Amman/Genf/Wien – Die Treibstoffkrise verschärft täglichen Überlebenskampf der Familien. Dies ist eine Zusammenfassung der Aussagen von UNICEF-Sprecher James Elder, dem alle in Anführungszeichen stehenden Aussagen zugeordnet werden können – bei der heutigen Pressekonferenz im Palais des Nations in Genf.
„In einem Krieg, der bereits durch seine Brutalität geprägt ist, steht Gaza nun am tödlichsten Punkt. Derzeit sind nur noch 40 Prozent der Trinkwasser-Produktionsanlagen in Gaza funktionsfähig (87 von 217). Ohne Treibstoff werden in wenigen Wochen alle stillstehen.
Seit nach den entsetzlichen Angriffen vom 7. Oktober 2023 sämtliche Stromversorgung nach Gaza gekappt wurde, ist Treibstoff unverzichtbar, um Wasser für mehr als zwei Millionen Palästinenser*innen zu gewinnen, aufzubereiten und zu verteilen.
Wenn die seit über 100 Tagen andauernde Blockade gegen die Einfuhr von Treibstoff nach Gaza nicht endet, werden Kinder an Durst sterben. Krankheiten breiten sich bereits aus, und das Chaos gewinnt zunehmend die Oberhand.
Während die Alarmglocken zu Recht wegen der Ernährungslage in Gaza schrillen – erst gestern berichtete UNICEF von einem Anstieg um 50 Prozent bei Kindern (6 Monate bis 5 Jahre), die im Mai im Vergleich zum April wegen akuter Mangelernährung behandelt werden mussten – darf das Thema Wasser nicht in den Hintergrund rücken.
Um es auf den Punkt zu bringen: Gaza steht vor einer menschengemachten Dürre. Die Wasserversorgung bricht zusammen.
Doch gerade weil sie menschengemacht ist, kann sie gestoppt werden. Keines dieser Probleme ist logistischer oder technischer Natur. Es ist politisch. Die Verweigerung ist zur Politik geworden. Mit politischem Willen könnte die Wasserkrise über Nacht entschärft werden – Treibstoff würde bedeuten, dass hunderte Grundwasserbrunnen wieder Wasser fördern und innerhalb eines Tages die Versorgung wiederhergestellt wird. Aber die Zeit läuft davon.
Zur Veranschaulichung: Ohne Treibstoff werden Meerwasserentsalzungsanlagen, die ohnehin nur eingeschränkt arbeiten, ganz abgeschaltet – kritische Membrane in den Anlagen würden beschädigt. Ohne Treibstoff kann kein Wasser mehr transportiert werden – Millionen Liter bleiben aus. An zentralen Produktionsstellen ersetzen inzwischen Esel zunehmend die Lkw. Das ist der letzte Atemzug eines kollabierenden Systems. Ein Eselskarren fasst kaum 500 Liter. Ein Lkw 15.000. Und selbst die Esel werden langsamer – es gibt kaum noch Futter, das sie auf den Beinen hält.
Treibstoff ist auch das, was Gazas ohnehin zerstörtes Gesundheitssystem gerade noch zusammenhält. Ohne ihn stehen Krankenhausgeneratoren still, die Sauerstoffproduktion endet, lebenserhaltende Maschinen fallen aus. Krankenwagen fahren nicht. Brutkästen gehen aus. Treibstoff zu verweigern heißt nicht nur, Versorgung zu unterbrechen – es bedeutet, Überleben zu verhindern.
Auch die Abwassersysteme sind zerstört. Fäkalien fließen mittlerweile in provisorische Unterkünfte und Zelte. Es gibt bereits Verdachtsfälle von Hepatitis A und E – beide hochansteckend.
Und zur Ernährung: Genauso wie die Wasserkrise ist auch die Mangelernährung menschengemacht. In Gaza verschärfen diese beiden Krisen sich gegenseitig zu einem tödlichen Kreislauf. Im Durchschnitt wurden seit Jahresbeginn täglich mehr als 110 Kinder (6 Monate bis 5 Jahre) wegen Mangelernährung behandelt.
Anfang des Monats sagte mir ein Freund in Gaza: ‚Wir haben gelernt, ohne vieles zu leben. Ohne unsere Häuser; ohne Sicherheit; ohne geliebte Menschen … aber wir können nicht ohne Nahrung leben.‘
Diese Woche sagte er dann: ‚Wir haben gelernt, ohne vieles zu leben. Ohne unsere Häuser; ohne Sicherheit; ohne geliebte Menschen … wir haben sogar gelernt, eine Woche oder länger ohne Nahrung zu überleben – aber wir können nicht mehrere Tage ohne Wasser überleben.‘
UNICEF sagt es ganz klar: Dies ist Gazas kritischster Moment, seit dieser Krieg gegen Kinder begann – eine erschütternde Marke, die nochmals unterboten wird. Eine faktische Blockade ist in Kraft; humanitäre Hilfe wird systematisch ausgebremst; das tägliche Töten von Mädchen und Buben in Gaza bleibt unbeachtet; und nun kappt eine absichtlich herbeigeführte Treibstoffkrise den Palästinenser*innen ihr grundlegendstes Überlebensmittel: Wasser.“
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