Gewalt gegen Kinder und Jugendliche
Gewalt ist für viele Kinder und Jugendliche - auch in Österreich - bitterer Alltag. Gewalttäter sind dabei häufig genau die Menschen, die ihnen am nächsten sind.
Auch wenn nicht immer äußerlich sichtbare Spuren sichtbar sind, können Gewalterfahrungen Kinder und Jugendliche nachhaltig prägen.
Wenn niemand über Gewalt spricht oder sich niemand dagegen einsetzt, glauben Täter, dass ihre Verbrechen toleriert werden. Und diejenigen, die Gewalt erfahren, bleiben mit ihrem Leid und Schrecken allein. Dabei hat jedes Kind das Recht, frei von jeglicher Gewalt aufzuwachsen.
Gemeinsam können wir Gewalt entgegentreten: Schauen wir nicht weg, sondern setzen wir uns dafür ein, dass Gewalt keinen Platz in unserer Gesellschaft hat!
Gewalt hat viele Gesichter
Bei Gewalt gegen Kinder und Jugendliche denkt man zuerst meist an körperliche Übergriffe. Gewalt gegen Kinder hat jedoch viele Gesichter. Neben physischer Misshandlung gibt es auch andere Formen der Gewalt, wie Vernachlässigung, sexuelle Übergriffe, finanzielle Ausbeutung oder psychische Gewalt. Häufig erleben Kinder mehrere Formen von Gewalt gleichzeitig.
Gewalterlebnisse, egal welcher Art, haben einen enormen Einfluss auf die Gesundheit und die Entwicklung von Kindern. Gewalt ist oft ein unsichtbares Problem. Weil sie hinter verschlossenen Türen stattfindet. Weil die Menschen ihre Augen davor verschließen. Weil sie es aus Angst oder Scham nicht melden.
Mobbing in der Schule und online
Auch vor Schultüren macht Gewalt keinen Halt: Für viele Kinder ist die Schule ein gefährlicher Ort. Kein Kind sollte Angst haben, in die Schule zu gehen.
Gewalt kommt dabei nicht nur im Schulgebäude vor, in unserer digitalen Welt wird die Schulgemeinschaft durch Social Media erweitert. Cyber-Mobbing ist eine Realität, unter der viele Schüler tagtäglich leiden.
Soziale Medien haben einen großen Einfluss auf das Leben von Kindern, und die ständige Verbindung zum Internet birgt auch viele Risiken, einschließlich der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen.
Bei weltweiten Umfragen in Schulen gaben zwischen 20 und 65 Prozent der Kinder an, dass sie in den letzten 30 Tagen Opfer von körperlicher oder verbaler Gewalt geworden waren.
Gewalt zuhause
In Österreich sind jedes Jahr tausende Kinder und Jugendliche von häuslicher Gewalt betroffen, obwohl seit 30 Jahren ein gesetzliches Gewaltverbot in der Erziehung verankert ist. Auch das Miterleben von häuslicher Gewalt ist schädlich.
Corona führte zu einer Zunahme von Gewalt. Für viele Kinder und Jugendliche fallen Vertrauenspersonen z.B. in Schule oder Verein weg, denen sie sich anvertrauen können.
Eine Studie aus dem Jahr 2020 alarmiert: Für jeden fünften Österreicher sind leichte körperliche Bestrafungen nicht bedenklich und etwa gleich viele sehen drastischere Maßnahmen als notwendige Erziehungsmittel. Gewalt wird nach wie vor primär mit körperlicher Gewalt in Verbindung gebracht, andere Formen der Gewalt werden nicht ernst genommen. Gewalt wird unter bestimmten Umständen nach wie vor als "gerechtfertigt" angesehen und damit bagatellisiert.
Was tun als Opfer oder Zeuge von Gewalt?
Niemand muss mit Gewalterfahrungen alleine bleiben. Wichtig ist, mit jemandem darüber zu reden. Sich zu öffnen und über eigene Erfahrungen zu sprechen, ist oft kein einfacher Schritt – aber es hilft und verbessert die Situation!
Gemeinsam enttabuisieren wir Gewalt und bieten Gewalttätern die Stirn!
Trau dich was sagen!
Es ist nicht deine Schuld, wenn dir jemand etwas Schlimmes antut und du musst dich auch sicher nicht dafür schämen.
Wenn du Hilfe brauchst, dann geh am Besten zu einem Erwachsenen, dem du vertraust (zum Beispiel eine Lehrerin oder ein Lehrer) und sprich mit ihm über dein Problem. Niemand kann dir etwas vorwerfen, wenn du einfach nur die Wahrheit sagst.
Wenn du dich nicht traust, mit einem Erwachsenen zu reden, dann vertraue dich zuerst einer Freundin oder einem Freund an. Vielleicht könnt ihr dann ja gemeinsam zu einem Erwachsenen gehen.
Es gibt auch spezielle Beratungsstellen für Kinder, denen Gewalt angetan wurde. Die Beratung erfolgt meistens anonym, das heißt, dass du deinen Namen nicht sagen musst und niemand erfährt, dass du dich an so eine Stelle gewandt hast.
Sei vorsichtig! Du solltest dich nur einmischen, wenn du dich dabei selbst nicht in Gefahr bringst!
Wenn du mit ansiehst, wie einem Kind Gewalt angetan wird, dann ruf am Besten einen Erwachsenen oder die Polizei (133) zu Hilfe.
Wenn du glaubst, dass ein Freund oder eine Freundin oder jemand aus deiner Klasse zum Opfer von Gewalt wurde, dann frag' vorsichtig nach und biete deine Hilfe an. Oft geht es den Betroffenen schon besser, wenn sie mit jemandem über die Sache reden können. Sprich ihm oder ihr Mut zu und überlegt euch, was ihr als nächstes tun könnt. Schlag vor, gemeinsam zu einem vertrauenswürdigen Erwachsenen oder einer Beratungsstelle zu gehen.
Du kannst auch gleich zu einem Erwachsenen gehen, ihm von deinem Verdacht erzählen und um Rat fragen.
Für Erwachsene gilt ähnliches wie für Kinder und Jugendliche, die Zeuge von Gewalt wurden. Sie müssen entscheiden, wie groß das Risiko ist, wenn Sie sich einmischen. Falls Sie sich selber in Gefahr bringen oder zu befürchten ist, dass die Situation eskaliert, wenn Sie einschreiten, ist es oft besser, gleich die Polizei zu rufen.
Dabei gilt: Lieber einmal zu oft die Polizei rufen, als einmal zu wenig! Zögern Sie im Zweifelsfall also nicht, sich an die Exekutive zu wenden.
Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Kind in Ihrer Umgebung misshandelt oder sexuell missbraucht wird, dann können Sie selbstverständlich nachfragen. Gehen Sie dabei aber äußerst vorsichtig und sensibel vor!
Es ist aber meistens sinnvoller, sich Rat zu holen, als vorschnell und unüberlegt zu handeln. Die zuständigen Beratungsstellen stehen in der Regel nicht nur Kindern offen, sondern auch Erwachsenen, die nicht wissen, wie sie sich in so einer Situation verhalten sollen.
Hilfe und Beratung bei Gewalt gegen Kinder
Notrufnummern
Bei Notfällen, wenn akute Gefahr besteht oder jemand verletzt wurde, sollte auf jeden Fall die Polizei oder die Rettung verständigt werden!
Polizei: 133
Rettung: 144
In der ganzen EU gibt es auch den Euro-Notruf: 112
Rat auf Draht - Beratung in allen Lebenslagen
Anonyme Hotline, rund um die Uhr erreichbar, für alle Arten von Fragen und Problemen, auch bei dringenden Anliegen.
Rat auf Draht ist telefonisch, per Email und per Chat erreichbar.
www.rataufdraht.at
Telefonnummer: 147
Kinder- und Jugendanwaltschaften
Die Kinder- und Jugendanwaltschaften bieten (rechtliche) Auskünfte zu Themen wie Jugendschutz, Obsorge, Gewalt an Kindern usw.
Auf www.kija.at sind die Kontaktdaten der Kinder- und Jugendanwaltschaften in den Bundesländern zu finden.
Notschlafstellen für Jugendliche
Wenn es Zuhause einfach nicht mehr geht, gibt es in ganz Österreich Notschlafstellen für Jugendliche, die Unterstützung brauchen. Hier eine Übersicht:
https://www.rataufdraht.at/ueber-uns/unsere-leitlinien/notrufnummern-und-notschlafstellen
Weitere hilfreiche Links
Die Möwe Kostenlose und anonyme Beratung für minderjährige Opfer von Gewalt oder sexuellem Missbrauch, sowie für deren Angehörige und Bezugspersonen. "Die Möwe" kann auch per Email und online kontaktiert werden.
Gewalt ist nie ok Informationen über häusliche Gewalt für Kinder und Jugendliche in Deutsch, Türkisch und Englisch.
Gewaltschutzzentren Hilfe und Unterstützung für Opfer von Gewalt. Bundesweit gesetzlich anerkannte Opferschutzeinrichtungen.
Nein zu Gewalt Informationen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene über Gewaltformen, Anzeichen und Hilfsangebote. Entstanden im Rahmen der ersten bundesweiten Kinderschutz Kampagne der Regierung.
UNICEF bekämpft Gewalt gegen Kinder weltweit
Das globale Ausmaß von Gewalt ist erschreckend: Nach Schätzungen sind rund eine Milliarde Kinder und Jugendliche weltweit von physischer, sexueller oder psychischer Gewalt betroffen. Drei von vier Kindern zwischen zwei und vier Jahren erleben Gewalt durch Bezugspersonen. Etwa 1,1 Milliarden Eltern und Erziehende weltweit halten körperliche Bestrafungen für ein notwendiges Erziehungsmittel. Mehr Informationen dazu.
Kinderschutz steht im Zentrum der weltweiten Arbeit von UNICEF. Dabei wird Empörung und Zorn in konstruktive Maßnahmen umgewandelt und Menschen dazu zu bewogen, sich gegen Gewalt an Kindern und Jugendlichen einzusetzen. UNICEF Österreich bietet auch Weiterbildungen zuden Themen Kinderschutz und Kinderrechten an.
Die UN-Kinderrechtskonvention hält fest, dass jedes Kind vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder Misshandlung, vor Verwahrlosung oder Vernachlässigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschließlich des sexuellen Missbrauchs geschützt werden muss.
Infos & Downloads
Kinder vor Gewalt in Zeiten von COVID-19 schützen
Einrichtungen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt wurden während der COVID-19-Pandemie stark gestört. Kinder sind deswegen einem erhöhten Risiko für Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt.
Kinderschutz COVID-19
Sicheres Lernen in Schulen
Dieses Paket umfasst Aktivitäten und Unterrichtsmaterial für ein Ende von Gewalt in und um Schulen. Das Konzept wird durch den positiven Ansatz „sichere Lernumgebungen für alle Kinder schaffen“ erörtert.
Sicheres Lernen - Safe to learn
Eine alltägliche Lektion
Der Bericht zeigt, wie verbreitet Gewalt an Schulen auf der ganzen Welt ist. Die Hälfte der SchülerInnen im Alter von 13 bis 15 Jahren weltweit - rund 150 Millionen - berichten von Gewalt unter Gleichaltrigen in der Schule.
#ENDviolence in Schools
Gewalt im Leben von Kindern und Jugendlichen
Der Bericht zeigt, dass schätzungsweise drei Viertel der zwei- bis vierjährigen Kinder weltweit – rund 300 Millionen Mädchen und Jungen – körperliche oder verbale Gewalt durch ihre Obsorgeberechtigten zu Hause erleben.
A Familiar Face
Haben Sie Fragen zu unseren Aktivitäten für Kinderrechte in Österreich?
Kontaktieren Sie uns unter kinderrechte(at)unicef.at
Bild v. l. n. r.: Jakob Bouchal, Zuzana Kobesova, Corinna Geißler, Julia Wögerbauer, Katharina Skorpik, Klara Krgovic-Baroian