Auswirkungen der Angriffe im Libanon auf Kinder

Beirut/Genf/Wien - Eine Zusammenfassung der Ausführungen der stellvertretenden UNICEF-Vertreterin für den Libanon, Ettie Higgins - der der zitierte Text zugeschrieben werden kann - bei der heutigen Pressekonferenz im Palais des Nations in Genf.

Im Libanon sieht man mächtige Rauchwolken in der Distanz.
© UNICEF/UNI649017/Dar Al Mussawir

„Ich spreche zu Ihnen aus dem Libanon, um auf die Situation der Kinder angesichts der gefährlichen Eskalation hinzuweisen, die sich negativ auf ihr körperliches und geistiges Wohlbefinden auswirkt.

Allein am Montag wurden Berichten zufolge mindestens 35 Kinder im Libanon getötet. Dies ist mehr als die Zahl der in den letzten 11 Monaten im Libanon getöteten Kinder (bisher 22).

Elf Monate an einem Tag. 35 Kinder, an einem Tag - unter 492 mutmaßlich getöteten Menschen.

Darüber hinaus wurden am Montag nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums über 1645 Menschen verletzt, darunter auch Kinder und Frauen.

Während ich hier spreche, sind unzählige weitere Kinder in Gefahr, sie sind ständigen Angriffen ausgesetzt, wurden aus ihren Häusern vertrieben und können sich nicht auf ein überlastetes und unterfinanziertes Gesundheitssystem verlassen.

Sollten wir wieder in einen Konflikt geraten, wie in den dunklen Tagen des Jahres 2006, fürchte ich, dass es dieses Mal für die Kinder im Libanon noch schlimmer werden könnte.

Der Libanon wurde in letzter Zeit von einer lang anhaltenden wirtschaftlichen und politischen Krise, der gewaltigen Explosion im Hafen von Beirut, den Auswirkungen von COVID-19 und dem fünften Jahr eines lähmenden wirtschaftlichen Abschwungs, der die Armut in die Höhe schnellen ließ, erschüttert. Viele Familien sind bereits am Rande des Abgrunds. Und nun verschärft dieser Konflikt jeden dieser Faktoren um ein Vielfaches.

Jede weitere Eskalation des Konflikts wäre eine Katastrophe für alle Kinder im Libanon, vor allem aber für die Familien aus den Dörfern und Städten im Süden und in der Bekaa im Ostlibanon, die gezwungen wurden, ihre Heimat zu verlassen. Diese neuen Vertriebenen kommen zu den 112.000 Menschen hinzu, die seit Oktober vertrieben wurden.

87 neue Unterkünfte nehmen die wachsende Zahl der Vertriebenen im Süden, in Beirut, auf dem Libanonberg, in Baalbek-Hermel, in der Bekaa und in den nördlichen Gouvernements auf.

Die Schulen sind heute im ganzen Land geschlossen, so dass die Kinder aus Angst zu Hause bleiben. Ihre Betreuerinnen und Betreuer haben selbst Angst vor der ungewissen Situation. Diese Angst ist nicht übertrieben, denn der Beschuss und die Luftangriffe dauern an und nehmen täglich zu.

UNICEF setzt sich seit 76 Jahren für den Schutz der Kinder im Libanon ein, und wir verstärken unsere Hilfe.

Wir bereiten uns auf die Lieferung von Nahrungsmitteln, Wasser und lebenswichtigen Gütern wie Matratzen und Hygienesets für vertriebene Familien vor, insbesondere für jene in Notunterkünften.

 Wir haben bereits 100 Tonnen medizinischer Hilfsgüter beschafft und an Krankenhäuser geliefert, die mit erheblichen Engpässen und Versorgungsproblemen zu kämpfen haben, und werden diese Woche weitere medizinische Hilfsgüter eintreffen lassen.

UNICEF ruft dringend zu einer sofortigen Deeskalation auf und fordert, dass alle Parteien ihre Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht einhalten, um den Schutz der zivilen Infrastruktur und der Zivilbevölkerung, einschließlich Kindern, humanitären Helfern und medizinischem Personal, zu gewährleisten.

Dazu gehört auch die Erleichterung der sicheren Bewegung von Zivilisten auf der Suche nach Sicherheit.

Gestern war der schlimmste Tag im Libanon seit 18 Jahren. Die Gewalt muss sofort aufhören, sonst werden die Folgen unabsehbar sein.“

UNICEF bittet weiterhin um Unterstützung der Nothilfe Nahostkonflikt.