Die Kinderrechtskonvention aus dem Jahr 1989 beinhaltet universelle Kinderrechte wie das Recht auf Leben, Überleben und Entwicklung sowie das Recht auf Gesundheit. Ein Allgemeiner Kommentar (General Comment) bietet eine rechtliche Orientierung, was diese Rechte für ein konkretes Thema oder einen bestimmten Bereich der Gesetzgebung bedeuten.
Der am 28. August 2023 veröffentlichte „Allgemeine Kommentar Nr. 26 zu den Kinderrechten und der Umwelt mit besonderem Fokus auf den Klimawandel” (General Comment No. 26 on children’s rights and the environment with a special focus on climate change) befasst sich mit dem Klimanotstand, dem Verlust von Biodiversität sowie der allgegenwärtigen Umweltverschmutzung und skizziert Maßnahmen zum Schutz des Lebens und der Lebensperspektiven von Kindern.
Philip Jaffé, Mitglied des Ausschusses: „Kinder auf der ganzen Welt haben den Kampf gegen den Klimawandel angeführt und ihre Regierungen und Unternehmen aufgefordert, Maßnahmen zum Schutz des Planeten und ihrer Zukunft zu ergreifen. Mit dem Allgemeinen Kommentar Nr. 26 greift der UN-Kinderrechtsausschuss nicht nur die Stimmen der Kinder auf und verstärkt sie, sondern definiert auch klar die Kinderrechte in Bezug auf die Umwelt, die die Mitgliedsstaaten respektieren, schützen und erfüllen sollten – gemeinsam und unverzüglich!”
„Dieser Allgemeine Kommentar ist ein entscheidender Schritt zu der Erkenntnis, dass jedes Kind auf der Erde das Recht hat, in einer sauberen, gesunden und nachhaltigen Umwelt zu leben. Regierungen müssen nun dringend Maßnahmen zur Bewältigung der globalen Umweltkrise ergreifen, um diesen inspirierenden Worten Leben einzuhauchen”, so David Boyd, UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Umwelt.
Was bedeutet das für die 196 Staaten, die die Kinderrechtskonvention ratifiziert haben?
Der Allgemeine Kommentar Nr. 26 unterstützt die Staaten, ihren Verpflichtungen gemäß dem Pariser Abkommen nachzukommen. Bei allen umweltbezogenen Gesetzen, Maßnahmen und Projekten, Verordnungen, Haushalts- oder anderen Entscheidungen muss eine Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die Kinderrechte durchgeführt werden. Die Staaten müssen dem UN-Ausschuss in regelmäßigen Abständen über ihre Fortschritte berichten.
Die Staaten sind nicht nur dafür verantwortlich, die Rechte der Kinder vor unmittelbarem Schaden zu schützen, sondern auch für vorhersehbare Verletzungen der Rechte von Kindern in der Zukunft, die auf Handlungen oder Unterlassungen der Staaten zurückzuführen sind. Staaten können nicht nur für Umweltschäden innerhalb ihrer Grenzen, sondern auch für die Auswirkungen von Umweltschäden und Klimawandel jenseits ihrer Grenzen zur Verantwortung gezogen werden – insbesondere dann, wenn benachteiligte Kinder betroffen sind.
Zu den geforderten Maßnahmen zählen der Ausstieg aus Kohle, Erdöl und Erdgas sowie die Umstellung auf erneuerbare Energien. Auch die Verbesserung der Luftqualität und die Sicherung des Zugangs zu sauberem Wasser, die Transformation der industriellen Landwirtschaft und Fischerei in eine gesunde und nachhaltige Nahrungsmittelproduktion sowie der Schutz der Biodiversität werden genannt.
Kinder und ihre Belange müssen im Mittelpunkt von Umwelt- und Klimapolitik stehen
Die Ansichten der Kinder müssen bei umweltpolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden. Eine entscheidende Rolle spielt hier die Umweltbildung, um Kinder darauf vorzubereiten, sich aktiv für ihre Belange einzusetzen und sich vor Umweltschäden zu schützen.
„Klima und saubere Umwelt wirken sich direkt auf das Leben von Kindern und ihre Rechte aus. Die Allgemeine Bemerkung Nr. 26 ist ein Meilenstein, weil darin erstmals allgemein gültig festgehalten wird, wie Klimaschutz und Einhaltung der Kinderrechte untrennbar zusammenhängen. Es bietet Handlungsanweisungen und Grundsätze zu Kinderrechten wie Gesundheit und Überleben, Bildung, Schutz vor Diskriminierung sowie von indigenen Gruppen, aber auch Partizipation und Meinungsfreiheit. Der Fokus auf Kinderrechte ist demnach eine Frage der Generationengerechtigkeit“, erklärt Corinna Geißler, Leiterin der Abteilung Advocacy & Kinderrechte von UNICEF Österreich.
Der Allgemeine Kommentar Nr. 26 ist das Ergebnis globaler und generationenübergreifender Bemühungen. Dazu gehören umfassende Konsultationen mit den Mitgliedstaaten, internationalen und regionalen Organisationen, wie z. B. Einrichtungen und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, nationalen Menschenrechtsinstitutionen, Organisationen der Zivilgesellschaft und mit Kindern selbst.
„Klimafinanzierung und politische Entscheidungen vernachlässigen weiterhin die Bedürfnisse von Kindern”, so Paloma Escudero, UNICEF-Sonderberaterin für Kinderrechte und Klimapolitik. „Das muss sich ändern. Der Allgemeine Kommentar Nr. 26 ist ein dringender Aufruf an die Länder allen Bereichen der Kindheit, die vom Klimawandel betroffen sind, Priorität einzuräumen, wie etwa dem Kinderrecht auf Bildung, auf sauberes Wasser und eine gesunde Umwelt. Die Klimakrise ist eine Kinderrechtskrise. Jede Regierung hat die Pflicht, die Rechte jedes Kindes in jedem Winkel der Erde zu schützen, insbesondere die Rechte der Jungen und Mädchen, die in den Ländern leben, die am wenigsten zu diesem Problem beigetragen haben, aber den gefährlichsten Überschwemmungen, Dürren, Stürmen und Hitzewellen ausgesetzt sind.”
Terre des Hommes, offizieller Partner des Ausschusses für die Entwicklung des Allgemeinen Kommentars Nr. 26, koordinierte einen globalen Expertenbeirat und ein Team von zwölf Kinderberater*innen im Alter von elf bis 17 Jahren zur Unterstützung des Ausschusses. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) stellte als Mitglied des Beirats Fachwissen zur Verfügung und trug dazu bei, im Rahmen des Konsultationsprozesses Meinungen von Kindern aus aller Welt einzuholen.
Die 17-jährige Āniva, eine Klima- und Kinderrechtsaktivistin von den Pazifischen Inseln, sagt: „Für mich bedeutet der Allgemeine Kommentar einen weltweiten Wandel, der notwendig ist, um bei der Bekämpfung von Umweltproblemen voranzukommen und globale Maßnahmen zum Schutz unseres Planeten für unsere Generation und die kommenden Generationen zu ergreifen. Er gibt Kindern eine stärkere Basis, um unsere Rechte auf eine gesunde Umwelt durchzusetzen. Weltweit setzen sich immer mehr Menschen für den Schutz der Umwelt durch die Menschenrechte ein, und der Allgemeine Kommentar Nr. 26 ist ein wichtiger Teil davon.”
Weiterführende Informationen
Der Allgemeine Kommentar Nr. 26 kann hier abgerufen werden (in englischer Sprache).
Eine kinderfreundliche Version des Allgemeinen Kommentars Nr. 26 wird am 18. September 2023 als Teil der offiziellen Veröffentlichung des Allgemeinen Kommentars während der nächsten Sitzung des Ausschusses in Genf, Schweiz, bereitgestellt.
Weitere Informationen zum Allgemeinen Kommentar Nr. 26 finden Sie hier.