Eine schwangere Frau in Guatemala wird von einer Ärztin untersucht.

Länder müssen sich erneut verpflichten, Todesfälle bei Geburten zu beenden – trotz großer Herausforderungen.

Genf/New York/Wien – Frauen haben heute bessere Überlebenschancen bei Schwangerschaft und Geburt als je zuvor, so ein neuer umfassender Bericht, der heute veröffentlicht wurde. Doch Organisationen der Vereinten Nationen (UN) warnen vor einem erheblichen Rückschritt, da weltweit beispiellose Kürzungen bei Hilfsgeldern in Kraft treten.

Anlässlich des Weltgesundheitstags veröffentlicht, zeigt der UN-Bericht „Trends in der Müttersterblichkeit“ einen weltweiten Rückgang der Müttersterblichkeit um 40 % zwischen 2000 und 2023 – vor allem dank eines besseren Zugangs zu grundlegenden Gesundheitsdiensten. Dennoch zeigt der Bericht auch, dass sich das Tempo der Verbesserung seit 2016 deutlich verlangsamt hat: Schätzungsweise 260.000 Frauen starben 2023 an Komplikationen während Schwangerschaft oder Geburt – das entspricht etwa einem Todesfall alle zwei Minuten.

Der Bericht erscheint zu einer Zeit, in der humanitäre Finanzierungskürzungen schwerwiegende Auswirkungen auf grundlegende Gesundheitsversorgung in vielen Regionen der Welt haben. Länder sind gezwungen, lebenswichtige Dienste für Mütter-, Neugeborenen- und Kindergesundheit zurückzufahren. Diese Kürzungen haben zur Schließung von Einrichtungen, zum Verlust von Gesundheitspersonal und zur Störung von Lieferketten für lebensrettende Medikamente geführt – etwa für Behandlungen bei Blutungen, Präeklampsie und Malaria – alles führende Ursachen für Müttersterblichkeit.

Ohne sofortiges Handeln, warnen die UN-Organisationen, werden schwangere Frauen in vielen Ländern gravierende Folgen zu spüren bekommen – insbesondere in humanitären Kontexten, in denen die Müttersterblichkeit bereits alarmierend hoch ist.

Dieser Bericht lässt zwar einen Hoffnungsschimmer erkennen, doch er zeigt auch, wie gefährlich Schwangerschaft in vielen Teilen der Welt nach wie vor ist – obwohl es Lösungen zur Verhütung und Behandlung der meisten Komplikationen gibt“, sagte Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO). „Neben dem Zugang zu hochwertiger geburtshilflicher Versorgung ist es entscheidend, die grundlegende Gesundheit und die reproduktiven Rechte von Frauen und Mädchen zu stärken – sie sind die Grundlage für gesunde Schwangerschaften und darüber hinaus.

Der Bericht enthält zudem erstmals eine globale Analyse der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Überleben von Müttern. Im Jahr 2021 starben schätzungsweise 40.000 Frauen mehr infolge von Schwangerschaft oder Geburt – ein Anstieg von 282.000 im Vorjahr auf 322.000. Dieser Anstieg war sowohl auf direkte Komplikationen durch COVID-19 als auch auf weit verbreitete Unterbrechungen der geburtshilflichen Versorgung zurückzuführen. Das unterstreicht die Bedeutung einer kontinuierlichen medizinischen Betreuung während Pandemien und anderen Notlagen – schwangere Frauen brauchen sowohl verlässliche Routineuntersuchungen als auch jederzeit zugängliche Notfallversorgung.

UNICEF: Mütter und Kinder sterben an vermeidbaren Ursachen

Wenn eine Mutter während der Schwangerschaft oder Geburt stirbt, ist auch das Leben ihres Kindes in Gefahr. Viel zu oft verlieren wir beide durch Ursachen, die vermeidbar wären“, sagte Catherine Russell, Exekutivdirektorin von UNICEF. „Globale Kürzungen der Gesundheitsfinanzierung setzen schwangere Frauen – vor allem in fragilen Regionen – zunehmend einem Risiko aus, indem sie ihnen den Zugang zu grundlegender Versorgung und Unterstützung während der Geburt verwehren. Die Welt muss dringend in Hebammen, Pflegekräfte und Gesundheitspersonal in den Gemeinden investieren, damit jede Mutter und jedes Kind die Chance hat zu überleben und zu gedeihen.

Der Bericht weist auf anhaltende Ungleichheiten zwischen Regionen und Ländern sowie auf ungleichmäßige Fortschritte hin. Mit einem Rückgang der Müttersterblichkeit um rund 40 % zwischen 2000 und 2023 erzielte Subsahara-Afrika bedeutende Fortschritte – und war eine von nur drei UN-Regionen (neben Australien/Neuseeland und Zentral-/Südasien), die nach 2015 einen signifikanten Rückgang verzeichneten. Dennoch entfielen 2023 rund 70 % der weltweiten mütterlichen Todesfälle weiterhin auf Subsahara-Afrika – bedingt durch hohe Armutsraten und zahlreiche Konflikte.

Ein Zeichen für die verlangsamten Fortschritte ist die Stagnation der Müttersterblichkeit in fünf Regionen seit 2015: Nordafrika und Westasien, Ost- und Südostasien, Ozeanien (ohne Australien und Neuseeland), Europa und Nordamerika sowie Lateinamerika und die Karibik.

Der Zugang zu qualitativ hochwertiger geburtshilflicher Versorgung ist ein Recht, kein Privileg – und wir alle tragen die dringende Verantwortung, gut ausgestattete Gesundheitssysteme zu schaffen, die das Leben jeder schwangeren Frau und jedes Neugeborenen schützen“, sagte Dr. Natalia Kanem, Exekutivdirektorin des UN-Bevölkerungsfonds UNFPA. „Durch den Ausbau von Lieferketten, den Hebammenberuf und differenzierte Datenanalysen, um gefährdete Gruppen zu identifizieren, können und müssen wir das Drama vermeidbarer Müttersterblichkeit und ihre verheerenden Auswirkungen auf Familien und Gesellschaften beenden.

Laut Bericht sind schwangere Frauen in humanitären Notlagen weltweit besonders gefährdet. Fast zwei Drittel der weltweiten Müttersterblichkeit treten inzwischen in fragilen oder von Konflikten betroffenen Ländern auf. Für Frauen in diesen Situationen sind die Risiken erschütternd: Ein 15-jähriges Mädchen hat ein Risiko von 1 zu 51, im Laufe ihres Lebens an einer Schwangerschaft oder Geburt zu sterben – im Vergleich zu 1 zu 593 in stabileren Ländern. Das höchste Risiko besteht in Tschad und der Zentralafrikanischen Republik (1 zu 24), gefolgt von Nigeria (1 zu 25), Somalia (1 zu 30) und Afghanistan (1 zu 40).

Über die kritische Versorgung während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett hinaus betont der Bericht die Bedeutung eines umfassenderen Ansatzes zur Frauengesundheit – durch verbesserten Zugang zu Familienplanung sowie zur Prävention von Grunderkrankungen wie Anämie, Malaria und nicht übertragbaren Krankheiten, die Risiken erhöhen. Ebenso wichtig ist es, Mädchen in der Schule zu halten und Frauen und Mädchen das Wissen und die Ressourcen an die Hand zu geben, ihre Gesundheit selbstbestimmt zu schützen.

Dringende Investitionen sind notwendig, um Müttersterblichkeit zu verhindern. Die Welt liegt derzeit nicht auf Kurs, das UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung im Bereich Müttergesundheit zu erreichen. Um das Ziel bis 2030 zu erreichen, müsste die globale Müttersterblichkeitsrate jährlich um etwa 15 % sinken – derzeit liegt der Rückgang nur bei etwa 1,5 % pro Jahr.

Für Redaktionen

Zum Bericht auf der Website der WHO.

Fotomaterial passend zum Thema (WHO).

Datenhintergrund:

Das SDG-Ziel für Müttersterblichkeit sieht vor, bis 2030 eine globale Müttersterblichkeitsrate (MMR) von weniger als 70 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten zu erreichen. 2023 lag der globale MMR bei geschätzten 197 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten – ein Rückgang von 211 im Jahr 2020 und 328 im Jahr 2000.

Der Bericht enthält aufgeschlüsselte Daten für folgende Regionen (gemäß SDG-Berichterstattung): Zentral- und Südasien; Subsahara-Afrika; Nordamerika und Europa; Lateinamerika und Karibik; Westasien und Nordafrika; Australien und Neuseeland; Ostasien und Südostasien sowie Ozeanien ohne Australien und Neuseeland.

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