UNICEF Feature von Sandie Blanchet, UNICEF Indien
Es regnet in Orissa. Noch immer. Door Singh, eine 40-jährige Großmutter, starrt in den Regen und wartet auf die Reislieferung. "Ich habe schon genug vom Leben gesehen. Meine Familie kam vor 30 Jahren hierher. Diese Überschwemmung aber hat so vielen Menschen so viel genommen." Door wartet mit ihrer Enkeltochter auf die Nahrungslieferungen. In den letzten Tagen hat die Familie in der örtlichen Volksschule gelebt. Der einzige Platz, der ihnen Schutz vor dem Regen gab. Und die Wettervorhersage kündigt noch mehr Regen an.
Doch nicht nur die Versorgung mit Nahrung ist kritisch. Denn während Orissa unter Wasser steht, hat die Bevölkerung kaum Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Fluten haben Pumpen überschwemmt und Wasserstellen verseucht. Der Mangel an sanitären Einrichtungen verschärft die Situation zusätzlich.
Door Singh und ihre Enkelin sind nicht allein mit ihrem Schicksal. 8,22 Millionen Menschen, darunter etwa 2,1 Millionen Kinder in Orissa sind von den Überschwemmungen betroffen. Über 174.000 Häuser wurden zerstört. Die Familien suchen in Schulen, provisorischen Lagern, auf Dämmen und in öffentlichen Gebäuden Zuflucht vor dem strömenden Regen.
Im Jahr 1999 suchte ein furchtbarer Wirbelsturm Orissa heim. 13 Millionen Menschen waren betroffen, darunter 3,5 Millionen Kinder, und 1,6 Millionen Häuser wurden zerstört. Danach kam die große Dürre und jetzt die Fluten. Orissa gehört zu den ärmsten Bundesstaaten von Indien und die Familien sind wieder einmal mit einer Katastrophe konfrontiert.
Viele Dörfer konnten von den Rettungsmannschaften noch gar nicht erreicht werden, es gibt keine Informationen über die Situation der Kinder dort. Boote werden dringend benötigt, um Nahrungsmittel, Wasser und Medikamente zu der abgeschnittenen Bevölkerung zu bringen. UNICEF hat bereits 20 Motorschlauchboote und 5 Fiberglasboote zur Verfügung gestellt.
2 Millionen Grundschüler und etwa eine halbe Million Schüler von weiterführenden Schulen können in 18 Distrikten nicht zum Unterricht gehen. Vergangene Katastrophen haben gezeigt, daß es extrem schwierig ist, Kinder wieder einzuschulen, wenn der Schulbetrieb für längere Zeit unterbrochen war. Jedes Kind, das nicht zur Schule geht, läuft Gefahr, ausgebeutet zu werden.
Fälle von schweren Durchfallerkrankungen und Gastroenteritis häufen sich. UNICEF unterstützte den Druck von 250.000 Informationsblättern, die einfache Methoden zur Wasseraufbereitung und die Verwendung von oralem Rehydrationssalz bei schwerem Durchfall erklären. UNICEF hat weiters Tonnen von Mitteln zur Wasseraufbereitung eingeflogen und verteilt. Zudem konnte UNICEF bereits Wasserpumpen, Zelte und Medikamente zur Verfügung stellen.
Indien wird regelmäßig von verschiedenen Naturkatastrophen heimgesucht: von Dürre, von Überschwemmungen, von Erdbeben, von Wirbelstürmen. Seit einiger Zeit arbeitet UNICEF gemeinsam mit der indischen Regierung und Experten daran, besser für den Ernstfall gerüstet zu sein. "Kinder sind immer die verletzlichsten Opfer", sagt Maria Calivis, Direktorin von UNICEF Indien. "Wir können keine Naturkatastrophen verhindern, aber wir müssen und können die Kinder schützen, indem wir besser auf den Ernstfall vorbereitet sind!"
Für UNICEF ist auch diesmal der Notfall nicht mit dem Ende der Regenfälle beendet. UNICEF arbeitet seit 1949 in Indien und führt langfristige Programme in den Bereichen Schulbildung, Gesundheit, Ernährung, Trinkwasser und Schutz von Kinderrechten durch.