Gazastreifen: Verschiebung der dritten Polio-Impfkampagne notwendig

Jerusalem/Amman/Genf/Wien – Intensive Bombardierungen, Massenvertreibungen und fehlender Zugang im Norden Gazas zwingen zur Verschiebung der Polio-Impfkampagne.

Kinder bekommen die Polio-Schluckimpfung.
© UNICEF/UNI665165/El Baba

Aufgrund der eskalierenden Gewalt, intensiver Bombardierungen, Massenvertreibungsbefehle und fehlender garantierter humanitärer Pausen in weiten Teilen des nördlichen Gazas war das Polio-Technische Komitee für Gaza, dem das palästinensische Gesundheitsministerium, die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) und Partner angehören, gezwungen, die dritte Phase der Polio-Impfkampagne zu verschieben, die heute beginnen sollte. Diese letzte Phase der laufenden Kampagne hatte das Ziel, 119.279 Kinder im Norden Gazas zu impfen.

Die aktuellen Bedingungen, einschließlich der fortlaufenden Angriffe auf zivile Infrastruktur, gefährden weiterhin die Sicherheit der Menschen und die Bewegungsfreiheit im Norden Gazas, wodurch es unmöglich ist, dass Familien ihre Kinder sicher zur Impfung bringen können und dass Gesundheitspersonal ihre Arbeit verrichten kann.

Alle logistischen Vorbereitungen, Vorräte und geschultes Personal waren bereit, um die Kinder im Norden Gazas mit einer zweiten Dosis des neuartigen oralen Poliovirus-Impfstoffs Typ 2 (nOPV2) zu impfen, nachdem die erste Runde der Impfungen vom 1. bis 12. September 2024 im gesamten Gazastreifen durchgeführt wurde. Da jedoch der Bereich, der aktuell für temporäre humanitäre Pausen genehmigt ist, erheblich verkleinert wurde – nun nur noch auf Gaza-Stadt beschränkt, was eine deutliche Reduzierung im Vergleich zur ersten Runde darstellt – hätten viele Kinder im Norden Gazas ihre Polio-Impfung nicht erhalten.

Um die Übertragung des Poliovirus zu unterbrechen, müssen mindestens 90 % aller Kinder in jeder Gemeinde und Nachbarschaft geimpft werden – eine Voraussetzung für eine effektive Kampagne, um den Ausbruch zu stoppen und eine weitere Verbreitung zu verhindern. Humanitäre Pausen sind für den Erfolg entscheidend, da sie es den Partnern ermöglichen, Impfstoffe an Gesundheitseinrichtungen zu liefern, Familien sicheren Zugang zu Impfstellen zu gewähren und mobile Teams von Gesundheitspersonal die Kinder in ihren Gemeinden zu erreichen. Eine Verzögerung bei der Verabreichung der zweiten nOPV2-Dosis innerhalb von sechs Wochen verringert die Wirkung von zwei eng aufeinanderfolgenden Runden, die darauf abzielen, die Immunität aller Kinder gleichzeitig zu stärken und die Übertragung des Poliovirus zu unterbrechen. Wenn eine erhebliche Anzahl von Kindern ihre zweite Impfdosis nicht erhält, wird dies die Bemühungen, die Übertragung des Poliovirus in Gaza zu stoppen, ernsthaft gefährden. Dies könnte auch zu einer weiteren Ausbreitung des Poliovirus im Gazastreifen und in den Nachbarländern führen, wodurch das Risiko besteht, dass weitere Kinder gelähmt werden.

Seit dem Start der zweiten Runde der Polio-Kampagne im Gazastreifen am 14. Oktober 2024 wurden im Zentrum und Süden des Gazastreifens 442.855 Kinder unter zehn Jahren erfolgreich geimpft – 94 % des Ziels in diesen Gebieten. Insgesamt erhielten 357.802 Kinder im Alter von zwei bis zehn Jahren Vitamin-A-Präparate im Rahmen der Bemühungen, die Bereitstellung des Polio-Impfstoffs mit anderen wesentlichen Gesundheitsdiensten im Gazastreifen zu integrieren.

Es ist von entscheidender Bedeutung, den Polio-Ausbruch so schnell wie möglich zu stoppen, bevor weitere Kinder gelähmt werden und sich das Poliovirus weiter ausbreitet. Daher ist es unerlässlich, dass die Impfkampagne im Norden Gazas durch die Umsetzung der humanitären Pausen unterstützt wird, um den Zugang zu allen impfberechtigten Kindern zu gewährleisten. WHO und UNICEF fordern alle Parteien auf, sicherzustellen, dass Zivilpersonen, Gesundheitspersonal und zivile Infrastruktur, wie Schulen, Unterkünfte und Krankenhäuser, geschützt werden, und erneuern ihren Appell zu einem sofortigen Waffenstillstand.

UNICEF bittet um Unterstützung der Nothilfe Nahostkonflikt.