
Hier finden Sie eine Sammlung von Nachrichtenbeiträgen und Statements aus Afghanistan 2021.
Sehen Sie sich auch die allgemeinen Informationen zur Arbeit von UNICEF in Afghanistan an.
23.12.2021 – Not in Afghanistan: „Wenn wir jetzt nicht rasch handeln, werden viele Kinder den Frühling nicht erleben.“
Kabul/Köln/Wien – Wintereinbruch und Unterbrechung lebenswichtiger Ernährungs- und Gesundheitsdienste bedrohen Gesundheit von Kindern. Kinder am Hindukusch leiden an Lungenentzündung, Masern und akuten Durchfallerkrankungen.
Kinder in Afghanistan sind aufgrund der tödlichen Kombination aus Mangelernährung, einer noch nie dagewesenen Hungerkrise, Dürre, sinkenden Temperaturen, Wassermangel sowie der Unterbrechung lebenswichtiger Gesundheits- und Ernährungsdienste zunehmend anfällig für lebensbedrohliche Krankheiten.
Vor dem Hintergrund der sich zunehmend verschlechternden humanitären Lage gefährden Krankheitsausbrüche das Leben der Kinder in Afghanistan. Seit Beginn des Jahres wurden bereits mehr als 66.000 Masernfälle gemeldet und vier Infektionsfälle mit dem Polio-Wildvirus Typ 1 (WPV-1) bestätigt. Gleichzeitig breiten sich Dengue-Fieber, akute Durchfallerkrankungen und Malaria weiter aus.
Durch das harte Winterwetter, das in vielen Gebieten Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt erreicht, steigt das Risiko von Lungenentzündungen und akuten Atemwegserkrankungen. Gleichzeitig haben die Menschen Mühe, ihr Zuhause zu heizen und ihre Kinder warm zu halten. Kinder, die in höher gelegenen Regionen leben, sind besonders gefährdet und benötigen dringend lebensrettende Winterhilfe, einschließlich wärmender Winterkleidung, Decken und Brennstoff zum Heizen. Schätzungsweise 25-30 Prozent der Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren sind auf Infektionen der Atemwege zurückzuführen, 90 Prozent davon auf Lungenentzündungen.
„Wir nähern uns einem kritischen Punkt für Kinder in Afghanistan, denn der Winter bringt eine Vielzahl von Gefahren für ihre Gesundheit mit sich“, sagt Abdul Kadir Musse, UNICEF-Leiter in Afghanistan. „Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wenn wir jetzt nicht rasch handeln – und sicherstellen, dass uns die Mittel zur Verfügung stehen, um zusätzliche finanzielle Hilfen und Wintervorräte bereitzustellen – werden viele Kinder den Frühling nicht erleben.“
Mehr als 24 Millionen Menschen am Hindukusch sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, die Hälfte davon Kinder. Anfang Dezember hat UNICEF seinen Nothilfeaufruf für Afghanistan veröffentlicht – den bisher größten Aufruf für ein einzelnes Land. UNICEF benötigt im kommenden Jahr zwei Milliarden US-Dollar, um den drohenden Zusammenbruch grundlegender und lebenswichtiger Dienste für Kinder und Familien abzuwenden.
Im vergangenen Monat hat UNICEF unter anderem:
- die Gehälter von mehr als 10.000 Gesundheitsfachkräften in über 1.000 Gesundheitseinrichtungen bezahlt und mehr als 1.000 Gesundheitseinrichtungen mit medizinischen Hilfsgütern und Heizmaterialien unterstützt;
- die grundlegende Gesundheitsversorgung unterstützt, einschließlich Impfungen, auch durch den Einsatz von mobilen Gesundheits- und Ernährungsteams;
- rund 105.000 Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren mit Masernimpfungen erreicht;
- eine Impfkampagne gegen Polio für 8,5 Millionen Kinder unterstützt – davon zwei Millionen Kinder in bisher unzugänglichen Gebieten;
- 37.000 Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung behandelt;
- 22.000 Menschen mit Trinkwasser erreicht und
- Bargeldbeiträge sowie Winterkleidung in die ärmsten und am stärksten vom Winter betroffenen Provinzen gebracht.
UNICEF geht davon aus, dass im kommenden Jahr eins von zwei Kindern unter fünf Jahren von akuter Mangelernährung betroffen sein werden. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen wird auch im nächsten Jahr weiter auf der Basis der humanitären Grundprinzipien lebensrettende Hilfe für Kinder leisten, dazu beitragen, grundlegende Dienste aufrechtzuerhalten und gleichzeitig hart erkämpfte Fortschritte verteidigen, einschließlich der Rechte von Frauen und Mädchen.
UNICEF zählt auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, Ausnahmen von Sanktionen zu erleichtern, damit Kinder in Afghanistan rechtzeitig mit Hilfsgütern und lebenswichtigen Diensten erreicht werden können.
01.10.2021 – Afghanistan: Zwei Tonnen UNICEF-Hilfsgüter sind eingetroffen
Kabul/Zürich/Wien – Dank einer Luftbrücke der EU zur Bereitstellung humanitärer Hilfe ist vorgestern das erste Flugzeug mit lebensrettenden medizinischen Hilfsgütern von UNICEF in Kabul eingetroffen.
Die Luftbrücke der „European Civil Protection and Humanitarian Aid Operations (ECHO)“ ermöglichte die Lieferung von 32 Tonnen lebenswichtiger Medikamente, Antibiotika, oralen Rehydrationssalzen sowie medizinischen und chirurgischen Hilfsgütern. Damit soll der Bedarf von 100.000 Kindern und Frauen in den nächsten drei Monaten gedeckt werden.
Die Hilfsgüter werden dringend benötigt. Gesundheitseinrichtungen in ganz Afghanistan kämpfen mit gravierenden Engpässen bei der Versorgung mit Arzneimitteln und Medikamenten.
„Diese medizinischen Hilfsgüter kommen zu einem wichtigen Zeitpunkt für Kinder und Mütter in Afghanistan, die unter der eskalierenden Gesundheits- und Ernährungskrise leiden“, sagt Herve Ludovic De Lys, UNICEF-Vertreter in Afghanistan. „Wir danken der EU für ihre Unterstützung, die sicherstellt, dass Kinder und Mütter die grundlegende Gesundheitsversorgung erhalten können, die sie benötigen.“
Dies ist die erste von zwei Sendungen, die in den kommenden Tagen über die ECHO-Luftbrücke nach Kabul geflogen werden soll.
01.09.2021 – „Wir dürfen die Kinder in Afghanistan nicht im Stich lassen“
Kathmandu/Wien – Statement von George Laryea-Adjei, UNICEF-Regionaldirektor für Südasien, nach seiner Rückkehr aus Kabul.
“In den vergangenen Wochen haben Kinder, die am wenigsten für die Krise in Afghanistan verantwortlich sind, den höchsten Preis für die Verschärfung des Konflikts und der Unsicherheit gezahlt. Sie wurden nicht nur aus ihren Häusern vertrieben und von ihren Schulen und Freunden abgeschnitten, sondern auch einer grundlegenden medizinischen Versorgung beraubt, die sie vor Krankheiten wie Polio und Tetanus schützt.
Angesichts der Sicherheitskrise, der in die Höhe schießenden Lebensmittelpreise, der schweren Dürre, der Ausbreitung von Covid-19 und des bevorstehenden schweren Winters sind die Kinder heute mehr als je in Gefahr.
Wenn wir nicht handeln, wird nach UNICEF-Prognosen eine Million Kinder unter fünf Jahren in Afghanistan an lebensbedrohlicher schwerer akuter Mangelernährung leiden. Mehr als 4 Millionen Kinder, darunter 2,2 Millionen Mädchen, gehen bereits jetzt nicht zur Schule. Rund 300.000 Kinder mussten plötzlich ihr Zuhause verlassen, einige noch im Schlafanzug, andere, während sie gerade über ihren Schulbüchern saßen. Zu viele von ihnen haben Dinge erlebt und mit angesehen, die kein Kind je erleben sollte. Kinder und Jugendliche haben Angst und benötigen dringend psychologische Unterstützung.
Uns ist bekannt, dass einige Partner erwägen, ihre Hilfe für Afghanistan zu kürzen. Das ist sehr besorgniserregend und wirft wichtige Fragen auf:
Werden wir genug Mittel haben, um die Gesundheitszentren am Laufen zu halten und sicherzustellen, dass schwangere Frauen entbinden können, ohne ihr Leben zu riskieren?
Werden wir genug Mittel haben, um die Schulen offen zu halten und zu gewährleisten, dass Mädchen und Jungen ihre Kindheit an sicheren Orten verbringen können, wo sie gefördert werden?
Werden wir über genügend Mittel verfügen, um das Leben von hunderttausenden schwer mangelernährten Kindern zu retten?
UNICEF ist seit 65 Jahren in Afghanistan und ist in allen Regionen des Landes vor Ort. Wir sind in Kontakt mit Ansprechpartnern, damit wir unsere Hilfe in allen Regionen ausbauen können. Wir unterstützen bereits mobile Gesundheits- und Ernährungsteams in Lagern für Binnenvertriebene, richten kinderfreundliche Orte, Ernährungszentren und Impfstellen ein, stellen zusätzliche lebensrettende Hilfsgüter bereit und unterstützen Tausende von Schülerinnen und Schülern in Schulklassen in ihren Dörfern.
Doch benötigen wir mehr Mittel. Junge Menschen und Kinder brauchen dringend Zugang zu grundlegendsten Dienstleistungen – das wissen wir von ihnen selbst. Die humanitäre Gemeinschaft kann ihnen mit ausreichender Unterstützung helfen. UNICEF benötigt 192 Millionen US-Dollar für die Nothilfe in Afghanistan und wir rufen die Regierungen dringend auf, ihre Unterstützung für die bedürftigen Familien und Kinder angesichts der sich zuspitzenden humanitären Krise zu verstärken.
Die Not der Kinder in Afghanistan war noch nie so groß wie heute. Wir dürfen sie jetzt nicht im Stich lassen.“
20.08.2021 – Statement von UNICEF Afghanistan
Ein Statement von Hervé Ludovic De Lys, Leiter von UNICEF Afghanistan, zur Präsenz von UNICEF im Land: „Wir sind in Afghanistan, um zu bleiben.“
„Während der letzten Phase des bewaffneten Konflikts bis zur endgültigen Einnahme von Kabul vor wenigen Tagen hat UNICEF weiter dringend benötigte Hilfe für die Kinder Afghanistans geleistet. Trotz all der offenen Fragen, die noch vor uns liegen, steht fest: UNICEF ist hier, um zu bleiben und für jedes Kind und jede Frau in Afghanistan da zu sein.
UNICEF ist seit 65 Jahren hier, und wir werden nicht gehen. Es trifft zu, dass die Taliban uns in einigen Provinzen gebeten haben, die Arbeit zu unserer eigenen Sicherheit solange zu unterbrechen, bis die Ordnung wiederhergestellt ist. Aber wir sind täglich in fast allen Provinzen in Kontakt mit den örtlichen Machthabern. Ihre Botschaft ist eindeutig: Sie wollen, dass wir bleiben und unsere Arbeit in Afghanistan fortsetzen.
Wir haben konstruktive Gespräche mit den neuen Machthabern geführt, um unsere operative Präsenz im ganzen Land zu schützen, und wir sind zuversichtlich, dass wir unsere Arbeit für Frauen und Kinder in den kommenden Tagen ausweiten können.
UNICEF stockt seine humanitäre Hilfe im Land auf. Kurzfristig stellen wir in Lagern für Binnenflüchtlinge mobile Gesundheits- und Ernährungsteams zur Verfügung. UNICEF und seine Partner verstärken die Wasserversorgung in den Lagern für Binnenvertriebene und in den von Dürre betroffenen Gebieten, um die Not zu lindern. Längerfristig und sobald wir Ansprechpartner in der neuen Regierung haben, will UNICEF die aktuellen Partnerschaften mit nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen stärken und die Arbeitsmodalitäten mit den Fachministerien klären.
Wir sehen die Chance, noch mehr Menschen im Land zu erreichen – zum Beispiel annähernd 500.000 unzureichend ernährte Kinder in schwer erreichbaren und bisher unzugänglichen Gebieten. Wir hoffen auch, dass wir bei der Bekämpfung der Kinderlähmung einen großen Schritt machen können. Afghanistan ist eines der beiden polio-endemischen Länder der Welt. Eine unserer größten Herausforderungen in den letzten Jahren war der Zugang zu den Gemeinden, einschließlich privater Wohnhäuser und Moscheen, um die Kinder zu impfen. Wir hoffen nun, dass der Zugang einfacher wird.
Ich glaube, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern bei der Gates-Stiftung die Chance haben, die Kinderlähmung auszurotten, in enger Zusammenarbeit mit der WHO. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um allen Gebern und Spendern zu danken, die es uns ermöglicht haben, in Afghanistan zu arbeiten. Ohne ihre Unterstützung könnten wir unsere Hilfe nicht ausweiten und lebensrettende Maßnahmen für die verletzlichsten Kinder und Frauen ergreifen.
Wir befinden uns in Afghanistan in einer Übergangsphase; niemand kann vorhersagen, was als nächstes passiert. Aber ich kann Ihnen sagen, dass erst gestern in Herat im Westen des Landes die Grund- und Sekundarschulen geöffnet wurden und in Marouf im Süden des Landes 1.500 Kinder zur Schule gingen, darunter 500 Mädchen. Und die Tatsache, dass die Gesundheitskommission gestern alle Ärzte, Krankenschwestern und Mitarbeiter des Gesundheitswesens, einschließlich der Frauen, aufgefordert hat, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, ist ein ermutigendes Zeichen.
Angesichts einer halben Million Binnenvertriebener und über 18 Millionen Menschen, die humanitäre Hilfe benötigen, von denen die Hälfte Kinder sind, ist der Bedarf jedoch groß. Das Land wird nach wie vor von einer Dürre heimgesucht. Wenn nicht dringend gehandelt wird, werden bis Ende 2021 eine Million Kinder unter 5 Jahren schwer unterernährt sein.
Bislang hat UNICEF im Jahr 2021 1,7 Millionen Menschen mit humanitärer Hilfe erreicht. Wir benötigen im Jahr 2021 noch 76 Millionen US-Dollar, um den verletzlichsten Menschen, insbesondere Kindern, lebensrettende Hilfe zukommen zu lassen. Diese lebensrettende Arbeit braucht dauerhaften Frieden und Stabilität.
Um zu den am schwersten erreichbaren Kindern zu kommen, setzt sich UNICEF bei allen Parteien für einen sicheren und ungehinderten Zugang ein, im Einklang mit den internationalen Core Commitments for Children in Emergencies sowie den humanitären Grundsätzen.
Wir hoffen, dass wir zusammen mit der neuen Führung in Afghanistan auch die Kinder, die früher nicht erreicht wurden, mit lebensrettenden Gesundheitsdiensten und Bildung versorgen können, insbesondere Mädchen.“
17.08.2021 – Krise in Afghanistan: UNICEF bleibt vor Ort
Mit jedem Tag fordert der Konflikt in Afghanistan einen höheren Tribut von den Frauen und Kindern des Landes. Seit Anfang des Jahres wurden bereits mehr als 552 Kinder getötet und über 1.400 verletzt. Die Hälfte der Bevölkerung – mehr als 18 Millionen Menschen in dem Land, darunter fast 10 Millionen Kinder – benötigt humanitäre Hilfe.
Afghanistan gilt seit vielen Jahren als einer der schlimmsten Orte der Welt, um ein Kind zu sein. In den letzten Wochen beobachtet UNICEF eine besorgniserregende Zunahme schwerer Menschenrechtsverletzungen, insbesondere die Rekrutierung von Kindern durch bewaffnete Gruppen.
Auch angesichts der eskalierenden Krise geht die Arbeit von UNICEF für Kinder und Familien im ganzen Land weiter. Wir sind in allen Regionen des Landes präsent. Wir sind seit 65 Jahren in Afghanistan. In dieser Zeit haben wir Netzwerke in den Gemeinden und Vertrauen zu vielen Menschen und Einrichtungen aufgebaut, mit denen wir gemeinsam Hilfe für Kinder im ganzen Land leisten.
UNICEF hat landesweit 11 Büros und eine Reihe von Partnern, die uns dabei unterstützen, lebensrettende Hilfsgüter an die am meisten benachteiligten Menschen zu liefern. Die Fortführung dieser Arbeit und die Unterstützung für die Frauen und Kinder in Afghanistan ist wichtiger denn je.
In diesem Jahr konnte UNICEF trotz der angespannten und sich verschärfenden Sicherheitslage zusammen mit seinen Partnern bereits 1,7 Millionen Menschen mit humanitärer Hilfe unterstützen.
Die Spielräume für humanitäre Maßnahmen sind in der aktuellen Situation begrenzt. Wir haben trotzdem nicht vor, das Land zu verlassen.