Statement zur Sklaverei im Sudan von Carol Bellamy, Direktorin von UNICEF

Beim Bürgerkrieg im Sudan, der in den letzten 16 Jahren zwei Millionen Menschenleben gefordert und vier Millionen Menschen vertrieben wurden, sind eine Reihe von absurden Praktiken üblich. Eine davon ist Sklaverei. In der Mehrzahl der Fälle kam es zur Entführung und späteren Ausbeutung von Kindern und Frauen aus der Region Bahr El Gazal im Süd-Sudan. Obwohl die meisten Entführungen eindeutig das Werk der im Norden des Landes stationierten Militärs waren, wurden solche Verbrechen von den kriegsführenden Stämmen im Süd- Sudan begangen.
Als Reaktion auf diese zahlreichen Greueltaten unternimmt eine Reihe von privat finanzierten gutgemeinte Anstrengungen zur Freilassung der einzelnen Sklaven. Natürlich müssen die Anstrengungen zur Beendigung des Sklavenhandels (dieser ist im "Übereinkommen betreffend die Sklaverei" von 1926 definiert als "alle Akte die die Gefangennahme, die Entführung oder den Verkauf einer Person mit der Absicht diese zu einem Sklaven zu machen, beinhalten" definiert) weitergeführt werden, bis diese verabscheuungswürdige Praxis ein Ende gefunden hat. Während UNICEF die humanitären Absichten von Schulkindern in den USA und anderen Staaten zum Freikaufen der Sklaven versteht, ist es nüchterne Wahrheit, daß diese Anstrengungen die Versklavung von Menschen nicht beenden werden. Die Konvention über die Rechte des Kindes verpflichtet Regierungen zur Verhinderung von Entführung, Verkauf oder Handel von Kindern zu jedwedem Zweck und in jeder Form und fordert UNICEF auf, die Regierungen bei diesen Anstrengungen zu unterstützen. UNICEF beteiligt sich aus Prinzip nicht am Kauf und Verkauf von Menschen und fördert dies auch nicht.
Zweifellos richtet sich die Praxis des Zahlens für die Rettung von versklavten Kindern und Frauen nicht an die der Sklaverei im Sudan zugrundeliegenden Gründe: den anhaltenden Bürgerkrieg und seine kriminellen Nebenerscheinungen. Solange nicht diese Wurzeln des Problems angesprochen werden, kann es keine dauernde Lösung geben. Um die Sklaverei im Sudan zurückzudrängen und schließlich zu beenden, glaubt UNICEF, daß die wesentlichen Anstrengungen auf die Einstellung der Unterstützung der kämpfenden Parteien gerichtet sein sollten, um damit ein Ende der bewaffneten Konflikte und aller anderen Praktiken zu bewirken.
UNICEF wird dadurch ermutigt, daß der Advisory Council für Menschenrechte der Republik Sudan kürzlich um Hilfe bezüglich des Problems der Sklaverei gebeten hat. Obwohl UNICEF den von der Regierung des Sudan bekundeten Willen begrüßt, das Problem der Sklaverei in diesem Land anzupacken, muß dennoch bemerkt werden, daß eine Reihe von früheren Initiativen in dieser Angelegenheit nicht erfolgreich war. Nun, da es unwiderlegbare Beweise eines etablierten und andauernden Sklavenhandels im Sudan gibt, hofft UNICEF auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Regierung des Sudan und anderen interessierten Mitgliedern der Internationalen Gemeinschaft - hier besonders dem Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR), das in dieser Angelegenheit bereits aktiv ist und sich engagiert - um die im folgenden angeführten Ziele zu erreichen:
* Die feste Verpflichtung von allen, die direkt oder indirekt verantwortlich sind, den Sklavenhandel im Sudan zu beenden.
* Keine Einschränkungen der Mobilität für internationale Beobachter.
* Volle Unterstützung für Wiedergutmachungs-, Such- und Wiedervereinigungsprogramme.
* Ein spezieller Plan und Vorkehrungen für einen freien Zugang, um alle Phasen der gesamten Anstrengungen zu dokumentieren, die zur Beendigung des Sklavenhandels, der Befreiung der Opfer und zu deren Rückführung in ihre Heimatgemeinden und Familien beitragen.
Während der 90er Jahre wurden wir Zeugen eines Ansteigens der Zahl von Bürgerkriegen, bei denen es kein Limit für Erniedrigungen zu geben schien, die Unschuldigen - besonders Kindern und Frauen - zugefügt wurden. Sei es, daß es die Verwendung von Sklaverei als Waffe im Krieg im Sudan ist, die Verstümmelungen an Menschen in Sierra Leone oder organisierte Vergewaltigungen und Verstümmelungen im Kosovo, Konflikte im ausgehenden 20. Jahrhundert bedeuten beispiellose Herausforderungen an alle menschlichen Bestrebungen, eine friedvolle, gerechte und schöne Welt zu schaffen. In praktisch allen Fällen, haben heutige bewaffnete Konflikte ihre Wurzeln in verschlungenen politischen und ökonomischen Belangen, für deren Bekämpfung humanitäre Organisationen weder einen Auftrag haben noch dafür ausgerüstet sind. In diesem weltweiten Zusammenhang ist es eine Quelle des Ansporns für UNICEF, daß die andauernden Anstrengungen von 20 Nationen, allen voran Norwegen, für eine politische Lösung im Sudan jetzt fruchten könnten. Die gesamte Internationale Gemeinschaft sollte darauf vorbereitet sein, den Friedensprozeß im Sudan zu unterstützen und die Bedürfnisse der Gemeinden, die durch die Sklaverei betroffen sind, bzgl. Wiederaufbau und Entwicklung abzudecken.