Ein Hilferuf aus Madagaskar

Von UNICEF-Mitarbeiter Edward Carwardine aus Mahanor, Madagaskar, am 13. März 2000

Der Helikopter nähert sich der kleine Stadt Mahanor. Bei fast allen Gebäuden der Stadt fehlen die Dächer. Beim Näherkommen fällt auch das Fehlen von Fahrzeugen auf. Der Grund sind die Auswirkungen der Wirbelstürme Eline und Gloria, die Ende Februar Madagaskar heimsuchten. Eline zog mit 120 Stundenkilometer durch das Land , riß Dächer von Gebäuden und stürzte Wände um. Gloria brachte zwei Tage wolkenbruchartige Regenfälle mit sich, die das Land überfluteten.

Die Überschwemmung der Straßen wirft große Probleme für die Bewältigung der Krise auf: Hilfsgüter können nur auf dem Luftweg zu den Betroffenen gebracht werden. Und obwohl nun täglich Nahrungsmittel und Medikamente in Mahanor eintreffen, bleibt der Weitertransport in die Dörfer problematisch. Die Hauptstraß e, die Mahanor mit anderen Küstenstädten verbindet, ist noch immer überflutet und teilweise stark beschädigt.

UNICEF hat auf die Katastrophe in Madagaskar rasch reagiert. Als erste Hilfsorganisation brachte UNICEF Hilfsgüter in die betroffenen Gebiete. Bereits vier Tag nach Gloria waren schon über 15 Tonnen Hilfsgüter nach Madagaskar geliefert worden. Bis heute versorgte UNICEF die Betroffenen mit 120 Erste-Hilfe-Containern, 36 Containern mit Medikamenten, 21.000 Kisten mit proteinhaltiger Spezialnahrung, 47.000 Decken und über 700.000 Tabletten zur Wasseraufbereitung. Doch das volle Ausmaß der Katastrophe konnte bis jetzt noch gar nicht ermessen werden. Erste Schätzungen sprechen von über 500.000 Betroffenen, davon sollen etwa 10.000 obdachlos und etwa 12.000 von der Umwelt abgeschnitten sein.

UNICEF unterstützt die Regierung von Madagaskar bei der Untersuchung der Schäden. Doch mit der Hilfe konnte nicht auf die Ergebnisse dieser Missionen gewartet werden. Dr. Sergio Soro, UNICEF-Repräsentant in Madagaskar betont: "UNICEF weiß aus Erfahrung um die Bedürfnisse von Menschen nach einer solchen Katastrophe. Trinkwasser, Nahrung, medizinische Versorgung und Unterkunft haben oberste Priorität. Daher haben wir dementsprechende Hilfsgüter sofort in die betroffenen Gebiete gebracht.

Der stellvertretende Präfekt von Mahanor, Mr. Tack Nestor berichtet: ""Ich habe so etwas noch nie gesehen. Das war der stärkste Wirbelsturm den ich je erlebt habe. Sehen Sie sich doch um - jedes einzelne Gebäude wurde zerstört. Fragen Sie mich nicht nach der Anzahl, es sind zu viele. Nun müssen wir zuallererst die Straßen wieder befahrbar machen - bis dahin sind wir von Hilfe aus der Luft abhängig." Er zeigt auf den Stapel Kisten in der Mitte des Fußballstadions, das nun als Landeplatz für Helikopter benützt wird. "Diese Hilfe von UNICEF war lebenswichtig. Wir brauchen vor allem Nahrung und diese Spezialnahrung ist für Kinder besonders wichtig."

Mahanor beginnt bereits mit dem Wiederaufbau. Überall in der Stadt reparieren die Menschen ihre Häuser. Die letzten Hilfslieferungen stellten sicher, daß genug Nahrungsmittel in der Stadt sind um die Bevölkerung vor einer Hungersnot zu bewahren. Aber in den umliegenden Dörfern sieht es anders aus. Die Straße zum Dorf Menagisa ist durch hüfthohes Wasser blockiert. Während wir die Überschwemmung begutachten, taucht ein Bub aus den Fluten auf, der ein Fahrrad über seiner Schulter trägt. Er stellt sich als Celestin Bototsara vor. Er ist den 20 km langen Weg von Menagisa nach Mahanor gekommen, um die Nachricht zu überbringen, daß die Menschen im Dorf keine Nahrungsmittel mehr haben.

"Alle Reisfelder wurden überschwemmt", erklärt er. "Unsere Ernte ist vernichtet. Wir haben schon alle Früchte von unseren Bäumen aufgegessen und nun essen wir, was wir am Boden finden. Ich glaube, wir werden bald anfangen Wurzeln zu essen."

Celestin berichtet uns, daß es kein sauberes Trinkwasser im Dorf gibt. Die Bewohner befürchten Krankheiten. "Ein paar Kinder haben bereits Diarrhöe", der Bub. "Wir brauchen Nahrung, wir brauchen sauberes Wasser, wir brauchen Hilfe", erklärt Celestin schlicht.

Bevor die Straßen nicht wieder befahrbar sind, wird auch diese Dorf auf die Hilfe von UNICEF und seinen Partnern angewiesen sein.

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PSK 151 000 1 Kennwort: Flutkatastrophe