen, was zu weiteren Lernausfällen führt.

Sowohl im Gazastreifen als auch im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, haben die Angriffe auf Schulen und Bildungseinrichtungen in den letzten Wochen zugenommen. Im Gazastreifen müssen mindestens 84 % der Schulen vollständig wiederaufgebaut oder erheblich saniert werden, bevor der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, gab es nach Angaben des palästinensischen Bildungsministeriums 69 Angriffe auf Schulen und 2.354 Zwischenfälle, bei denen Schulen, Schüler und Lehrer in oder an Schulen betroffen waren.

Trotz dieses überwältigenden und dringenden Bedarfs ist das Bildungswesen nach wie vor einer der am wenigsten finanzierten Bereiche in den humanitären Appellen. Im Staat Palästina klafft bei der UNICEF-Bildungsprogrammierung eine Finanzierungslücke von 88 %.

Um auf diese Situation zu reagieren, haben UNICEF und seine Partner 39 temporäre Lernräume im Gazastreifen eingerichtet, in denen über 12.400 Schüler unterrichtet werden. Darüber hinaus werden Kindern, Jugendlichen, Betreuern und Lehrern in den Unterkünften Freizeitaktivitäten, Notfall-Lernpakete und psychosoziale Unterstützung angeboten.

„Wir müssen Wege finden, das Lernen wieder aufzunehmen und Schulen wieder aufzubauen, um das Recht auf Bildung für die nächsten Generationen im Staat Palästina zu wahren“, so Khodr weiter. „Kinder brauchen Stabilität, um das Trauma zu bewältigen, das sie erlebt haben, und die Möglichkeit, sich zu entwickeln und ihr volles Potenzial auszuschöpfen“.

„Alle Hindernisse, die uns daran hindern, unsere wichtige Arbeit zu tun, müssen beseitigt werden. Wir müssen dringend in der Lage sein, Bildungs- und Freizeitmaterialien in großem Umfang nach Gaza zu bringen, sichere Räume für den Betrieb von Lernzentren zur Verfügung zu stellen und zu garantieren, dass Schüler und Lehrer sicheren Zugang zu Schulgebäuden haben und dort leben und lernen können. Vor allem brauchen wir einen Waffenstillstand im Gazastreifen und eine Deeskalation im Westjordanland, damit alle Kinder in die Klassenzimmer zurückkehren können und die beschädigten Schulen wieder aufgebaut werden können.“

UNICEF bittet um Spenden für die Nothilfe Nahostkonflikt.

Für Redaktionen

Foto- und Videomaterial sowie Grafiken zum Thema.


 

16.08.2024 – Gaza: WHO und UNICEF fordern Waffenpause für Polio-Impfungen

Jerusalem/Kairo/Amman/Köln/Wien – Zwei Runden einer Polio-Impfkampagne im August/ September nötig, um die Ausbreitung des neu aufgetretenen Poliovirus zu verhindern

Die Weltgesundheitsorganisation WHO und das UN-Kinderhilfswerk UNICEF fordern alle Konfliktparteien auf, im Gazastreifen humanitäre Pausen für sieben Tage einzulegen, damit zwei Runden von Polio-Impfkampagnen stattfinden können. Diese Kampfpausen würden es Kindern und Familien ermöglichen, sicher zu Gesundheitseinrichtungen zu gelangen. Helfer:innen könnten außerdem Kinder aufsuchen, die nicht zu Gesundheitseinrichtungen kommen können. Ohne die humanitären Pausen wird die Durchführung der Impfkampagne nicht möglich sein.

Während jeder Runde der Impfkampagne wird das palästinensische Gesundheitsministerium (MoH) in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) und Partnern mehr als 640.000 Kindern unter zehn Jahren zwei Tropfen des neuartigen oralen Polio-Impfstoffs Typ 2 (nOPV2) verabreichen. Über 1,6 Millionen Dosen nOPV2, das zur Unterbrechung der Übertragung des Typ 2 Poliovirus (cVDPV2) eingesetzt wird, sollen dafür in den Gazastreifen geliefert werden.

Detaillierte Pläne für die Logistik und Durchführung der Impfkampagnen liegen bereits vor. Angesichts der stark gestörten Gesundheits-, Wasser- und Sanitärsysteme im Gazastreifen ist in jeder Runde der Kampagne eine Impfrate von mindestens 95 Prozent erforderlich, um die Ausbreitung von Polio zu verhindern und das Risiko eines erneuten Auftretens zu verringern.

Das Poliovirus wurde im Juli 2024 in Umweltproben aus Khan Younis und Deir al-Balah nachgewiesen. Beunruhigenderweise wurden seitdem drei Kinder mit Verdacht auf akute schlaffe Lähmung (AFP), einem häufigen Symptom von Polio, im Gazastreifen gemeldet. Ihre Stuhlproben wurden zur Untersuchung an das jordanische nationale Poliolabor geschickt.

Der Gazastreifen ist seit 25 Jahren poliofrei. Das erneute Auftreten, vor dem die humanitäre Gemeinschaft seit zehn Monaten warnt, stellt eine weitere Bedrohung für die Kinder im Gazastreifen und den Nachbarländern dar. Ein Waffenstillstand ist die einzige Möglichkeit, die öffentliche Gesundheitsversorgung im Gazastreifen und der Region sicherzustellen.

UNICEF bittet um Unterstützung für die Nothilfe Nahostkonflikt.

Für Redaktionen

Die Pressemeldung ist aus dem Englischen übersetzt und gekürzt. Die Original-Meldung finden Sie hier.


 

09.08.2024 – Der unerbittliche Krieg in Gaza ist der Horror für Kinder

Amman/Genf/Wien – Dies ist eine Zusammenfassung dessen, was der UNICEF-Kommunikationsbeauftragte Salim Oweis – dem der zitierte Text zugeschrieben werden kann – bei der heutigen Pressekonferenz im Palais des Nations in Genf sagte.

„Der unerbittliche Krieg im Gazastreifen fügt Tausenden von Kindern weiterhin Schrecken zu und trennt viel zu viele von ihren Angehörigen. Am Samstag traf ich den acht Monate alten Yahya. Vier Tage und mehrere Versuche später, nach einer langen und gefährlichen gemeinsamen Fahrt durch militärische Kontrollpunkte in den Norden des Gazastreifens, traf Yahya zum ersten Mal seinen Vater Zakaria.

Der kleine Yahya wurde am 27. November 2023 im Kamal Adwan Krankenhaus geboren. Der Bub war eine Frühgeburt und wurde zur Neugeborenenversorgung ins Shifaa-Krankenhaus verlegt. Kurz darauf fand eine Militäroperation um das Shifaa-Krankenhaus statt, und er wurde in das Al-Aqsa-Krankenhaus in Deir al-Balah – mitten im Gazastreifen – evakuiert. Seine Eltern waren jedoch gezwungen, im Norden zu bleiben.

Nach seiner Genesung wurde Yahia schließlich in eine vorübergehende Pflegeeinrichtung gebracht und mit Unterstützung von UNICEF und seinen Partnern, denen es gelang, mit seiner Familie in Kontakt zu bleiben, in Sicherheit gebracht. Schließlich war es an der Zeit, ihn wieder mit seiner Mutter und seinem Vater zusammenzubringen, die monatelang Ungewissheit und Angst ertragen mussten, bevor sie ihn in die Arme schließen konnten.

Die erfolgreiche Mission, an der sieben Kinder aus vier Familien teilnahmen, war ein seltener Moment der Freude in einer ansonsten trostlosen Umgebung. Aber sie war auch nicht ohne Schwierigkeiten. Unserer Mission wurde bereits dreimal der Zugang verweigert, trotz vorheriger Koordinierung und anfänglicher Genehmigungen. Nur zwei Wochen zuvor wurde ein anderes UNICEF-Fahrzeug, das sich auf einer Wiedervereinigungsmission befand, von drei Kugeln getroffen, als es auf dem Weg in den Norden an einem Haltepunkt wartete. Aber unser kleiner Erfolg – Zakaria weinte vor Freude und Erleichterung – ist der Grund, warum wir trotz der vielen Herausforderungen weitermachen.

Ich war schockiert über das Ausmaß des Leids, der Zerstörung und der weit verbreiteten Vertreibung in Gaza. Die Bilder, die die Welt im Fernsehen sieht, geben einen wichtigen Einblick in die Hölle, die die Menschen seit über 10 Monaten ertragen müssen. Sie zeigen jedoch nicht in vollem Umfang, wie hinter den eingestürzten Gebäuden ganze Stadtviertel, Lebensgrundlagen und Träume dem Erdboden gleichgemacht wurden.

Wenn man das Bild einer vertriebenen Mutter sieht, die ihr Kind und all ihr Hab und Gut auf dem Rücken trägt, sieht man nicht, dass ihr Hunderte von entwurzelten Menschen auf der Straße folgen.

Ein verlorenes Kind, wie Yahya, ist in Wirklichkeit die Geschichte von Tausenden.

Das Leben eines Kindes in Gaza im zehnten Monat des Konflikts ist kein Leben. Wir können es nicht oft genug sagen: Es gibt keinen sicheren Ort, und alles geht zur Neige – Lebensmittel, Wasser, Treibstoff, Medikamente. Einfach alles.

Wenn man durch die Labyrinthe von Behelfsunterkünften geht, hat man Mühe, den Sand, auf dem sie liegen, zu erklimmen, und man riecht den starken Geruch von Abwasser, der die Wege umgibt. Sie sind beeindruckt von den vielen Kindern, die sich um sie herumtreiben und nur eine Frage stellen: „Herr, wann wird der Krieg enden?

Wasser und Abfall sind ein großes Problem.

In Deir al-Balah, wohin die meisten Vertriebenen in den letzten Monaten geflohen sind, ist das nur teilweise funktionierende Abwassersystem aufgrund dieser massiven Vertreibungswellen um das Siebenfache seiner Kapazität überlastet. Folglich ist das jahrzehntealte Abwassernetz größtenteils verstopft und undicht.

Die Familien baten mich eindringlich um Seife und Hygieneartikel. Sie verwenden Wasser und Salz, um ihre Kinder zu waschen oder kochen Wasser mit Zitronen, um Hautausschläge zu behandeln. Sie sagen mir, dass die Ärzte nicht die Kapazität oder die Medikamente haben, um sie zu behandeln, da stündlich schwerere medizinische Fälle eintreffen und keine Vorräte in den Regalen vorhanden sind. Und so breitet sich der Ausschlag aus.

Es gibt auch einen gravierenden Mangel an Medikamenten für Kinder mit Vorerkrankungen wie Krebs und angeborenen Krankheiten.

Im Al-Aqsa-Krankenhaus traf ich den zehnjährigen Abdel Rahman, der bei einem Luftangriff eine Beinverletzung erlitt. Sein Bein ist nie verheilt, und nach weiteren Arztbesuchen wurde bei ihm Knochenkrebs diagnostiziert. Seine Mutter Samar sagte mit gebrochener Stimme zu mir: „Ich wünschte, mein Kind würde sterben und nicht so leiden wie jetzt – können Sie sich vorstellen, dass ich mir das jetzt wünsche?“

Ein krankes Kind im Gazastreifen ist zu einem langsamen Tod verurteilt, weil es nicht die notwendige Behandlung erhält und wahrscheinlich nicht lange genug überleben wird, um zu überleben.

Ihre einzige Hoffnung auf Überleben ist ein Waffenstillstand. Die Kinder in Gaza klammern sich immer noch an den Glauben, dass dieser Tag kommen wird, und UNICEF teilt diese Hoffnung. Ein Waffenstillstand ist immer noch möglich, notwendiger denn je und längst überfällig, und jeder muss alles in seiner Macht Stehende tun, um sich dafür einzusetzen.“

UNICEF bittet um Unterstützung für die Nothilfe Nahostkonflikt.

Für Redaktionen:

Foto- und Videomaterial aus der Region.


 

25.07.2024 – Zur aktuellen Lage im Gazastreifen

New York/Wien – Erklärung der UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell zur Lage im Gaza-Streifen.

„Mit jeder Woche, die vergeht, werden Familien im Gazastreifen mit neuen Schrecken konfrontiert. Die verheerenden Angriffe auf Schulen und Binnenvertriebene gehen weiter, wobei Berichten zufolge Hunderte von Palästinensern, darunter viele Frauen und Kinder, getötet werden und die bereits überlasteten Krankenhäuser unter der Belastung zusammenbrechen.

Wir sehen Kinder, die frühere Verletzungen überstanden haben, nur um erneut verletzt zu werden. Ärzte und Krankenschwestern, die keine Mittel haben, kämpfen darum, Leben zu retten. Tausende von Jungen und Mädchen sind krank, hungrig, verletzt oder von ihren Familien getrennt. Die Gewalt und die Entbehrungen hinterlassen bleibende Narben auf ihren verletzlichen Körpern und Seelen. Und jetzt, da die sanitären Einrichtungen und die Abwasseraufbereitung zusammengebrochen sind, gesellt sich das Poliovirus zu den Bedrohungen hinzu, insbesondere für die Tausenden von ungeimpften Kindern.

Die humanitäre Lage ist mehr als katastrophal, da die Familien immer wieder gezwungen sind, umzuziehen, um der unmittelbaren Gewalt zu entkommen.

Humanitäre Organisationen, darunter auch UNICEF, tun alles, was in ihrer Macht steht, um zu helfen, aber die katastrophale Lage und die Angriffe auf humanitäres Personal behindern unsere Bemühungen weiterhin. Erst gestern wurde ein deutlich gekennzeichnetes UNICEF-Fahrzeug von Kugeln getroffen, während es an einem ausgewiesenen Haltepunkt in der Nähe des Kontrollpunkts Wadi Gaza wartete. Es war eines von zwei Fahrzeugen, die unterwegs waren, um fünf kleine Kinder abzuholen und sie mit ihrem Vater zusammenzubringen, nachdem ihre Mutter getötet worden war. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, und es gelang dem Team, die Familie wieder zusammenzuführen. Dennoch hätte dieser Vorfall, wie auch andere zuvor, schreckliche humanitäre Folgen haben können, sowohl für die Kinder, denen wir helfen, als auch für unsere Teams.

Kurz gesagt: Im Gazastreifen herrschen nicht die erforderlichen Bedingungen für eine wirksame humanitäre Hilfe. Die Hilfe muss ungehindert fließen können und der Zugang muss regelmäßig und sicher sein.

Seit fast neun Monaten tröpfelt die Hilfe nach Gaza. Die Zivilbevölkerung wird nicht mehr versorgt. Der kommerzielle Sektor wurde dezimiert. Dies hat zu einem zunehmenden Wettbewerb um das Wenige, das zur Verfügung steht, zum Schmuggel von Waren in den Gazastreifen und nun auch zum zunehmend organisierten Plündern von Hilfsgütern geführt. Dies behindert nicht nur unsere Bemühungen, bedürftige Familien zu erreichen, sondern gefährdet auch unsere Teams und die Zivilbevölkerung, die wir unterstützen.

Die Herausforderung wird durch die Einsatzbedingungen vor Ort noch verschärft. Mindestens 278 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen im Gazastreifen sind bereits getötet worden – eine Rekordzahl – während andere in Gefahr sind oder daran gehindert werden, ihre Arbeit zu tun.

Wir brauchen eine sofortige Verbesserung der Sicherheitslage, einschließlich der Sicherheit für Hilfsgütertransporter, damit die Helfer die Gemeinden, denen sie helfen wollen, sicher erreichen können.

Vor allem aber brauchen wir einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand. Wir appellieren an alle Konfliktparteien, ihre Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht einzuhalten. Sie müssen die Zivilbevölkerung und die Infrastruktur, auf die sie angewiesen ist, schützen. Dazu gehört auch, dass die Zivilbevölkerung durch sichere und ungehinderte humanitäre Maßnahmen mit dem Lebensnotwendigen versorgt wird: Nahrung, Wasser, Ernährung, Unterkunft und medizinische Versorgung.

Es ist längst an der Zeit, dass diese Krise ein Ende hat, dass die Geiseln zu ihren Familien zurückkehren und dass die Kinder in Gaza eine gesunde und sichere Zukunft haben.“

UNICEF bittet weiterhin um Unterstützung der Nothilfe Nahostkonflikt.


 

22.07.2024 – Anzahl der getöteten Kinder im Westjordanland in den letzten neun Monaten sprunghaft angestiegen

New York/Wien – Im Durchschnitt wurde seit Oktober 2023 alle zwei Tage ein palästinensisches Kind im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, getötet, was einem Anstieg um fast das Zweieinhalbfache gegenüber den vorangegangenen neun Monaten entspricht.

Seit Oktober letzten Jahres wurden im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, insgesamt 143 palästinensische Kinder getötet, ein Anstieg um fast 250 Prozent im Vergleich zu den vorangegangenen neun Monaten, in denen 41 palästinensische Kinder getötet wurden. Im gleichen Zeitraum wurden zwei israelische Kinder im Westjordanland durch konfliktbezogene Gewalt getötet.

Darüber hinaus wurden mehr als 440 palästinensische Kinder durch scharfe Munition verletzt.

Diese Zahlen geben Anlass zu ernster Besorgnis über die unnötige und übermäßige Anwendung von Gewalt gegen die Schwächsten.

„Seit Jahren sind die Kinder im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, schrecklicher Gewalt ausgesetzt“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Die Situation hat sich zeitgleich mit der Eskalation der Feindseligkeiten im Gazastreifen deutlich verschlechtert. Wir hören immer wieder von palästinensischen Kindern, die auf dem Heimweg von der Schule festgehalten oder auf der Straße erschossen werden. Die Gewalt muss jetzt aufhören“.

Die Opfer wurden aus zehn von elf Gouvernements im Westjordanland gemeldet, wobei mehr als die Hälfte der Tötungen in Dschenin, Tulkarm und Nablus stattfanden. In diesen Gebieten wurden in den letzten zwei Jahren vermehrt große und militarisierte Polizeieinsätze durchgeführt, was auf eine Verlagerung der Intensität und des Umfangs hinweist.

Die zunehmenden Spannungen im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, wirken sich auch auf das körperliche und seelische Wohlbefinden Tausender Kinder und Familien aus, die nun täglich um ihr Leben fürchten müssen. Kinder berichten, dass sie Angst haben, in ihren Vierteln herumzulaufen oder zur Schule zu gehen.

Bereits vor dem 7. Oktober 2023 waren Kinder im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, der höchsten Gewaltrate seit 20 Jahren ausgesetzt: 41 palästinensische Kinder und sechs israelische Kinder wurden in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres getötet. Sie waren auch stark von Bewegungs- und Zugangsbeschränkungen betroffen, die ihr tägliches Leben beeinträchtigten.

UNICEF fordert die Konfliktparteien erneut auf, weitere schwere Verstöße gegen Kinder, einschließlich der Tötung und Verstümmelung von Kindern, unverzüglich zu beenden und zu verhindern. Die Parteien müssen ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen zum Schutz der Kinder nachkommen. Das Recht der Kinder auf Leben muss gewahrt werden, und Kinder dürfen niemals das Ziel von Gewalt sein, unabhängig davon, wer oder wo sie sind.

„Die wahren Kosten der Gewalt im Staat Palästina und in Israel werden in Kinderleben gemessen – in denen, die verloren gehen, und in denen, die dadurch für immer verändert werden“, sagte Russell. „Was die Kinder dringend brauchen, ist ein Ende der Gewalt und eine dauerhafte politische Lösung der Krise, damit sie in Frieden und Sicherheit ihr volles Potenzial entfalten können.“

UNICEF bittet um Unterstützung der Nothilfe Nahostkonflikt.


 

15.05.2024 – Verschärfung der Feindseligkeiten in Rafah und im nördlichen Gazastreifen

Amman/Wien – Erklärung der UNICEF-Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika, Adele Khodr.

„Die Eskalation der Kampfhandlungen in Rafah und im gesamten Gazastreifen hat das Leiden von Hunderttausenden von Kindern, die seit 218 Tagen einen unerbittlichen Alptraum durchleben, noch verschlimmert. Wir können nicht akzeptieren, dass ihr Leid als Kollateralschaden in einem Konflikt, den sie sich nicht ausgesucht haben, live übertragen wird.

Letzte Woche begann eine seit langem befürchtete Militäroperation in Rafah, durch die über 448.000 Menschen in unsichere Gebiete wie Al-Mawasi und Deir al Balah vertrieben wurden. In der Zwischenzeit haben sich die schweren Bombardierungen und Bodenoperationen auf den nördlichen Gazastreifen ausgeweitet und in Gebieten wie dem Flüchtlingslager Jabaliya und Beit Lahia eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Mindestens 64.000 Menschen waren gezwungen, aus ihren zerstörten Häusern zu fliehen.

Die Zivilbevölkerung, die bereits erschöpft, mangelernährt und mit zahlreichen traumatischen Erlebnissen konfrontiert ist, sieht sich nun mit noch mehr Toten, Verletzten und Vertriebenen in den Trümmern ihrer Gemeinden konfrontiert. Gerade die humanitären Maßnahmen, die zur einzigen Lebensader für die gesamte Bevölkerung des Streifens wurden, sind bedroht.

Seit Beginn der jüngsten Eskalation ist es für UNICEF immer schwieriger geworden, Hilfsgüter in den Gazastreifen zu transportieren. Die Treibstoffknappheit bleibt ein großes Problem.

Wichtige Krankenhäuser im Norden innerhalb der Evakuierungszonen, darunter Kamal Adwan, Al Awda und das Indonesia Hospital, befinden sich im Kreuzfeuer, was die Lieferung wichtiger medizinischer Güter erheblich behindert und zahlreiche Menschenleben gefährdet. Die von einer Hungersnot Bedrohten sind nun von jeglicher Hilfe abgeschnitten.

Ich bin auch sehr besorgt über die Wasserinfrastruktur und den Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen im gesamten Gazastreifen. Im Norden wurden lebenswichtige Brunnen stark beschädigt, während in Rafah mindestens acht Anlagen ausgefallen sind, was rund 300.000 Menschen betrifft, darunter viele Kinder, die wahrscheinlich auf verunreinigtes Wasser zurückgreifen und schwer erkranken werden. Wenn das Wasser ausfällt, leiden die Kinder am meisten.

Die Grenzübergänge müssen rasch geöffnet werden, und humanitäre Organisationen müssen die Möglichkeit haben, sich sicher zu bewegen und lebensrettende Hilfe zu leisten, auf die alle Kinder in Gaza angewiesen sind. Geschieht dies nicht, wird dies zu einer Tragödie führen, die noch größer ist als das, was wir bereits erlebt haben – ein Ergebnis, das wir dringend vermeiden müssen.

Nach mehr als sieben Monaten Konflikt, Zehntausenden von Toten und unzähligen Appellen zur Waffenruhe hält die Gewalt an. Es ist wichtig, dass die Waffen schweigen und die Rechte der Kinder respektiert werden. Die Kinder im Gazastreifen, die unvorstellbare Schrecken erleiden mussten, verdienen einen sofortigen Waffenstillstand und eine Chance auf eine friedliche Zukunft.“

UNICEF bittet weiterhin um Unterstützung der Nothilfe Nahostkonflikt.

Für Redaktionen

Foto- und Videomaterial aus  dem Gazastreifen.


 

06.05.2024 – UNICEF warnt: Für die 600.000 Kinder in Rafah gibt es keinen sicheren Zufluchtsort

New York/Wien – Angesichts Hunderttausender verletzter, kranker, mangelernährter, traumatisierter oder körperlich behinderter Kinder in Rafah fordert UNICEF, dass Kinder nicht unter Zwang umgesiedelt werden und die lebenswichtige Infrastruktur, auf die Kinder angewiesen sind, geschützt wird.

Angesichts der sich zuspitzenden humanitären Krise im Gazastreifen warnt UNICEF, dass eine militärische Besetzung und ein Einmarsch in Rafah eine katastrophale Gefahr für die 600.000 Kinder darstellen würde, die derzeit in der Region Schutz suchen.

Nachdem im Oktober die Evakuierung in den Süden angeordnet wurde, befinden sich derzeit schätzungsweise 1,2 Millionen Menschen in Rafah, wo einst etwa 250.000 Menschen lebten. Damit ist Rafah (20.000 Menschen pro Quadratkilometer) fast doppelt so dicht besiedelt wie New York City (11.300 Menschen pro Quadratkilometer), und etwa die Hälfte der Bevölkerung sind Kinder, von denen viele bereits mehrfach vertrieben wurden und in Zelten oder informellen und instabilen Unterkünften untergebracht sind.

Angesichts der hohen Konzentration von Kindern in Rafah – darunter viele, die sehr gefährdet und am Rande des Überlebens sind – sowie der wahrscheinlichen Intensität der Gewalt, wobei potenzielle Evakuierungskorridore wahrscheinlich vermint oder mit nicht explodierten Sprengkörpern übersät sind und Unterkünfte und Dienstleistungen in Gebieten, die für eine Umsiedlung in Frage kommen, sehr wahrscheinlich begrenzt sind, warnt UNICEF vor einer weiteren Katastrophe für Kinder, wenn Militäroperationen zu sehr hohen zivilen Verlusten führen und die wenigen verbleibenden grundlegenden Dienstleistungen und Infrastrukturen, die sie zum Überleben brauchen, völlig zerstört werden.

Mehr als 200 Tage Krieg haben unglaublich viel von den Leben der Kinder abverlangt„, sagte Catherine Russell, UNICEF-Exekutivdirektorin. „Rafah ist jetzt eine Stadt der Kinder, die nirgendwo in Gaza sicher sind. Wenn groß angelegte Militäroperationen beginnen, sind die Kinder nicht nur durch die Gewalt, sondern auch durch Chaos und Panik gefährdet, und das zu einer Zeit, in der ihr körperlicher und psychischer Zustand bereits geschwächt ist.

Im Vergleich zu Erwachsenen sind Kinder besonders anfällig für die verheerenden Auswirkungen des Krieges im Gazastreifen. Sie werden überproportional oft getötet und verletzt und leiden noch stärker unter der Unterbrechung der Gesundheitsversorgung und des Bildungswesens sowie unter dem fehlenden Zugang zu ausreichender Nahrung und Wasser. Nach jüngsten Schätzungen des palästinensischen Gesundheitsministeriums sind in diesem Konflikt bereits mehr als 14.000 Kinder getötet worden.

Schätzungen zufolge haben Hunderttausende Kinder in Rafah eine Behinderung, medizinische Probleme oder eine andere Gefährdung, die sie durch die drohenden Militäroperationen in der Stadt noch stärker bedroht:

  • schätzungsweise 65.000 Kinder haben eine bereits bestehende Behinderung, einschließlich Schwierigkeiten beim Sehen, Hören, Gehen, Verstehen und Lernen.
  • etwa 78.000 Kinder sind Säuglinge unter zwei Jahren;
  • fast 8.000 Kinder unter 2 Jahren sind akut unterernährt;
  • etwa 175.000 Kinder unter fünf Jahren (neun von zehn Kindern) sind von einer oder mehreren Infektionskrankheiten betroffen;
  • fast alle Kinder benötigen bereits psychische und psychosoziale Unterstützung.
  • Viele dieser Schwachstellen schließen sich nicht gegenseitig aus, was bedeutet, dass ein und dasselbe Kind sowohl verletzt als auch krank oder mangelernährt und ein Säugling sein kann.

„Hunderttausende Kinder, die jetzt in Rafah eingepfercht sind, sind verletzt, krank, mangelernährt, traumatisiert oder leben mit Behinderungen“, sagte Russell. „Viele von ihnen wurden bereits mehrfach vertrieben und haben ihr Zuhause, ihre Eltern und ihre Angehörigen verloren. Sie müssen geschützt werden, ebenso wie die verbleibenden Dienstleistungen, auf die sie angewiesen sind, einschließlich medizinischer Einrichtungen und Unterkünfte.“

UNICEF bekräftigt die Aufforderung des Interagency Standing Committee an Israel, „seiner gesetzlichen Verpflichtung nach internationalem humanitärem Recht und Menschenrechten nachzukommen, Nahrungsmittel und medizinische Hilfsgüter zu liefern und Hilfsmaßnahmen zu erleichtern, und an die führenden Politiker der Welt, eine noch schlimmere Katastrophe zu verhindern.“

Unter Hinweis auf die besondere Gefährdung von Kindern fordert UNICEF außerdem:

  • Einen sofortigen und dauerhaften humanitären Waffenstillstand. Die sofortige Freilassung der Geiseln und die Beendigung aller schwerwiegenden Verstöße gegen Kinder.
  • Den Schutz der Zivilbevölkerung und der Infrastruktur, die ihre Grundbedürfnisse deckt, wie Krankenhäuser und Unterkünfte, vor Angriffen und militärischer Nutzung;
  • Fortgesetzter Schutz von Kindern und ihren Familien, wenn sie nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich nach einem Evakuierungsbefehl zu bewegen – die Menschen sollten die Möglichkeit haben, sich frei in sicherere Gebiete zu bewegen, aber sie sollten niemals dazu gezwungen werden.
  • Sicheren und kontinuierlichen Zugang für humanitäre Organisationen und Mitarbeiter:innen, um Kinder und ihre Familien mit lebensrettender Hilfe zu erreichen, wo immer sie sich im Gazastreifen befinden.

UNICEF bittet weiterhin um Unterstützung der Nothilfe Nahostkonflikt.

Hinweis für Redaktionen:

Der Datenpunkt zu Kindern mit Behinderungen basiert auf den Ergebnissen des palästinensischen Multiple Indicator Cluster Survey (MICS) 2019-2020. Dies ist die letzte verfügbare MICS-Erhebung für den Gazastreifen und spiegelt keine Änderungen dieses Indikators wider, die seither eingetreten sein könnten; dennoch stellt er eine gültige Untergrenze für die Inzidenz von Kindern mit Behinderungen dar.


 

27.03.2024 – Gaza: „Die Kinder sind gefangen in einem Kreislauf des Leidens“

Gaza/Köln/Wien – Zusammenfassung des gestrigen Statements von James Elder, UNICEF-Sprecher, im Palais des Nations in Genf.

Seit einigen Tagen ist UNICEF-Sprecher James Elder in Gaza. Gestern hat er von seinen Eindrücken vor Ort berichtet.

„Ich möchte über zwei wichtige Themen sprechen, von denen die Menschen hier in Gaza sagen, dass sie für ihr Überleben entscheidend sind. Die Sicherheit der Menschen in Rafah und die Lieferung von Hilfsgütern.

Rafah ist nicht wiederzuerkennen, weil die Straßen überfüllt sind und Zelte an Straßenecken und auf sandigen Flächen stehen. Die Menschen schlafen auf der Straße, in öffentlichen Gebäuden und an jedem anderen verfügbaren Platz. Die weltweiten Standards für humanitäre Notsituationen legen fest, dass maximal 20 Personen sich eine Toilette teilen sollten. In Rafah gibt es etwa eine Toilette für 850 Menschen. Bei den Duschen sind es viermal so viele, also eine Dusche für 3.600 Menschen. Das ist eine eklatante Missachtung der menschlichen Grundbedürfnisse und der Menschenwürde.

Dieselben Standards besagen, dass jeder Mensch täglich 15 Liter Wasser braucht, und ein absolutes Minimum von drei Litern, nur um zu überleben. Als ich im November hier war, waren Familien und Kinder im Gazastreifen auf drei Liter oder weniger Wasser pro Person und Tag angewiesen. Heute haben die befragten Haushalte im Durchschnitt Zugang zu weniger als einem Liter sauberem Wasser pro Person und Tag.

Das benachbarte Chan Yunis ist ebenfalls nicht wiederzuerkennen, wenn auch aus einem anderen Grund – es existiert kaum noch. In meinen 20 Jahren bei den Vereinten Nationen habe ich noch nie derartige Zerstörung gesehen. Nur Chaos und Ruinen, Schutt und Trümmer, die in alle Richtungen verstreut sind. Völlige Vernichtung. Beim Gang durch die Straßen war ich überwältigt von dem Verlust.

Das bringt uns zurück nach Rafah und den endlosen Diskussionen über eine groß angelegte Militäroperation in Rafah. Rafah ist eine Stadt der Kinder. 600.000 Mädchen und Jungen leben dort. Rafah beherbergt einige der letzten verbliebenen Krankenhäuser, Notunterkünfte, Märkte und Wasserversorgungssysteme in Gaza.

Und dann ist da noch der Norden. Gestern war ich wieder in Jabalia. Zehntausende von Menschen drängen sich auf den Straßen und halten sich die Hand vor den Mund – das universelle Zeichen für Hunger.

Als ich vor einer Woche in den Gazastreifen kam, standen Hunderte von Lastwagen mit lebensrettender humanitärer Hilfe bereit, die darauf warteten, zu den Menschen zu gelangen, die sie dringend benötigten – allerdings auf der falschen Seite der Grenze. Hunderte von Lkw der UN und INGO [Internationalen Nichtregierungsorganisationen] stehen dort im Stau und warten auf die Einfahrt nach Gaza.

In der Integrated Food Security Phase Classification (IPC) [fünfstufige Skala für Hungerrisiken] wurde letzte Woche festgestellt, dass im nördlichen Gazastreifen eine Hungersnot unmittelbar bevorsteht. Der Gazastreifen hat nun den höchsten Prozentsatz einer Bevölkerung, der die höchste Einstufung seit Beginn der Klassifizierung im Jahr 2004 erhalten hat.

Vor dem Krieg war Mangelernährung im Gazastreifen selten, weniger als ein Prozent der Kinder unter fünf Jahren war akut mangelernährt. Heute ist eines von drei Kindern unter zwei Jahren akut mangelernährt. Es liegt auf der Hand, dass der Norden dringend große Mengen an Lebensmitteln und therapeutischer Nahrung benötigt. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass unsere Bemühungen, diese Hilfe zu leisten, eingeschränkt werden.

Es gibt den alten Grenzübergang Erez, der genutzt werden könnte, nur zehn Minuten von den hungernden Menschen entfernt. Zehn Minuten. Würde er geöffnet, könnten wir die humanitäre Krise im Norden innerhalb weniger Tage bewältigen. Aber er bleibt geschlossen.

Zwischen dem 1. und 22. März wurde ein Viertel der 40 humanitären Hilfsmissionen in den nördlichen Gazastreifen abgelehnt. UNRWA wird nun daran gehindert, Lebensmittel in den Norden zu bringen, obwohl bislang 50 Prozent der in den Norden gelieferten Lebensmittel von UNRWA geliefert wurden. Um es klar zu sagen: Lebensrettende Hilfe wird unterbunden. Menschen verlieren ihr Leben. Die Menschenwürde wird missachtet.

Die Entbehrung, die aufgezwungene Ausweglosigkeit lassen die Bevölkerung verzweifeln. Die Nerven der Menschen liegen blank angesichts der ständigen Angriffe. Sie fragen oft, ob es noch Hoffnung gibt. Alles bewegt sich hier zwischen den Extremen, auch diese Frage. Auf der einen Seite erzählt mir eine Mutter, dass sie geliebte Menschen verloren hat, ihr Zuhause und die Möglichkeit, ihre Kinder regelmäßig zu ernähren. Alles, was sie noch besitzt, ist Hoffnung. Gestern dann saß UNICEF mit Jugendlichen zusammen, von denen einige sagten, sie wünschten sich so sehr, dass ihr Albtraum ein Ende hätte und dass sie hofften, getötet zu werden.

In Gaza wird regelmäßig das Unaussprechliche gesagt. Von Mädchen im Teenageralter, die hoffen, dass sie getötet werden, bis hin zu der Aussage, dass ein Kind die letzte noch lebende Person der gesamten Familie ist. Solches Grauen ist hier nicht mehr einzigartig.

Trotz allem gibt es so viele tapfere, hilfsbereite und unermüdliche Palästinenser*innen, die sich gegenseitig unterstützen. Und die UN-Organisationen und UNICEF machen weiter. Wir von UNICEF setzen uns weiterhin für jedes Kind ein. Wasser, Schutz, Ernährung, Unterkunft – UNICEF ist hier.

Wie wir gestern gehört haben, muss der Waffenstillstand umfassend sein, nicht nur symbolisch. Die Geiseln müssen nach Hause zurückkehren. Die Menschen in Gaza müssen leben dürfen.

In den drei Monaten, die zwischen meinen Besuchen lagen, sind alle schrecklichen Zahlen dramatisch angestiegen. Gaza hat die Rekorde der Menschheit für ihre dunkelsten Kapitel gebrochen. Die Menschheit muss jetzt dringend ein anderes Kapitel schreiben.“

Bitte unterstützen Sie weiterhin die UNICEF Nothilfe Nahostkonflikt.

Für Redaktionen

Foto- und Videomaterial aus dem Gazastreifen.


 

18.03.2024 – Drohende Hungersnot in Gaza: Kinder sterben an Mangelernährung

New York/Köln/Wien – Jedes dritte Kind unter zwei Jahren im Norden Gazas ist akut mangelernährt.

Im Norden des Gazastreifens sind 31 Prozent der Kinder unter zwei Jahren – jedes dritte – akut mangelernährt. Noch im Januar waren es 15,6 Prozent der Kinder.
Aufgrund der weitreichenden Auswirkungen des Krieges und der anhaltenden Einschränkungen bei der Bereitstellung von Hilfsgütern breitet sich Mangelernährung bei Kindern im Gazastreifen rasant aus und erreicht ein verheerendes, noch nie dagewesenes Ausmaß. Mindestens 23 Kinder im nördlichen Gazastreifen sind Berichten zufolge in den vergangenen Wochen an Mangelernährung und Dehydrierung gestorben. Laut Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums haben rund 13.450 durch den Konflikt ihr Leben verloren.

Daten, die im Februar von UNICEF und Partnern im Norden des Gazastreifens erhoben wurden, zeigen, dass 4,5 Prozent der Kinder in Notunterkünften und Gesundheitszentren an schwerer akuter Mangelernährung leiden. Diese schwerste Form der Mangelernährung ist lebensbedrohlich, wenn Kinder nicht sofort therapeutische Nahrung und medizinische Hilfe erhalten. Diese ist jedoch nicht verfügbar.

„Die Geschwindigkeit, mit der sich diese katastrophale Hungerkrise bei Kindern im Gazastreifen entwickelt hat, ist schockierend, insbesondere, da die dringend benötigte Hilfe nur ein paar Kilometer entfernt bereitsteht“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Wir haben wiederholt versucht, mehr Hilfsgüter zu liefern, und wir haben wiederholt gefordert, dass die Herausforderungen, mit denen wir uns seit Monaten im Hinblick auf den Zugang zur humanitären Hilfe konfrontiert sehen, adressiert werden. Stattdessen verschlechtert sich die Situation der Kinder mit jedem Tag. Unsere Bemühungen, lebensrettende Hilfe zu leisten, werden durch unnötige Beschränkungen behindert, und diese kosten Kinder ihr Leben.“

Erstmals erhobene Daten in Khan Younis im mittleren Teil des Gazastreifens zeigen, dass dort 28 Prozent der Kinder unter zwei Jahren akut mangelernährt sind – zehn Prozent von ihnen leiden bereits unter schwerer Auszehrung.

Selbst in Rafah, mit dem meisten Zugang zu Hilfsgütern, hat sich die Zahl der akut mangelernährten Kinder unter zwei Jahren von fünf Prozent im Januar auf zehn Prozent Ende Februar verdoppelt. Die Zahl der schwer mangelernährten Kinder vervierfachte sich innerhalb eines Monats von einem Prozent auf mehr als vier Prozent.

Seit Dezember warnen UN-Organisationen vor der Gefahr einer Hungersnot im Gazastreifen. Im Januar wurde der Notfallgrenzwert für akute Mangelernährung bei Kindern überschritten – und die Zahl der akut mangelernährten Kinder wächst weiter. Ohne angemessene humanitäre Hilfe und die Wiederherstellung der Grundversorgung drohen mehr Kinder ihr Leben zu verlieren.

UNICEF liefert dringend benötigte Hilfsgüter einschließlich therapeutischer Nahrung, Spezialmilch und Mikronährstoffpulver mit Eisen und anderen wichtigen Nährstoffen für Schwangere. In dieser Woche sollen weitere Hilfsgüter eintreffen, doch dies reicht angesichts der großen Not nicht aus.

„Wir tun alles, was wir können, um zu verhindern, dass sich die humanitäre Krise in Gaza weiter verschärft, aber es reicht nicht aus“, sagte Russell. „Ein sofortiger humanitärer Waffenstillstand ist nach wie vor die einzige Chance, das Leben von Kindern zu retten und ihrem Leid ein Ende zu setzen. Und wir brauchen weitere Grenzübergänge über den Landweg, die uns ermöglichen, in großem Umfang Hilfsgüter zu liefern, auch in den nördlichen Gazastreifen. Und wir benötigen die Sicherheitsgarantien und den ungehinderten Zugang innerhalb des Gazastreifens, die für die Verteilung der Hilfsgüter erforderlich sind, ohne Verzögerungen und Einschränkungen.“

UNICEF bittet weiterhin um Spenden für die Nothilfe Nahostkonflikt, um lebensrettende Hilfe für Kinder leisten zu können.

Für Redaktionen:

Bild- und Videomaterialien stehen hier für die Berichterstattung zur Verfügung.


 

20.02.2024 – Zunehmende Mangelernährung im Gazastreifen bedroht das Leben von Kindern

Genf/New York/Rom/Wien – Besonders ernst ist die Lage im Norden, wo eines von sechs Kindern unter zwei Jahren akut mangelernährt ist.

Ein steiler Anstieg der Mangelernährung bei Kindern, schwangeren und stillenden Frauen im Gazastreifen stellt eine ernste Bedrohung für ihre Gesundheit dar. Dies geht aus einer umfassenden neuen Analyse hervor, die vom Global Nutrition Cluster veröffentlicht wurde.

Während der Konflikt im Gazastreifen in die 20. Woche geht, sind Nahrungsmittel und sauberes Wasser unglaublich knapp geworden und Krankheiten grassieren, was die Ernährung und Immunität von Frauen und Kindern beeinträchtigt und zu einem Anstieg der akuten Mangelernährung führt.

Der Bericht „Nutrition Vulnerability and Situation Analysis Gaza“ stellt fest, dass die Situation im nördlichen Gazastreifen, der seit Wochen fast vollständig von der Versorgung abgeschnitten ist, besonders extrem ist. Ernährungsanalysen, die in Unterkünften und Gesundheitszentren im Norden durchgeführt wurden, ergaben, dass 15,6 %  (oder 1 von 6 Kindern unter zwei Jahren) akut mangelernährt sind. Davon leiden fast 3 % an schwerer Auszehrung, der lebensbedrohlichsten Form der Mangelernährung, die bei Kleinkindern das höchste Risiko für medizinische Komplikationen und den Tod birgt, wenn sie nicht dringend behandelt werden. Da die Daten im Jänner erhoben wurden, dürfte die Situation heute noch gravierender sein.

Ähnliche Untersuchungen im südlichen Gazastreifen, in Rafah, wo mehr Hilfe zur Verfügung stand, ergaben, dass 5 % der Kinder unter zwei Jahren akut mangelernährt sind. Dies ist ein klarer Beweis dafür, dass der Zugang zu humanitärer Hilfe notwendig ist und dazu beitragen kann, die schlimmsten Folgen zu verhindern. Außerdem wird die Forderung der Hilfsorganisationen, Rafah vor den drohenden verstärkten Militäroperationen zu schützen, verstärkt.

„Der Gazastreifen steht kurz vor einer Explosion vermeidbarer Todesfälle bei Kindern, die das ohnehin schon unerträgliche Ausmaß des Kindersterbens im Gazastreifen noch verschlimmern würde“, sagte Ted Chaiban, stellvertretender UNICEF-Exekutivdirektor für humanitäre Maßnahmen und Versorgungseinsätze. „Wir warnen schon seit Wochen davor, dass der Gazastreifen am Rande einer Ernährungskrise steht. Wenn der Konflikt jetzt nicht beendet wird, wird sich die Ernährungslage der Kinder weiter verschlechtern, was zu vermeidbaren Todesfällen oder Gesundheitsproblemen führen wird, die die Kinder im Gazastreifen für den Rest ihres Lebens beeinträchtigen und möglicherweise generationsübergreifende Folgen haben werden.“

Vor den Feindseligkeiten der letzten Monate war die Auszehrung im Gazastreifen selten, nur 0,8 % der Kinder unter 5 Jahren waren akut mangelernährt. Die Rate von 15,6 % der mangelernährten Kinder unter zwei Jahren im nördlichen Gazastreifen deutet auf einen ernsthaften und schnellen Rückgang hin. Eine derartige Verschlechterung des Ernährungszustands einer Bevölkerung innerhalb von drei Monaten ist weltweit beispiellos.

Aufgrund des alarmierenden Mangels an Nahrungsmitteln, Wasser sowie Gesundheits- und Ernährungsdiensten besteht ein hohes Risiko, dass die Mangelernährung im gesamten Gazastreifen weiter zunehmen wird:

  • 90 % der Kinder unter 2 Jahren und 95 % der schwangeren und stillenden Frauen leiden unter schwerer Nahrungsmittelarmut, d. h. sie haben am Vortag zwei oder weniger Nahrungsmittelgruppen verzehrt, und die Nahrungsmittel, zu denen sie Zugang haben, sind von geringstem Nährwert.
  • 95 % der Haushalte schränken Mahlzeiten und Portionsgrößen ein, wobei 64 % der Haushalte nur eine Mahlzeit pro Tag zu sich nehmen.
  • Mehr als 95 % der Haushalte gaben an, dass sie die Nahrungsmenge für Erwachsene eingeschränkt haben, um sicherzustellen, dass kleine Kinder etwas zu essen haben.

„Der steile Anstieg der Mangelernährung, den wir im Gazastreifen beobachten, ist gefährlich und absolut vermeidbar“, sagte Valerie Guarnieri, stellvertretende Exekutivdirektorin des WFP für Programmarbeit. „Vor allem Kinder und Frauen brauchen ständigen Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln, sauberem Wasser und Gesundheits- und Ernährungsdiensten. Damit dies möglich ist, müssen wir die Sicherheit und den Zugang für humanitäre Hilfe entscheidend verbessern und zusätzliche Einreisemöglichkeiten für Hilfsgüter nach Gaza schaffen.“

Unzureichendes sauberes Trinkwasser sowie unzureichendes Wasser zum Kochen und für Hygienezwecke verstärken die schlechte Ernährungslage. Im Durchschnitt hatten die befragten Haushalte Zugang zu weniger als einem Liter sauberem Wasser pro Person und Tag. Gemäß den humanitären Standards beträgt die Mindestmenge an sicherem Wasser, die in einer Notsituation benötigt wird, drei Liter pro Person und Tag, während der allgemeine Standard bei 15 Litern pro Person liegt, was ausreichende Mengen zum Trinken, Waschen und Kochen beinhaltet.

Hungrig, durstig und geschwächt werden immer mehr Menschen im Gazastreifen krank. Dem Bericht zufolge sind mindestens 90 % der Kinder unter fünf Jahren von einer oder mehreren Infektionskrankheiten betroffen. 70 % der Kinder hatten in den letzten zwei Wochen Durchfall, eine 23-fache Zunahme im Vergleich zum Basisjahr 2022.

„Hunger und Krankheit sind eine tödliche Kombination“, sagte Dr. Mike Ryan, Exekutivdirektor des WHO-Programms für Gesundheitsnotfälle. „Hungrige, geschwächte und zutiefst traumatisierte Kinder werden eher krank, und kranke Kinder, insbesondere mit Durchfall, können Nährstoffe nicht gut aufnehmen. Das ist gefährlich und tragisch, und es geschieht vor unseren Augen“.

Ohne weitere humanitäre Hilfe wird sich die Ernährungslage im Gazastreifen wahrscheinlich weiter rapide und in großem Umfang verschlechtern. Da die meisten Gesundheits-, Wasser- und Abwassersysteme stark geschädigt sind, müssen die noch funktionierenden Einrichtungen unbedingt geschützt und verstärkt werden, um die Ausbreitung von Krankheiten einzudämmen und eine Verschlimmerung der Unterernährung zu verhindern.

UNICEF, WFP und WHO fordern einen sicheren, ungehinderten und dauerhaften Zugang zur dringenden Bereitstellung sektorübergreifender humanitärer Hilfe im gesamten Gazastreifen. Dazu gehören nahrhafte Lebensmittel, Nahrungsmittellieferungen und wichtige Dienstleistungen für unterernährte und gefährdete Kinder und Frauen, die einen sicheren Zugang zu Gesundheits- und Ernährungsversorgung und Behandlungsdiensten benötigen, insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder unter fünf Jahren. Krankenhäuser und medizinisches Personal müssen vor Angriffen geschützt werden, damit sie wichtige Behandlungen und Pflegeleistungen sicher erbringen können. Ein sofortiger humanitärer Waffenstillstand bietet weiterhin die beste Chance, Leben zu retten und das Leiden zu beenden.

UNICEF bittet weiterhin um Spenden für die Nothilfe Nahostkonflikt, um lebensrettende Hilfe für Kinder leisten zu können.

Hinweise für Redaktionen:

Aufgrund von Sicherheits- und Zugangsproblemen im gesamten Gazastreifen ist es nahezu unmöglich, anthropometrische Daten zu erheben, um die Raten der akuten Mangelernährung zu messen. Die Erhebung anthropometrischer Daten (MUAC) war nur in zwei Gebieten (Nord-Gaza und Rafah) bei Kindern unter zwei Jahren möglich. Im Bericht wurde daher eine innovative Analysemethode angewandt, um diese Daten zu untermauern und festzustellen, dass die akute Mangelernährung im gesamten Gazastreifen zunimmt. Mit dieser Methode wurden Daten zu den Ursachen der Unterernährung – Mangel an Nahrungsmitteln, Krankheitsraten, fehlender Zugang zu sauberem Wasser und fehlende Gesundheitsdienste – analysiert, die über Telefon- und SMS-Fragebögen erhoben wurden. Aus der Analyse der Hauptursachen können wir schließen, dass die akute Unterernährung im gesamten Gazastreifen rasch zunimmt.

Den Bericht finden Sie auf der Website des Nutrition Clusters.


 

09.02.2024 – Gazastreifen: Statement zur Lage in Rafah

New York/Wien – Statement von UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell zur Situation in Rafah.

„UNICEF appelliert dringend an die Parteien, von einer militärischen Eskalation im Gouvernement Rafah im Gazastreifen abzusehen, wo über 600.000 Kinder und ihre Familien vertrieben wurden, viele von ihnen mehr als einmal.

Eine Eskalation der Kämpfe in Rafah, das bereits unter der außerordentlichen Zahl von Menschen leidet, die aus anderen Teilen des Gazastreifens vertrieben wurden, würde eine weitere verheerende Wendung in einem Krieg bedeuten, der Berichten zufolge bereits über 27.000 Menschen, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, getötet hat.

Tausende weitere Menschen könnten durch die Gewalt oder durch den Mangel an lebenswichtigen Dienstleistungen und die weitere Unterbrechung der humanitären Hilfe sterben. Die letzten verbliebenen Krankenhäuser, Notunterkünfte, Märkte und Wasserversorgungssysteme in Gaza müssen funktionsfähig bleiben. Ohne sie werden Hunger und Krankheiten in die Höhe schnellen und weitere Kinderleben fordern.

Ich appelliere an alle Konfliktparteien, sich an ihre Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht zu halten. Dazu gehört, dass sie die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur so weit wie möglich schonen, die Grundbedürfnisse der Zivilbevölkerung befriedigen und einen schnellen, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe ermöglichen. Militäroperationen in dicht besiedelten Wohngebieten können wahllose Auswirkungen haben.

Wir brauchen einen sofortigen humanitären Waffenstillstand im Gazastreifen und die sichere und sofortige Freilassung aller Geiseln – vor allem der Kinder – die so viel gelitten haben.

Ein humanitärer Waffenstillstand wird Leben retten. Sie wird eine Ausweitung der humanitären Hilfe ermöglichen und dazu beitragen, den Kindern, deren Leben und Zukunft auf dem Spiel steht, den besten Schutz zu bieten.“

Bitte spenden Sie weiterhin für die UNICEF Nothilfe Nahostkonflikt.


 

31.01.2024 – „Wir können die Menschen in Gaza nicht im Stich lassen“

New York/Genf/Rom/Wien – Erklärung der Leitenden des „Inter-Agency Standing Committee“.

„Die Anschuldigungen, dass mehrere UNRWA-Mitarbeiter:innen an den abscheulichen Anschlägen auf Israel am 7. Oktober beteiligt waren, sind entsetzlich. Wie der Generalsekretär gesagt hat, wird jeder und jede UN-Mitarbeiter:in, der in Terrorakte verwickelt ist, zur Rechenschaft gezogen werden.

Wir dürfen jedoch nicht eine ganze Organisation daran hindern, ihren Auftrag zu erfüllen, Menschen in verzweifelter Not zu helfen.

Die erschütternden Ereignisse, die sich seit dem 7. Oktober in Gaza häufen, haben Hunderttausende Menschen obdachlos gemacht und an den Rand einer Hungersnot getrieben. Das UNRWA, die größte humanitäre Organisation im Gazastreifen, hat Nahrungsmittel, Unterkünfte und Schutz bereitgestellt, selbst als die eigenen Mitarbeiter:innen vertrieben und getötet wurden.

Die Entscheidung verschiedener Mitgliedstaaten, die Mittel für das UNRWA einzustellen, wird katastrophale Folgen für die Menschen in Gaza haben. Keine andere Organisation ist in der Lage, die 2,2 Millionen Menschen im Gazastreifen in dem Umfang und in der Bandbreite zu unterstützen, wie sie es dringend benötigen.

Wir fordern, dass diese Entscheidungen überdacht werden.

Das UNRWA hat eine umfassende, unabhängige Überprüfung der Organisation angekündigt, und das Büro für interne Aufsichtsdienste der Vereinten Nationen wurde aktiviert.

Die Streichung von Mitteln für das UNRWA ist gefährlich und würde zum Zusammenbruch des humanitären Systems in Gaza führen, was weitreichende humanitäre und menschenrechtliche Folgen in den besetzten palästinensischen Gebieten und in der gesamten Region hätte.

Die Welt darf die Menschen in Gaza nicht im Stich lassen.“

Unterzeichnende:

Martin Griffiths, Nothilfekoordinator und Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten (OCHA)

Jane Backhurst, Vorsitzende, ICVA (Christian Aid)

Jamie Munn, Geschäftsführender Direktor, Internationaler Rat der Freiwilligenagenturen (ICVA)

Amy E. Pope, Generaldirektorin, Internationale Organisation für Migration (IOM)

Volker Türk, Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR)

Paula Gaviria Betancur, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Menschenrechte von Binnenvertriebenen (SR für die Menschenrechte von Binnenvertriebenen)

Achim Steiner, Administrator, Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP)

Dr. Natalia Kanem, Exekutivdirektorin, Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA)

Filippo Grandi, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR)

Michal Mlynár, Exekutivdirektor a.i., Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen (UN-Habitat)

Catherine Russell, Exekutivdirektorin, UN-Kinderhilfswerk (UNICEF)

Sima Bahous, Untergeneralsekretärin und Exekutivdirektorin, UN Women

Cindy McCain, Exekutivdirektorin, Welternährungsprogramm (WFP)

Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor, Weltgesundheitsorganisation (WHO)


 

19.01.2024 – Nahostkonflikt: Ins Leid geboren

Genf/Wien – Eine Zusammenfassung der Aussagen von UNICEF-Kommunikationsspezialistin Tess Ingram – der der zitierte Text zugeschrieben werden kann – nach ihrem siebentägigen Aufenthalt im Gazastreifen bei einer Pressekonferenz im Palais des Nations in Genf.

„In den 105 Tagen dieser Eskalation im Gazastreifen sind fast 20.000 Babys in den Krieg hineingeboren worden. Das bedeutet, dass alle zehn Minuten ein Baby in diesen grausamen Krieg hineingeboren wird.

Letzte Woche um diese Zeit verbrachte ich Zeit mit Müttern im Emirati Krankenhaus in Rafah im Gaza-Streifen.

Der Tag dort war eine willkommene Erinnerung an die Kraft des Lebens inmitten des Kriegschaos. Aber es war auch der herzzerreißendste der sieben Tage, die ich in Gaza verbrachte.

Ich möchte Ihnen vier kurze Beispiele nennen, die für die Erfahrungen Tausender Frauen sprechen.

Iman – rannte im achten Monat schwanger und voller Angst durch die Straßen von Gaza-Stadt, als diese angegriffen wurde. Jetzt, 46 Tage nach einem Kaiserschnitt, liegt sie mit einer schweren Infektion im Krankenhaus. Sie ist zu schwach, um ihr Baby Ali zu halten.

Mashael – ihr Haus im mittleren Bereich wurde getroffen, ihr Mann mehrere Tage lang unter den Trümmern begraben und dann hörte ihr Baby auf, sich in ihr zu bewegen. Sie sagt, dass sie jetzt, etwa einen Monat später, sicher ist, dass das Baby tot ist. Sie wartet immer noch auf medizinische Hilfe. Sie sagt mir, es sei das Beste, „wenn ein Baby nicht in diesen Albtraum hineingeboren wird“

Amal – während eines Angriffs unter Trümmern begraben, als sie im sechsten Monat schwanger war. Das Baby hat sich eine Woche lang nicht bewegt. Glücklicherweise wurde Baby Sama am Tag vor unserem Treffen gesund geboren. Aber Amal ist verletzt und krank und bereitete sich darauf vor, Sama nach Hause zu bringen… in eine notdürftige Unterkunft auf den Straßen von Rafah.

Und: Krankenschwester Webda hat in den letzten acht Wochen bei sechs toten Frauen einen Notkaiserschnitt durchgeführt. Sie erzählt mir: „Es gibt auch mehr Fehlgeburten wegen der ungesunden Luft und des Rauchs durch die Bombardierung. Das ist schon öfter passiert, als ich zählen kann“.

Die Situation der schwangeren Frauen und der Neugeborenen im Gazastreifen ist unfassbar und erfordert verstärkte und sofortige Maßnahmen.

Die ohnehin schon prekäre Situation der Säuglings- und Müttersterblichkeit hat sich mit dem Zusammenbruch des Gesundheitssystems weiter verschlechtert.

Die Mütter stehen vor unvorstellbaren Herausforderungen, wenn sie vor, während und nach der Geburt Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung, Ernährung und Schutz haben.

Das Emirati Krankenhaus in Rafah versorgt jetzt die große Mehrheit der schwangeren Frauen im Gazastreifen.

Aufgrund der Überbelegung und der begrenzten Ressourcen ist das Personal gezwungen, Mütter innerhalb von drei Stunden nach einem Kaiserschnitt zu entlassen.

Unter diesen Bedingungen sind die Mütter dem Risiko von Fehlgeburten, Totgeburten, Frühgeburten, Müttersterblichkeit und emotionalen Traumata ausgesetzt.

Angesichts der Überbelegung und der begrenzten Ressourcen ist das Personal gezwungen, Mütter innerhalb von drei Stunden nach einem Kaiserschnitt zu entlassen.

Diese Bedingungen gefährden die Mütter durch Fehlgeburten, Totgeburten, Frühgeburten, Müttersterblichkeit und emotionale Traumata.

Das Kriegstrauma wirkt sich auch direkt auf die Neugeborenen aus und führt zu einer höheren Rate an Unterernährung, Entwicklungsproblemen und anderen gesundheitlichen Komplikationen.

Und schwangere und stillende Frauen und Kinder leben unter unmenschlichen Bedingungen: notdürftige Unterkünfte, schlechte Ernährung und unsicheres Wasser. Dadurch sind etwa 135.000 Kinder unter zwei Jahren von schwerer Mangelernährung bedroht.

Wir dürfen nicht vergessen, dass dies in der südlichen Hälfte des Gazastreifens geschieht. Trotz unermüdlicher Bemühungen ist es UNICEF nicht gelungen, in den Norden vorzudringen, wo die Situation unglaublich viel schlimmer ist.

Zu sehen, wie neugeborene Babys leiden, während einige Mütter verbluten, sollte uns alle nachts wachhalten. Die Tatsache, dass zwei sehr junge israelische Kinder, die am 7. Oktober entführt wurden, noch immer nicht freigelassen wurden, sollte uns ebenfalls wachhalten.

In der Zeit, die ich gebraucht habe, um dies zu schreiben, wurde wahrscheinlich ein weiteres Baby geboren, aber wozu? Werden sie, wie Amal, in eine notdürftige Unterkunft zurückkehren? Haben sie Angst, dass das Wasser ihr Baby krank machen könnte? Besorgt darüber, was das Baby essen wird?

Mutter zu werden, sollte ein Anlass zum Feiern sein. In Gaza ist es ein weiteres Kind, das in der Hölle geboren wird.

Die Menschheit darf nicht länger zulassen, dass diese verzerrte Version von Normalität fortbesteht. Mütter und Neugeborene brauchen einen humanitären Waffenstillstand“

UNICEF bittet weiterhin um Unterstützung für die Nothilfe Nahostkonflikt.

Für Redaktionen

Foto- und Videomaterial passend zum Thema.


 

15.01.2024 – Gaza: Die Verhinderung einer Hungersnot und von Ausbrüchen tödlicher Krankheiten erfordert einen schnelleren und sicheren Zugang zu Hilfsgütern

Rom/Genf/New York/Wien – Da die Gefahr einer Hungersnot wächst und immer mehr Menschen tödlichen Krankheitsausbrüchen ausgesetzt sind, müssen die humanitären Hilfslieferungen in den Gazastreifen dringend umgestaltet werden, warnten die Organisationen der Vereinten Nationen heute.

Die Leiter des Welternährungsprogramms (WFP), von UNICEF und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärten, dass die Versorgung des Gazastreifens mit Hilfsgütern jetzt von folgenden Faktoren abhängt: Öffnung neuer Einreiserouten, mehr Lastwagen, die täglich die Grenzkontrollen passieren dürfen, weniger Beschränkungen für die humanitären Helfer:innen und Sicherheitsgarantien für die Mitarbeiter:innen, die die Hilfsgüter abholen und verteilen.

Ohne die Möglichkeit, Lebensmittel zu produzieren oder einzuführen, ist die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens auf Hilfe angewiesen, um zu überleben. Doch humanitäre Hilfe allein kann die Grundbedürfnisse der Menschen in Gaza nicht befriedigen. Den Vereinten Nationen, internationalen Hilfsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen ist es bisher gelungen, trotz außerordentlich schwieriger Bedingungen in begrenztem Umfang humanitäre Hilfe im Gazastreifen zu leisten, aber die Mengen reichen bei weitem nicht aus, um eine tödliche Kombination aus Hunger, Mangelernährung und Krankheiten zu verhindern. Der Mangel an Nahrungsmitteln, sauberem Wasser und medizinischer Hilfe ist in den nördlichen Gebieten besonders groß.

Humanitäre Maßnahmen werden durch die Schließung aller Grenzübergänge bis auf zwei im Süden und das mehrstufige Prüfverfahren für Lastwagen, die in den Gazastreifen einfahren, stark eingeschränkt. Sobald man im Gazastreifen ist, werden die Bemühungen um die Einrichtung von Versorgungsstellen für die Bedürftigen durch Bombardierungen und ständig wechselnde Kampffronten behindert, die das Leben der Menschen im Gazastreifen und der UN-Mitarbeiter:innen und anderer humanitärer Organisationen, die ihnen helfen wollen, gefährden.

„Die Menschen im Gazastreifen laufen Gefahr, nur wenige Kilometer von Lastwagen mit Nahrungsmitteln entfernt zu verhungern“, sagte WFP-Exekutivdirektorin Cindy McCain. „Jede verlorene Stunde gefährdet unzählige Menschenleben. Wir können die Hungersnot in Schach halten, aber nur, wenn wir genügend Nahrungsmittel liefern und einen sicheren Zugang zu allen Bedürftigen haben, egal wo sie sind.“

Der jüngste Bericht der Integrierten Klassifizierung der Ernährungssicherheit und der Ernährungsphase (IPC) stellte ein verheerendes Ausmaß an Ernährungsunsicherheit im Gazastreifen fest und bestätigte, dass sich die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens – etwa 2,2 Millionen Menschen – in einer Krise oder einem noch schlimmeren Stadium der akuten Ernährungsunsicherheit befindet. Praktisch alle Palästinenser im Gazastreifen lassen täglich Mahlzeiten ausfallen, während viele Erwachsene hungern, damit die Kinder essen können, und in dem Bericht wird vor einer Hungersnot gewarnt, wenn die derzeitigen Bedingungen anhalten.

Seit dem 7. Oktober versorgt das WFP die Menschen im Gazastreifen täglich mit Nahrungsmitteln und erreichte im Dezember mehr als 900.000 Menschen mit Nahrungsmittelhilfe. Dies erforderte eine Neuausrichtung der Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern, u. a. bei der Suche nach sicheren Orten für die Verteilung, bei der Versorgung von Bäckereien mit Weizenmehl, damit diese ihre Produktion wieder aufnehmen können, und bei der Verteilung von speziellen Nahrungsergänzungsmitteln, die Kindern helfen sollen, Mangelernährung zu bekämpfen. Am Donnerstag lieferte der erste WFP-Nahrungsmittelkonvoi in den nördlichen Gazastreifen seit der humanitären Pause Lebensmittel für rund 8.000 Menschen.

Der Konflikt hat auch wichtige Infrastrukturen und Dienste in den Bereichen Wasser, Abwasser und Gesundheit beschädigt oder zerstört und die Kapazitäten zur Behandlung von schwerer Mangelernährung und Ausbrüchen von Infektionskrankheiten eingeschränkt. Die 335.000 Kinder unter fünf Jahren im Gazastreifen sind besonders gefährdet. UNICEF geht davon aus, dass die Auszehrung von Kindern, die lebensbedrohlichste Form der Unterernährung bei Kindern, in den nächsten Wochen im Vergleich zu den Bedingungen vor der Krise um fast 30 Prozent zunehmen könnte, was bis zu 10.000 Kinder betreffen würde.

„Kinder, die einem hohen Risiko ausgesetzt sind, an Mangelernährung und Krankheiten zu sterben, brauchen dringend medizinische Behandlung, sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen, aber die Bedingungen vor Ort erlauben es uns nicht, die bedürftigen Kinder und Familien sicher zu erreichen“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell.  „Einige der Materialien, die wir dringend für Reparaturen und die Verbesserung der Wasserversorgung benötigen, dürfen weiterhin nicht nach Gaza gelangen. Das Leben von Kindern und ihren Familien steht auf dem Spiel. Jede Minute zählt.“

UNICEF warnt seit November davor, dass Kinder im südlichen Gazastreifen nur 1,5 bis 2 Liter Wasser pro Tag zur Verfügung haben, was weit unter dem empfohlenen Bedarf zum Überleben liegt. UNICEF und seine Partner haben bereits über 1,3 Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt, aber es ist noch viel mehr nötig, um die verzweifelte Lage zu verbessern. UNICEF hat auch medizinische Hilfsgüter bereitgestellt, darunter 600.000 Dosen Impfstoff, Nahrungsergänzungsmittel und Vitamine für Kinder und schwangere Frauen, sowie humanitäre Geldtransfers für überlebende Kinder.

Seit Beginn der Kampfhandlungen unterstützen die WHO und ihre Partner das Gesundheitssystem im Gazastreifen mit der Lieferung von medizinischer Ausrüstung und Hilfsgütern, Medikamenten und Treibstoff, der Koordinierung medizinischer Notfallteams und der Überwachung von Krankheiten. Es gab mehr als ein Dutzend Hochrisiko-Missionen zur Versorgung von Krankenhäusern im nördlichen und südlichen Gazastreifen.  Die WHO und ihre Partner halfen bei der Einrichtung von zwei Küchen im Al-Shifa-Krankenhaus, in denen nun täglich 1.200 Mahlzeiten ausgegeben werden, und lieferten medizinische Hilfsgüter für die Behandlung von bis zu 1.250 Kindern mit schwerer akuter Unterernährung sowie für die Einrichtung von therapeutischen Ernährungszentren.

„Die Menschen in Gaza leiden unter dem Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser, Medikamenten und angemessener medizinischer Versorgung. Eine Hungersnot wird die ohnehin schon schreckliche Situation noch katastrophaler machen, weil kranke Menschen eher dem Hungertod erliegen und hungernde Menschen anfälliger für Krankheiten sind“, sagte WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus. „Wir brauchen ungehinderten, sicheren Zugang, um Hilfsgüter zu liefern, und einen humanitären Waffenstillstand, um weiteres Sterben und Leiden zu verhindern.“

Die israelische Genehmigung zur Nutzung eines funktionierenden Hafens in der Nähe des Gazastreifens und der Grenzübergänge im Norden ist für die Hilfsorganisationen von entscheidender Bedeutung. Der Zugang zum Hafen von Ashdod, der etwa 40 km nördlich liegt, würde es ermöglichen, wesentlich größere Mengen an Hilfsgütern anzuliefern, die dann direkt in die schwer betroffenen nördlichen Regionen des Gazastreifens transportiert werden könnten, die bisher nur wenige Konvois erreichen konnten.

„Der Fluss der Hilfe war ein Rinnsal im Vergleich zu einem Meer von humanitären Bedürfnissen“, sagte Phillip Lazzarini, Generalkommissar des UN-Palästina-Flüchtlingswerks (UNRWA).  „Die humanitäre Hilfe wird nicht ausreichen, um den sich verschlimmernden Hunger in der Bevölkerung zu bekämpfen. Kommerzielle Lieferungen sind unabdingbar, damit die Märkte und der Privatsektor wieder geöffnet werden können und eine Alternative für den Zugang zu Nahrungsmitteln geschaffen wird.“

Die Leiter:innen der Hilfsorganisationen betonen die dringende Notwendigkeit, die Hindernisse und Beschränkungen für Hilfslieferungen nach und innerhalb des Gazastreifens aufzuheben und den Handelsverkehr wieder aufzunehmen. Sie riefen erneut zu einer humanitären Waffenruhe auf, um diese lebenswichtige humanitäre Operation, die von mehreren Organisationen durchgeführt wird, zu ermöglichen.

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05.01.2024 – Verschärfung des Konflikts: Mangelernährung und Krankheiten bedrohen das Leben von über 1,1 Millionen Kindern im Gazastreifen

New York/Wien – Die Zahl der Durchfallerkrankungen bei Kindern ist in nur einer Woche um 50 Prozent gestiegen, und 90 Prozent der Kinder unter zwei Jahren leiden jetzt unter „schwerer Nahrungsmittelarmut“.

Das Leben der Kinder im Gazastreifen ist dreifach bedroht: Die Zahl der Krankheitsfälle steigt, die Ernährungslage verschlechtert sich und die Eskalation der Gewalt geht in die vierzehnte Woche.

Tausende Kinder sind bereits an den Folgen der Gewalt gestorben, während sich die Lebensbedingungen für Kinder weiter rapide verschlechtern. Die Zahl der Durchfallerkrankungen und der Mangel an Nahrungsmitteln bei Kindern nimmt zu, was das Risiko weiterer Todesfälle bei Kindern erhöht.

„Die Kinder in Gaza sind in einem Alptraum gefangen, der sich mit jedem Tag verschlimmert“, sagt Catherine Russell, UNICEF-Exekutivdirektorin. „Kinder und Familien im Gazastreifen werden bei den Kämpfen weiterhin getötet und verletzt, und ihr Leben ist zunehmend durch vermeidbare Krankheiten und den Mangel an Nahrung und Wasser gefährdet. Alle Kinder und die Zivilbevölkerung müssen vor Gewalt geschützt werden und Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen und Versorgungsgütern haben.“

Die Zahl der Durchfallerkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren stieg in nur einer Woche ab dem 17. Dezember von 48.000 auf 71.000 Fälle, was 3.200 Neuerkrankungen pro Tag entspricht. Der erhebliche Anstieg der Fälle in einem so kurzen Zeitraum ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich die Gesundheit der Kinder im Gazastreifen rapide verschlechtert. Vor der Eskalation des Konflikts wurden durchschnittlich 2.000 Fälle von Durchfall bei Kindern unter fünf Jahren pro Monat verzeichnet. Dieser jüngste Anstieg bedeutet eine erschreckende Zunahme von etwa 2.000 Prozent.

Seit die „Integrated Food Security Phase Classification“ Ende Dezember vor der Gefahr einer Hungersnot im Gazastreifen gewarnt hat, stellt UNICEF fest, dass immer mehr Kinder ihren grundlegenden Ernährungsbedarf nicht decken können. Laut einer UNICEF-Umfrage vom 26. Dezember nehmen etwa 90 Prozent der Kinder unter zwei Jahren zwei oder weniger Lebensmittelgruppen zu sich. Bei der gleichen Umfrage, die zwei Wochen zuvor durchgeführt wurde, waren es noch 80 Prozent der Kinder. Die meisten Familien gaben an, ihre Kinder bekämen nur Getreide – einschließlich Brot – oder Milch und erfüllten damit die Definition von „schwerer Nahrungsmittelarmut“. Auch die Ernährungsvielfalt für schwangere und stillende Frauen ist stark beeinträchtigt: 25 Prozent haben am Vortag nur eine Nahrungsmittelsorte gegessen, fast 65 Prozent sogar nur zwei.

Die sich verschlechternde Situation lässt befürchten, dass die akute Mangelernährung und die Sterblichkeitsrate die Schwelle zur Hungersnot überschreiten. UNICEF ist besonders besorgt über die Ernährung von mehr als 155.000 schwangeren Frauen und stillenden Müttern sowie von mehr als 135.000 Kindern unter zwei Jahren, da diese einen speziellen Ernährungsbedarf haben und besonders anfällig sind.

Wenn Mangelernährung und Krankheiten zusammenkommen und unbehandelt bleiben, entsteht ein tödlicher Kreislauf. Es ist erwiesen, dass Kinder mit schlechtem Gesundheitszustand und schlechter Ernährung anfälliger für schwere Infektionen wie akute Diarrhöe sind. Akuter und langanhaltender Durchfall verschlimmert den schlechten Gesundheitszustand und die Mangelernährung von Kindern erheblich und setzt sie einem hohen Sterberisiko aus.

Der Konflikt hat die wichtigsten Wasser-, Sanitär- und Gesundheitssysteme im Gazastreifen beschädigt oder zerstört und die Möglichkeiten zur Behandlung schwerer Mangelernährung eingeschränkt. Darüber hinaus können vertriebene Kinder und ihre Familien angesichts des alarmierenden Mangels an sicherem Wasser und sanitären Einrichtungen nicht das zur Vorbeugung von Krankheiten erforderliche Hygieneniveau aufrechterhalten, so dass viele von ihnen auf der Straße ihre Notdurft verrichten. In der Zwischenzeit sind die wenigen funktionierenden Krankenhäuser so sehr damit beschäftigt, die hohe Zahl der durch den Konflikt verletzten Patient:innen zu versorgen, dass sie nicht in der Lage sind, Krankheitsausbrüche angemessen zu behandeln.

Seit Beginn des Konflikts hat UNICEF lebenswichtige Hilfsgüter in den Gazastreifen geliefert, darunter Impfstoffe, medizinische Hilfsgüter, Hygienesets, gebrauchsfertige Säuglingsnahrung, spezielle Zusatznahrung, Nährstoffzusätze und gebrauchsfertige therapeutische Nahrung zur frühzeitigen Vorbeugung und Behandlung von akuter Mangelernährung. UNCIEF hat außerdem Treibstoff, Wasser, Wassertanks und Kanister, mobile Toiletten, Planen, Zelte, Winterkleidung und Decken geliefert.

UNICEF fordert die Wiederaufnahme des Handelsverkehrs, damit die Regale der Geschäfte wieder aufgefüllt werden können, und eine sofortige humanitäre Waffenruhe, um das Leben der Zivilbevölkerung zu retten und das Leid zu lindern.

„UNICEF arbeitet daran, die lebensrettende Hilfe zu leisten, die die Kinder in Gaza so dringend benötigen. Aber wir brauchen dringend einen besseren und sichereren Zugang, um das Leben der Kinder zu retten“, sagt Russell. „Die Zukunft Tausender weiterer Kinder in Gaza steht auf dem Spiel. Die Welt kann nicht tatenlos zusehen. Die Gewalt und das Leiden der Kinder müssen aufhören.“

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