Bildungskrise durch COVID-19: Jedes dritte Schulkind hatte keinen Zugang zu Fernunterricht

New York/Wien - Ein Drittel der Schulkinder weltweit – 463 Millionen – hatte laut UNICEF während der COVID-19-bedingten Schulschließungen in den vergangenen Monaten keinen Zugang zu Fernunterricht. Dies zeigt ein aktueller Report des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen.

Kinder lernen mittels Radio
Yedidiya und Semretemedhin besuchen ihre Schulklassen mittels Radio. Dies ist eine der Initiativen der Regierung, um das Lernen zu Hause aufgrund geschlossener Schulen in ganz Äthiopien zu unterstützen.

„Schätzungsweise 463 Millionen Schulkinder, deren Schulen wegen Covid-19 geschlossen waren, hatten keine Möglichkeiten, an alternativen Lernprogrammen teilzunehmen“, sagt UNICEF Exekutivdirektorin Henrietta Fore. „Die schiere Zahl der Kinder, die monatelang keine Lernmöglichkeiten hatten, weist auf eine globale Bildungskrise hin. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen werden noch jahrzehntelang zu spüren sein.“

Auf dem Höhepunkt der nationalen und lokalen Lockdowns während der Covid-19-Pandemie konnten 1,5 Milliarden Schulkinder nicht in die Schule gehen. Der Bericht „The Remote Learning Reachability” zeigt die Herausforderungen für den Fernunterricht auf und legt tiefe Ungleichheiten beim Zugang zu alternativen Lernmöglichkeiten offen.

Globale Analyse zu Voraussetzungen für Fernunterricht

Der Bericht basiert auf einer weltweit repräsentativen Analyse, die untersucht hat, inwieweit technologische Voraussetzungen und Anwendungen, die für das Lernen zuhause im Vorschul- und Grundschulalter sowie in der Sekundarstufe I und II benötigt werden, zur Verfügung standen. Die Daten aus 100 Ländern umfassen den Zugang zu Fernsehen, Radio und Internet ebenso wie die Verfügbarkeit von Lehrplänen für diese Plattformen während der Schulschließungen.

Obwohl die im Bericht aufgeführten Zahlen bereits ein alarmierendes Bild zeichnen, könnte die Situation laut UNICEF in der Realität noch schlimmer sein. Denn selbst wenn die Kinder zuhause über Technologie und Anwendungen verfügen, können sie möglicherweise aus anderen Gründen nicht aus der Ferne lernen. Dazu gehört der Druck, Hausarbeiten erledigen zu müssen oder zur Arbeit gezwungen zu werden, ein schlechtes Lernumfeld sowie mangelnde Unterstützung bei der Nutzung der Online- oder Hörfunk-Lehrpläne.

Starke Ungleichheiten nach Region, Einkommen und Alter

Dem Bericht zufolge gibt es erhebliche Ungleichheiten zwischen den Regionen. Schulkinder in Subsahara-Afrika sind am stärksten betroffen; die Hälfte von ihnen kann nicht mit Fernunterricht erreicht werden.

Schulkinder aus den ärmsten Haushalten und aus ländlichen Gegenden haben am wenigsten Zugang zu alternativen Lernmöglichkeiten. Weltweit kommen 72 Prozent der betroffenen Schulkinder aus den ärmsten Haushalten ihres jeweiligen Landes. In Ländern mit hohem und mittlerem Einkommen machen Schulkinder aus den ärmsten Haushalten bis zu 86 Prozent der Schülerinnen und Schüler aus, die keinen Zugang zum Fernunterricht haben. Weltweit leben drei Viertel der Schulkinder ohne Zugang zum Fernunterricht in ländlichen Gebieten.

Der Report weist zudem darauf hin, dass die Fernlernmöglichkeiten sich je nach Altersgruppe unterscheiden. Demnach sind die jüngsten Kinder gerade während dieser für sie so wichtigen Lern- und Entwicklungsphase am stärksten betroffen:

  • Etwa 70 Prozent der Schulkinder im Vorschulalter – 120 Millionen Kinder – können nicht erreicht werden, größtenteils aufgrund der Herausforderungen und Einschränkungen des Online-Lernens für Kleinkinder, fehlender Fernlernprogramme für diese Altersgruppe sowie mangelnder Ausstattung für das zuhause Lernen.
  • Mindestens 29 Prozent der Grundschüler – 217 Millionen Studenten – und mindestens 24 Prozent der Schüler der unteren Sekundarstufe – 78 Millionen Studenten – können nicht mit Fernlernprogrammen erreicht werden.
  • 18 Prozent der Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe II – 48 Millionen Schulkinder – verfügten nicht über die technischen Voraussetzungen, um am Fernunterricht teilzunehmen.

Wiederöffnung der Schulen und Fortsetzen des Lernens müssen Priorität haben

UNICEF appelliert an Regierungen, dass sie die Wiedereröffnung von Schulen unter sicheren Bedingungen priorisieren sollten. Wo eine Wiedereröffnung nicht möglich ist, sollten Lernprogramme zum Einsatz kommen, die es Schulkindern ermöglichen, den verpassten Lernstoff nachzuholen. Zudem sollten Pläne zur Wiedereröffnung von Schulen auch Maßnahmen zur Ausweitung des Fernunterrichts, insbesondere für benachteiligte Kinder, enthalten. Schulen und Bildungssysteme müssen gestärkt werden, damit zukünftige Krisen besser bewältigt werden können.

Für Redaktionen

Download: Der vollständige englischsprachige Bericht steht hier zum Download zur Verfügung

Die Richtlinien zur Wiedereröffnung von Schulen, die von UNESCO, UNICEF, WFP und World Bank herausgegeben wurden, geben praktische Hinweise für Länder und Gemeinden für die Vorbereitung der sicheren Wiedereröffnung von Schulen und stehen hier zum Download

Eine Auswahl an Videos und Fotos steht Redaktionen im Rahmen der Berichterstattung zum kostenfreien Download zur Verfügung.