Genf/Wien – Erklärung von Regina De Dominicis, UNICEF-Regionaldirektorin für Europa und Zentralasien.

„Pornografische Inhalte können das Wohlergehen und die Sicherheit von Kindern tiefgreifend beeinträchtigen, und wir sind zutiefst beunruhigt über die enorme Menge an online verfügbarer Pornografie – einschließlich zunehmend grafischer und extremer Inhalte, die für Kinder leicht zugänglich sind.

Während der Zugang von Kindern zu Pornografie in nicht-digitalen Medien in vielen Ländern effektiv eingeschränkt wurde, waren die Bemühungen, dasselbe in digitalen Umgebungen zu erreichen, bislang nicht erfolgreich.

Zudem wissen wir: Wenn Kinder Pornografie sehen, die missbräuchliche und gewalttätige Handlungen zeigt, könnten sie solches Verhalten als normal und akzeptabel ansehen.

Gewalt – insbesondere gegen Frauen und Mädchen – ist ein historisches und systemisches Problem. Heute jedoch verschärfen digitale Technologien diese Problematik und schaffen neue Formen von Gewalt.

Auch wenn weitere Forschung notwendig ist, sehen wir bereits Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Konsum gewalttätiger sexueller Inhalte durch Kinder und der Ausübung oder dem Risiko sexueller Gewalt durch oder gegen sie selbst.

Eine aktuelle Meta-Analyse mit 16.200 Kindern hat ergeben, dass Kinder, die gewalttätigen sexuellen Inhalten ausgesetzt waren, 2,5-mal häufiger problematische sexuelle Verhaltensweisen zeigen.

Die Bemühungen, Inhalte zu regulieren und den Zugang von Kindern zu pornografischen Inhalten einzuschränken, konnten mit dem technologischen Wandel, der sowohl das Konsumverhalten als auch die Risiken für Kinder grundlegend verändert hat, nicht Schritt halten.

Alle Akteure – einschließlich Regierungen – müssen dringend gemeinsam gegen schädliche soziale und kulturelle Normen vorgehen, die Gewalt gegen Mädchen und Jungen online und offline ermöglichen. Dazu gehört auch die Fortführung dieser Normen durch gewalttätige Inhalte. Ein Wandel dieser Normen muss in der Kindheit beginnen und mit dem Heranwachsen der Kinder weiterentwickelt werden.

UNICEF fordert die Durchsetzung gesetzlicher und regulatorischer Rahmenbedingungen zum Schutz von Kindern vor technologiegestützter Gewalt und Ausbeutung; Bildungsangebote, die digitale Kompetenz sowie Online-Sicherheit und -Schutz vermitteln und Vertrauen sowie sichere und gesunde Beziehungen fördern; einen besseren Zugang zu Programmen für positive Erziehung und Unterstützungsangebote für Betreuungspersonen – von der frühen Kindheit bis zur Adoleszenz; sowie spezialisierte Unterstützung für Kinder, die schädliches Verhalten zeigen.

Anbieter digitaler Dienste sowie Internet- und Technologiekonzerne müssen altersgerechte Schutzmaßnahmen, Risikomanagement, Benutzerkontrollen und Werkzeuge zur Meldung von Online-Gefahren bereitstellen – damit Eltern die notwendige Unterstützung leisten und Kinder sich sicher in digitalen Räumen bewegen können.

Die Beziehung zwischen Online-Erfahrungen und dem Verhalten von Kindern ist komplex. Aber eines ist klar: Der Wandel tief verwurzelter, schädlicher Stereotype – online wie offline – muss im Zentrum dieser Bemühungen stehen.“

Für Redaktionen

Das Policy-Paper „Adolescence in Europe: The complex relationship between online experiences and violent behaviour“ als PDF.

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