Genf, 15. Dezember 1998 – Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen beschädigten oder zerstörten im
Jahr 1998 zehntausende Schulen, von China über Somalia bis nach Zentralamerika. Die Auswirkungen für
Millionen junger Menschen sind laut einer neuen Untersuchung von UNICEF verheerend.
„Da die Umwälzungen in der Natur häufiger und schlimmer werden“, sagte UNICEF-Direktorin Carol Bellamy,
„besteht der dringende Bedarf nach Entwicklung spezieller sozialer Möglichkeiten, um in Katastrophenfall
das Bildungswesen zu schützen. Der Abschluß der Ausbildung eines Kindes ist besonders gefährdet, wenn es
über einen längeren Zeitraum hinweg einfach keine Schule gibt.“
Letzte Woche stellte UNICEF seinen Bericht „State of the World´s Children“ vor, der in diesem Jahr den
weltweiten Bildungsstand analysierte. Bellamy erklärte, daß die jüngste Zerstörung von Schulsystemen eine
unvorhergesehene zusätzliche Last für ein globales System darstellt, das ohnehin nur begrenzte Kapazitäten hat,
um das Recht aller Kinder auf Bildung zu erfüllen.
China war laut UNICEF am schwersten betroffen – mit den schlimmsten Überschwemmungen seit vier
Jahrzehnten. Über 9 Millionen waren von dieser Katastrophe betroffen, die 48.766 Schulen schwer beschädigte
oder zerstörte. Die Zerstörungen in China machen etwa 1,242 Milliarden Dollar aus.
Auch Bangladesch war stark betroffen. Die Regierung schätzt, daß etwa 14.000 Schulen zerstört oder schwer
beschädigt wurden. Die Monsunzeit dauerte hier dreimal so lange wie üblich und ließ Millionen Menschen
ohne Unterkunft und Nahrung zurück.
„Hier findet ein schreckliches Zusammenwirken statt“, sagte Bellamy. „Bangladesch ist bereits mit einer
enorm schwierigen Aufgabe bezüglich Bildung konfrontiert. Zum Beispiel beginnen nur 14% der Mädchen
mit einer weiterführenden Schule. Die jüngste Zerstörung von Schulen vervielfacht nur die Auswirkungen
einer bereits verzweifelten Situation.“
Auch in anderen Ländern wurden in diesem Jahr Schulen zerstört und beschädigt. Starke Regenfälle von
Oktober 97 bis Jänner 98 überschwemmten Zentral- und Südsomalia, vor allem Juba Valley. Mindestens 100
Schulen wurden zerstört.
Im September 1998 verwüstete Hurrikan George die Dominikanische Republik. 1.419 Schulen waren betroffen,
die Kosten für den Wiederaufbau betragen 20 Millionen US- Dollar.
In Zentralamerika richtete unlängst Hurrikan Mitch verheerende Zerstörungen an, doch es gibt noch keine
offizielle Zahl der betroffenen Schulen. Carol Bellamy, die im Novenber Honduras und Nicaragua besuchte,
meinte, daß der Wiederaufbau des Schulsystems oberste Priorität haben wird.
Der Wiederaufbau der Infrastruktur von schwer betroffenen Entwicklungsländern wird laut Bellamy enormes
internationales Engagement erfordern. UNICEF ist als Anwalt der Kinder besonders darum besorgt, daß die
Anliegen junger Menschen beim Wiederaufbau nicht vernachlässigt werden. Schulbildung muß oberste Priorität
haben, sagte Bellamy.
Internationale finanzielle Institutionen und Geberländer sind laut Bellamy der Schlüssel für die massiven
Bemühungen um den benötigten Wiederaufbau. Sie begrüßte die Ankündigung der Weltbank für einen 200
Millionen US-Dollar Kredit für Bangladesch.
„1998 wird in die Geschichte eingehen als das Jahr, in dem Naturgewalten die Schultore für Millionen Kinder
verschlossen“, sagte Bellamy. „Wir hoffen, daß 1999 ein Jahr von noch nie dagewesener globaler
Zusammenarbeit wird, um denselben Kinder Leben und Schule wieder zurückzugeben.“