Amman/Wien – Stellungnahme von Edouard Beigbeder, UNICEF-Regionaldirektor für den Nahen Osten und Nordafrika, zu den tödlichen Risiken für über 450.000 Kinder in Gaza-Stadt angesichts zunehmender militärischer Angriffe.
„Die eskalierende Militäroffensive in Gaza-Stadt hat verheerende Folgen für über 450.000 Kinder, die bereits durch fast zwei Jahre unablässigen Krieges traumatisiert und erschöpft sind. Sie stehen am Rande des Überlebens, während sich sowohl Hungersnot als auch tödliche Gewalt ausbreiten.
UNICEF warnt vor einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe, da sich die Militäroperation ausweitet. Mit nur eingeschränktem oder gar keinem Zugang zu Unterkünften und Diensten führt die anhaltende Eskalation bereits zu unverhältnismäßig vielen zivilen Opfern und treibt den nahezu vollständigen Zusammenbruch der letzten lebenswichtigen Strukturen voran, auf die Kinder angewiesen sind, um zu überleben.
Kinder wie die dreijährige Wesam, die einzige Überlebende eines Mitternachtsangriffs auf ihr Schutzquartier im Viertel Zeitoun in Gaza-Stadt, sind besonders gefährdet. Ihr Bruder, ihre schwangere Mutter, ihr Vater und beide Großeltern wurden getötet. Sie selbst liegt schwer verletzt in einem Krankenhaus in Gaza-Stadt, wo ihr Bein beinahe amputiert werden musste.
Der Einsatz explosiver Waffen in dicht besiedelten Gebieten wie Gaza-Stadt hat verheerende und sich vervielfachende Folgen – er tötet und verstümmelt Zivilisten, darunter Kinder, zerstört Häuser, Schulen und lebenswichtige Wassersysteme – und birgt die Gefahr, die Stadt faktisch unbewohnbar zu machen.
In Gaza-Stadt ist Hungersnot bestätigt worden. Allein in den vergangenen zwei Monaten wurde bei über 10.000 Kindern akute Mangelernährung diagnostiziert. Wenn die Behandlung unterbrochen wird, besteht ein hohes Risiko, dass einige der derzeit 2.400 Kinder, die wegen schwerer akuter Mangelernährung behandelt werden, verhungern könnten. Der Handlungsdruck, Leben zu retten, war nie größer.
Wir sind außerdem äußerst besorgt über die Risiken für Frühgeborene in Brutkästen, verletzte Kinder auf Intensivstationen und Kinder mit Behinderungen, die angesichts der anhaltenden Gewalt sicher evakuiert werden müssen. Ärzte sind verzweifelt angesichts der begrenzten Möglichkeiten, ihre Patienten zu schützen. Es gibt keinen sicheren Ort.
Das Völkerrecht ist eindeutig: Kinder müssen jederzeit geschützt werden, ebenso wie die verbleibenden Dienste, auf die sie angewiesen sind. UNICEF bekräftigt seinen Aufruf an Israel, seinen rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, und fordert die Staats- und Regierungschefs der Welt auf, jetzt zu handeln, um eine noch größere Katastrophe zu verhindern.
Unterstreichend, wie besonders verletzlich Kinder sind, fordert UNICEF außerdem:
- Einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand, um das Töten und Verstümmeln zu beenden und die schwerwiegenden Verstöße gegen Kinderrechte zu stoppen, sowie von Hamas und anderen bewaffneten Gruppen die sofortige Freilassung aller Geiseln und die Gewährleistung ihres Wohlergehens.
- Nachhaltigen, sicheren und ungehinderten humanitären Zugang, um massive Hilfslieferungen über alle verfügbaren Grenzübergänge zu ermöglichen und Nahrung, Nährstoffe, lebenswichtige Wasservorräte, Treibstoff und medizinische Hilfe an bedürftige Familien im gesamten Gazastreifen zu liefern.
- Den Schutz der Zivilbevölkerung, einschließlich der Kinder, sowie der Infrastruktur, die ihre grundlegenden Bedürfnisse deckt – wie Krankenhäuser und Schutzunterkünfte –, vor Angriffen.
- Den fortgesetzten Schutz von Kindern und ihren Familien, wenn sie nach einer Evakuierungsanordnung nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich zu bewegen. Menschen muss erlaubt sein, sich frei in sichere Gebiete zu begeben, sie dürfen jedoch niemals dazu gezwungen werden.
- Sicheren und konsistenten Zugang für humanitäre Organisationen und Helfer, um Kinder und ihre Familien überall im Gazastreifen mit lebensrettender Hilfe zu erreichen.
Jede weitere Intensivierung der Militäroffensive in Gaza-Stadt würde das Leid der Kinder exponentiell vergrößern und ihnen die letzten Reste von Schutz entreißen. Über 50.000 Kinder sollen in weniger als zwei Jahren entweder getötet oder verstümmelt worden sein. Wie viele mehr braucht es noch, bevor die Welt handelt? Wir dürfen sie nicht weiterhin im Stich lassen.“
UNICEF bittet weiterhin um Unterstützung der Nothilfe Nahost.
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