Kinder können kein weiteres Jahr mit Schulunterbrechung aushalten

Statement von UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore

Rafael (11) lernt aus seinen Schulbüchern der 6. Klasse. Am Online-Unterricht kann er nicht teilnehmen, da seine Familie keinen Internetzugang hat.
Rafael (11) lernt aus seinen Schulbüchern der 6. Klasse. Am Online-Unterricht kann er nicht teilnehmen, da seine Familie keinen Internetzugang hat. © UNICEF

„Während wir in das zweite Jahr der COVID-19-Pandemie eintreten und die Zahl der Fälle auf der ganzen Welt weiter ansteigt, sollten keine Anstrengungen gescheut werden, um Schulen offen zu halten oder ihnen bei Wiedereröffnungsplänen Priorität einzuräumen.

Trotz überwältigender Beweise für die Auswirkungen von Schulschließungen auf Kinder und dafür, dass Schulen nicht die treibende Kraft der Pandemie sind, haben sich zu viele Länder dafür entschieden, Schulen geschlossen zu halten, manche sogar fast ein Jahr lang.

Die Auswirkungen der Schließungen von Schulen – die auf dem Höhepunkt der Pandemie 90 Prozent der Schülerinnen weltweit betrafen und mehr als ein Drittel der Schulkinder ohne Zugang zu einer weiterführenden Schule zurückließen – sind verheerend.

Die Zahl der Kinder, die nicht in die Schule gehen, wird um 24 Millionen ansteigen – auf ein Niveau, das wir seit Jahren nicht mehr gesehen haben und für dessen Überwindung wir so hart gekämpft hatten.

Die Fähigkeit zu lesen, zu schreiben und die Grundrechenarten zu beherrschen, hat gelitten, und die Fähigkeiten der Kinder, die sie brauchen, um in der Wirtschaft des 21. Jahrhunderts erfolgreich zu sein, haben abgenommen.

Ihre Gesundheit, Entwicklung, Sicherheit und ihr Wohlbefinden sind gefährdet. Die Schwächsten unter ihnen werden am stärksten betroffen sein.

Ohne Schulmahlzeiten bleiben die Kinder hungrig und ihre Ernährung verschlechtert sich. Ohne tägliche Interaktionen mit Gleichaltrigen und einer eingeschränkten Mobilität verlieren sie an körperlicher Fitness und zeigen Anzeichen von psychischer Belastung. Ohne das Sicherheitsnetz, das die Schule oft bietet, sind sie anfälliger für Missbrauch, Kinderheirat und Kinderarbeit.

Deshalb sollten Schulschließungen eine Maßnahme des letzten Auswegs sein, nachdem alle anderen Optionen in Betracht gezogen wurden.

Die Einschätzung des Übertragungsrisikos auf lokaler Ebene sollte ein wesentlicher Faktor bei Entscheidungen über den Schulbetrieb sein. Landesweite Schulschließungen müssen, wann immer möglich, vermieden werden. Wo es ein hohes Maß an kommunaler Übertragung gibt, die Gesundheitssysteme unter extremem Druck stehen und die Schließung von Schulen als unvermeidlich angesehen wird, müssen Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Dazu gehört, dass Kinder, die zu Hause von Gewalt bedroht sind, die auf Schulspeisungen angewiesen sind und deren Eltern unverzichtbare Arbeitskräfte sind, ihre Ausbildung in ihren Klassenräumen fortsetzen können.

Im Falle von Lockdowns müssen die Schulen als Erstes wieder öffnen, sobald die Behörden die Einschränkungen aufheben. Nachholklassen sollten Vorrang haben, um sicherzustellen, dass Kinder, die nicht in der Lage waren, aus der Ferne zu lernen, nicht zurückgelassen werden.

Wenn Kinder mit einem weiteren Jahr der Schulschließungen konfrontiert werden, werden die Auswirkungen für kommende Generationen zu spüren sein."

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