Ein zweijähriger mangelernährter Bub im Gazastreifen sitzt bei seiner Mutter am Schoß.

Rom/Genf/New York/Wien – FAO, UNICEF, WFP und WHO bekräftigen ihren Aufruf zu einem sofortigen Waffenstillstand und ungehindertem humanitären Zugang, um den Hungertod und Mangelernährung einzudämmen

Mehr als eine halbe Million Menschen in Gaza befinden sich in einer Hungersnot, die durch weit verbreiteten Hunger, Elend und vermeidbare Todesfälle gekennzeichnet ist. Das geht aus einer heute veröffentlichten Analyse der Integrated Food Security Phase Classification (IPC) hervor. Die Hungersnotbedingungen, die bereits im Gouvernement Gaza bestehen, werden sich laut Prognosen in den kommenden Wochen auch auf die Gouvernements Deir al-Balah und Khan Younis ausweiten.

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), das Welternährungsprogramm (WFP) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betonen gemeinsam und fortwährend die extreme Dringlichkeit eines sofortigen und umfassenden humanitären Eingreifens angesichts der zunehmenden hungerbedingten Todesfälle, der sich rapide verschlechternden akuten Mangelernährung und des dramatischen Rückgangs des Nahrungsmittelkonsums – Hunderttausende Menschen verbringen mehrere Tage ohne jegliche Nahrung.

Sofortiger Waffenstillstand für ein Ende der Hungersnot im Gazastreifen

Die Organisationen bekräftigen: Die Hungersnot muss um jeden Preis gestoppt werden. Ein sofortiger Waffenstillstand und ein Ende des Konflikts sind entscheidend, um eine ungehinderte, groß angelegte humanitäre Hilfe zu ermöglichen, die Leben retten kann. Die Organisationen äußern zudem große Besorgnis über die drohende Intensivierung der militärischen Offensive in Gaza-Stadt und jede weitere Eskalation des Konflikts, da dies katastrophale Folgen für die Zivilbevölkerung hätte – insbesondere dort, wo bereits Hungersnot herrscht. Viele Menschen – insbesondere kranke und mangelernährte Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen – könnten nicht evakuiert werden.

Bis Ende September werden mehr als 640.000 Menschen im gesamten Gazastreifen mit katastrophaler Ernährungssicherheit – klassifiziert als IPC-Phase 5 – konfrontiert sein. Weitere 1,14 Millionen Menschen befinden sich in einer Notlage (IPC-Phase 4) und 396.000 Menschen in einer Krisensituation (IPC-Phase 3). Die Lage im Norden Gazas wird als genauso schwerwiegend – oder noch schlimmer – eingeschätzt wie in Gaza-Stadt. Aufgrund unzureichender Daten konnte jedoch keine IPC-Klassifikation vorgenommen werden, was den dringenden Bedarf an Zugang zur Bewertung und Hilfeleistung verdeutlicht. Rafah wurde nicht analysiert, da es weitgehend entvölkert zu sein scheint.

Krieg und Vertreibung treiben die Bevölkerung im Gazastreifen in eine Hungersnot

Die Klassifizierung einer Hungersnot bedeutet, dass die extremste Stufe erreicht ist, sobald drei kritische Schwellenwerte – extreme Nahrungsmittelknappheit, akute Mangelernährung und hungerbedingte Todesfälle – überschritten wurden. Die aktuelle Analyse bestätigt nun auf der Grundlage hinreichender Beweise, dass diese Kriterien erfüllt sind.

Fast zwei Jahre Konflikt, wiederholte Vertreibungen und drastische Einschränkungen des humanitären Zugangs – verschärft durch wiederholte Unterbrechungen beim Zugang zu Nahrung, Wasser, medizinischer Hilfe, Unterstützung der Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei sowie dem Zusammenbruch der Gesundheits-, Sanitär- und Marktsysteme – haben die Menschen in den Hunger getrieben.

Der Zugang zu Lebensmitteln in Gaza ist nach wie vor stark eingeschränkt. Im Juli hat sich die Zahl der Haushalte, die von sehr schwerem Hunger betroffen sind, im Vergleich zum Mai verdoppelt und in Gaza-Stadt sogar verdreifacht. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung (39 %) gibt an, tagelang nichts zu essen zu haben, und Erwachsene verzichten regelmäßig auf Mahlzeiten, um ihre Kinder zu ernähren.

Die Mangelernährung bei Kindern in Gaza nimmt katastrophale Ausmaße an. Allein im Juli wurden über 12.000 Kinder als akut mangelernährt identifiziert – der höchste jemals verzeichnete Monatswert und eine Versechsfachung seit Jahresbeginn. Fast jedes vierte dieser Kinder leidet unter schwerer akuter Mangelernährung (SAM) – der tödlichsten Form mit kurz- und langfristigen Auswirkungen.

Mangelernährung trifft Kinder und Mütter am härtesten

Seit der letzten IPC-Analyse im Mai hat sich die Zahl der Kinder, die bis Ende Juni 2026 voraussichtlich vom Hungertod bedroht sind, von 14.100 auf 43.400 verdreifacht. Ebenso hat sich bei schwangeren und stillenden Frauen die geschätzte Zahl der Betroffenen verdreifacht, von 17.000 im Mai auf 55.000 Frauen, die bis Mitte 2026 unter gefährlichen Mangelernährungszuständen leiden werden. Die Auswirkungen sind sichtbar: Jedes fünfte Baby wird zu früh oder untergewichtig geboren.

Die neue Bewertung stellt die schwerwiegendste Verschlechterung seit Beginn der IPC-Analysen zu akuter Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung im Gazastreifen dar und markiert das erste Mal, dass eine Hungersnot offiziell im Nahen Osten festgestellt wurde.

Seit Juli sind die Lebensmittel- und Hilfslieferungen nach Gaza leicht gestiegen, bleiben aber im Vergleich zum Bedarf massiv unzureichend, inkonsistent und unzugänglich.

Landwirtschaft, Märkte und Gesundheitsversorgung am Boden

Gleichzeitig sind etwa 98 % des Ackerlands in dem Gebiet beschädigt oder unzugänglich, das bedeutet die nahezu vollständige Zerstörung der Landwirtschaft und der lokalen Nahrungsmittelproduktion. Neun von zehn Menschen wurden mehrfach aus ihren Häusern vertrieben. Bargeld ist extrem knapp, und Hilfsoperationen sind stark gestört – die meisten UN-Lkw wurden geplündert, angesichts wachsender Verzweiflung. Lebensmittelpreise sind extrem hoch, und es mangelt an Brennstoff, Wasser zum Kochen, Medikamenten und medizinischer Ausrüstung.

Das Gesundheitssystem im Gazastreifen ist massiv zusammengebrochen. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen ist drastisch eingeschränkt. Multiresistente Infektionen nehmen zu, und die Krankheitsrate – einschließlich Durchfall, Fieber, akuten Atemwegs- und Hautinfektionen – ist bei Kindern alarmierend hoch.

Um lebensrettende humanitäre Maßnahmen zu ermöglichen, betonen die UN-Organisationen die Notwendigkeit eines sofortigen und dauerhaften Waffenstillstands, um das Töten zu beenden, die sichere Freilassung von Geiseln zu ermöglichen und den ungehinderten Zugang für eine massive Hilfslieferung an die Bevölkerung im Gazastreifen zu gewährleisten. Sie unterstreichen den dringenden Bedarf an mehr Nahrungsmittelhilfe, mit deutlich verbessertem Zugang, Verteilung und Erreichbarkeit, sowie an Unterkünften, Brennstoff, Kochgas und Mitteln für die lokale Lebensmittelproduktion. Sie betonen die Notwendigkeit, das Gesundheitssystem wieder aufzubauen, grundlegende Gesundheitsdienste aufrechtzuerhalten und wiederherzustellen, einschließlich der Primärversorgung, und eine kontinuierliche Lieferung medizinischer Hilfsgüter innerhalb Gazas sicherzustellen. Die Wiederherstellung des kommerziellen Warenverkehrs, der Marktsysteme, grundlegender Dienstleistungen und der lokalen Produktion ist ebenfalls entscheidend, um das Schlimmste der Hungersnot zu verhindern.

Die Hungersnot ist für Kinder im Gouvernement Gaza bittere Realität und droht nun auch Deir al-Balah und Khan Younis“, sagte Catherine Russell, Exekutivdirektorin von UNICEF. „Wie wir immer wieder gewarnt haben, waren die Zeichen unübersehbar: Kinder mit ausgezehrten Körpern, zu schwach zum Weinen oder Essen; Babys, die an Hunger und vermeidbaren Krankheiten sterben; Eltern, die mit leeren Händen in Kliniken kommen. Es bleibt keine Zeit. Ohne sofortigen Waffenstillstand und vollständigen humanitären Zugang wird sich die Hungersnot ausbreiten, und noch mehr Kinder werden sterben. Kinder am Rande des Verhungerns brauchen die spezielle therapeutische Ernährung, die UNICEF bereitstellt.

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Hinweise für Redaktionen

Zugriff auf den IPC-Bericht.

Foto- und Videomaterial zur redaktionellen Nutzung.

Die Integrated Food Security Phase Classification (IPC) ist eine innovative Partnerschaft von 21 UN-Organisationen und internationalen NGOs zur Verbesserung der Analyse und Entscheidungsfindung in Bezug auf Ernährungssicherheit und Ernährungslage. Mithilfe der IPC-Klassifikation und der Analyseansätze arbeiten Regierungen, UN-Organisationen, NGOs, die Zivilgesellschaft und andere relevante Akteure zusammen, um das Ausmaß und die Schwere von akuter und chronischer Ernährungsunsicherheit sowie akuter Mangelernährung in einem Land gemäß international anerkannten wissenschaftlichen Standards zu bestimmen.

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