Sie kommen aus dem Kosovo, Afghanistan, Sierra Leone dem Irak und noch vielen weiteren Ländern dieser Erde. Sie sind auf der Flucht vor Krieg, Menschenrechtsverletzungen, Verfolgung, Hunger ökologischen und ökonomischen Katastrophen.
Laut UNHCR sind es weltweit derzeit 6 Millionen Kinder, die genötigt sind, die Heimat zu verlassen. Besonders prekär ist die Lage für jene Minderjährigen, die gezwungen sind, ohne Eltern diesen Weg anzutreten. Österreich ist nur in einigen Fällen Zielland für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge. 1997 waren es ungefähr 400, die in Österreich ankamen.
Österreich hat es bis jetzt verabsäumt, für diese besonders schutzbedürftige Personengruppe Betreuungs- und Unterstützungsmöglichkeiten - wie sie in der Kinderrechtskonvention gemäß Artikel 22 von den Vertragsstaaten gefordert werden - einzurichten. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Bürokratische Hürden machen den jugendlichen Flüchtlingen ihr ohnehin belastetes Leben noch schwerer. Anstelle der benötigten Sicherheit erleben sie Ablehnung, Unverständnis und Zurückweisung.
Werden minderjährige Flüchtlinge beim illegalen Grenzübertritt festgenommen, wird durch die Situation in den Sammellagern der Zugang zum Asylverfahren extrem erschwert. Die Minderjährigen kommen erschöpft, verzweifelt und desorientiert in Österreich an. Anstatt in kompetente Betreuungseinrichtungen aufgenommen zu werden und psychosoziale Unterstützung zu erhalten, werden sie in Österreich immer häufiger in Schubhaft genommen.
Gelingt es, einen Asylantrag einzubringen, werden die Kinder und Jugendlichen bereits wenige Tage nach der Ankunft am Bundesasylamt einvernommen. Noch völlig desorientiert, uninformiert, verängstigt und erschöpft müssen sie ihren Fluchtweg beschreiben und ihre Fluchtgründe den ReferentInnen glaubhaft machen. Die ReferentInnen sind nicht auf die spezifischen Problemstellungen bei Jugendlichen und Kindern vorbereitet. Die Einvernahmesituation ist für die Minderjährigen enorm belastend, daher kommt es häufig zu Retraumatisierungen. Die Chance, in Österreich Asyl zu erhalten, ist für unbegleitete Minderjährige verschwindend gering. Weniger als 3% der AntragstellerInnen erhielten 1997 den Flüchtlingsstatus zugesprochen.
Die laut dem Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG § 3) für die Betreuung und Unterbringung zuständigen Jugendwohlfahrtsträger kommen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nach. Es stehen weder spezifische Unterbringungseinrichtungen noch geeignete Betreuungsangebote zur Verfügung. Den oft schwer traumatisierten Minderjährigen fehlen sowohl Bezugspersonen als auch professionelle psychotherapeutische Betreuung.
Die Kinder und Jugendlichen sind immer wieder von Obdachlosigkeit betroffen. Sprachkurse scheitern oft an fehlenden finanziellen Mitteln, teilweise ist nicht einmal Geld für Straßenbahnfahrscheine vorhanden. Durch die Aufenthaltsunsicherheit, die fehlende Erlaubnis, eine Ausbildung zu beginnen oder legale Beschäftigung aufzunehmen, sind die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge permanent in ihrer Existenz und ihrer Entwicklung gefährdet.
Der Grundsatz gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Kinderrechtskonvention, nachdem das Wohl des Kindes bei allen Maßnahmen vorrangig zu berücksichtigen ist, findet in Österreich bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen keine Beachtung.
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden in Österreich als Jugendliche Zweiter Klasse behandelt.
FORDERUNGEN:
- Keine Schubhaftverhängung bei minderjährigen Flüchtlingen. Während Sie diesen Text lesen sitzen durchschnittlich 50 Jugendliche in Österreichs Schubhaftgefängnissen. Auch Jugendlichen können, ohne ein strafrechtlich relevantes Delikt begangen zu haben und ohne richterliche Verurteilung, bis zu sechs Monaten in Schubhaft festgehalten werden.
- Die Unterbringung und Betreuung der Kinderflüchtlinge hat durch den zuständigen Jugendwohlfahrtsträger zu erfolgen. Viele Kinderflüchtlinge in Österreich leben buchstäblich auf der Straße, niemand fühlt sich für sie verantwortlich, sie werden als Jugendliche "Zweiter Klasse" behandelt. Die UnterzeichnerInnen fordern die Jugendwohlfahrtsträger daher auf, ein Betreuungsnetz für diese Personengruppe aufzubauen.
- Einrichten von Clearingstellen. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge stehen unter enormen Druck, sie sind erschöpft, einsam, verzweifelt und auf Unterstützung angewiesen. In Clearingstellen - spezialisierten Erstaufnahmeeinrichtungen - sollen sie die nötige Grundversorgung erhalten und ihre rechtliche Situation soll abgeklärt werden.
- Faire Asylverfahren unter Berücksichtigung kindspezifischer Fluchtgründe. 1997 wurden im Durchschnitt nur drei von einhundert Asylanträgen von unbegleiteten Kinderflüchtlingen anerkannt. Bei der Einvernahme am Bundesasylamt wird versucht, die Minderjährigen in Widersprüche zu verwickeln.
- Zugang zu Deutschkursen, Ausbildung und Arbeit. Jugendliche Flüchtlinge haben kaum die Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen. Schon der Besuch von Deutschkursen ist nicht immer gewährleistet, die Aufnahme einer Ausbildung oder legalen Arbeit ist im Regelfall nicht möglich. Jugendliche verlieren so wertvolle Lebenszeit durch erzwungene Untätigkeit.