In Nordkorea sind 800.000 unterernährte Kinder von Tod und Krankheit bedroht, warnt UNICEF Executive Director Carol Bell

New York, 8. August 1997 -- UNICEF Executive Director Carol Bellamy sagte nach ihrer Rückkehr von einem offiziellen Besuch in Nordkorea, daß 800.000 Säuglinge und Kleinkinder dringend spezielle Nahrung und Medikamente benötigen, um den tödlichen Kreislauf aus Krankheit und Unterernährung zu beenden.

"Das Sicherheitsnetz für Kinder bricht zusammen", sagte Carol Bellamy nach einem Lokalaugenschein mit den UNICEF Nothilfeteams in Nordkorea. "Die Lebensmittelvorräte sind erschöpft, die Medikamentschränke der Krankenhäuser sind leer - die Folgen könnten katastrophal sein, wenn sich die Lage bis zum Winter nicht bessert."

Carol Bellamy sagte, daß UNICEF seit April zwei Flugzeugladungen mit Nahrung und Medikamenten nach Pyongyang gebracht hat. Drei weitere Flugzeugladungen werden Mitte August erwartet. UNICEF verteilte bereits in 92 Spitälern und Waisenhäusern Hilfsgüter für stark unterernährte Kinder.

Carol Bellamy sagte, daß die Zahl der Kinder, die an den Folgen der Nahrungsmittelknappheit leiden, in den letzten Monaten stark zugenommen hat. Etwa 80.000 Kinder befinden sich bereits in einem lebensbedrohenden Zustand. UNICEF und andere UN-Organisationen schätzen, daß ungefähr 800.000 Kinder stark unterernährt sind. Kinder, die von ihren Eltern getrennt wurden, oder Waisen sind, leiden besonders unter der Hungersnot. Fast die Hälfte aller Kinder in Waisenhäusern sind stark unterernährt.

Das Ausbleiben der Getreide- und Reisernte wird die Gefahr für diese Kinder bei Wintereinbruch noch erhöhen, sagte Carol Bellamy.

"Wir sehen bereits Kinder bis zu 15 Jahren, die stark unterernährt und vom Tod bedroht sind", berichtete die UNICEF-Direktorin. "Eine Hungersnot betrifft zuerst die Babys, ältere Kinder sind widerstandsfähiger. Diese Kinder leiden jedoch bereits unter einer chronischen Lebensmittelknappheit, und den Winter zu überstehen, wird eine enorme Aufgabe sein."

Experten der Vereinten Nationen weisen darauf hin, daß Nordkorea nur die Hälfte der benötigten Nahrung produziert. Der Großteil der Getreideernte ist bereits wegen der Trockenheit ausgefallen: Wenn es in den nächsten 8 bis 12 Tagen nicht regnet, wird wahrscheinlich auch die Reisernte ein Mißerfolg werden, die ohnehin bereits durch extrem hohe Temperaturen und zuwenig Bewässerung beeinträchtigt wurde.

Carol Bellamy sagte, daß UNICEF seine internationalen Hilfsappelle bereits auf 14,3 Millionen US-Dollar verdreifacht hat, bis jetzt allerdings erst 3,5 Millionen erhalten hat.

Zusätzlich zu Nahrungsmittel- und Medikamentenlieferungen hat UNICEF auch 150 Ärzte und 200 Gesundheitsarbeiter bezüglich Nothilfe und Ernährung für unterernährte Kinder ausgebildet. UNICEF stellt auch Samen und Treibhäuser aus Plastik zur Verfügung, damit Kindergärten ihren eigenen Gemüsegarten anlegen können.

Wenn das nordkoreanische Volk - und vor allem die Kinder - die nächsten schwierigen Wochen und Monate überstehen sollen, sagte Carol Bellamy, dann ist es entscheidend, daß sie das Werkzeug haben um sich selbst helfen zu können."