Sudan: Mehr als zwei Millionen Kinder auf der Flucht aufgrund neuer Gewalt

Port Sudan/Wien – In den letzten 52 Tagen wurden mehr Kinder vertrieben als in den vergangenen vier Jahren zusammen. UNICEF warnt, dass ohne Frieden die Zukunft der Kinder im Sudan auf dem Spiel steht.

Eine Mutter im Sudan füttert ihrer Tochter Erdnusspaste von UNICEF. Sie sitzt auf ihrem Schoß.
© UNICEF/UN0848077/Ahmed Amin Ahmed Mohamed Osman

Seit dem Ausbruch des Konflikts im Sudan vor vier Monaten wurden mindestens zwei Millionen Kinder aus ihrer Heimat vertrieben – das sind durchschnittlich mehr als 700 Kinder pro Stunde. Während die Gewalt im Land weiter wütet, sind schätzungsweise 1,7 Millionen Kinder innerhalb der sudanesischen Grenzen auf der Flucht, und mehr als 470.000 haben die Grenze zu den Nachbarländern überquert.

Angesichts von mehr als zwei Millionen Kindern, die in nur wenigen Monaten durch den Konflikt vertrieben wurden, und zahllosen weiteren, die in einer erbarmungslosen Situtation gefangen sind, kann die Dringlichkeit unserer kollektiven Reaktion gar nicht hoch genug eingeschätzt werden", sagte Mandeep O'Brien, UNICEF-Länderbeauftragter im Sudan. „Wir hören unvorstellbare Geschichten von Kindern und Familien, von denen einige alles verloren haben und mit ansehen mussten, wie ihre Angehörigen vor ihren Augen starben. Wir haben es schon einmal gesagt, und wir sagen es erneut: Wir brauchen jetzt Frieden, damit die Kinder überleben können.

Gegenwärtig benötigen fast 14 Millionen Kinder dringend humanitäre Hilfe. Viele von ihnen sind täglich vielfältigen Bedrohungen und schrecklichen Erfahrungen ausgesetzt. Abgesehen von Konfliktherden wie Darfur und Khartum haben sich die schweren Kämpfe inzwischen auch auf andere bewohnte Gebiete ausgeweitet, unter anderem in Süd- und Westkordofan, wodurch die Bereitstellung lebensrettender Dienste für die enorm Bedürftigen und der Zugang zu diesen eingeschränkt werden.#

Es wird geschätzt, dass zwischen Juli und September 2023 20,3 Millionen Menschen von Ernährungsunsicherheit betroffen sein werden, was den Gesundheits- und Ernährungszustand von fast 10 Millionen Kindern weiter verschlechtern dürfte.

Mit dem Beginn der Regenzeit wurden viele Häuser durch Überschwemmungen zerstört, was dazu führte, dass immer mehr Familien aus ihren Gebieten flohen. Außerdem ist das Risiko des Ausbruchs von Krankheiten wie Cholera, Dengue, Rifttalfieber und Chikungunya-Fieber während der Regenzeit deutlich höher. Derzeit haben mehr als 9,4 Millionen Kinder im Sudan keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, und 3,4 Millionen Kinder unter 5 Jahren sind stark gefährdet, an Durchfallerkrankungen und Cholera zu erkranken.

Die Gewalt behindert nach wie vor die Bereitstellung von Gesundheits- und Ernährungsdiensten, wodurch Millionen Kinder gefährdet sind. In Khartum sowie in den Regionen Darfur und Kordofan sind weniger als ein Drittel der Gesundheitseinrichtungen voll funktionsfähig. Unsicherheit und Vertreibung hindern Patient:innen und medizinisches Personal daran, Krankenhäuser zu erreichen, und viele Einrichtungen wurden Berichten zufolge angegriffen und zerstört.

Die Gesundheitssysteme in den anderen elf Bundesstaaten sind aufgrund der massiven Vertreibung der Bevölkerung aus den Krisengebieten in die weniger betroffenen Bundesstaaten überfordert. Nach Angaben von UNICEF berichten alle Regionen des Sudan über einen gravierenden Mangel an Medikamenten und Hilfsgütern, darunter auch lebensrettende Hilfsgüter, und über deren Verknappung.
In Gebieten, in denen es viele Binnenvertriebene gibt und die Gesundheitssysteme überlastet sind, wie in den Blauen und Weißen Nil-Staaten, kommt es immer wieder zu Krankheitsausbrüchen, darunter auch Masern, und es wird von Todesfällen berichtet.

Die tödliche Kombination von Masern und Mangelernährung gefährdet das Leben von Kindern in hohem Maße, wenn nicht umgehend Maßnahmen ergriffen werden. Da der Konflikt das Land weiterhin verwüstet, besteht für fast 700. 000 Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung ein hohes Risiko, dass sie ohne Behandlung nicht überleben, 1,7 Millionen Babys laufen Gefahr, wichtige lebensrettende Impfungen zu verpassen, und eine ganze Generation von Kindern wird wahrscheinlich keine Schulbildung erhalten. Millionen Buben und Mädchen werden auch keine Sicherheit und kein psychosoziales Wohlbefinden erleben.

In den letzten vier Monaten hat UNICEF mehr als vier Millionen Kindern, Müttern und Familien im Sudan Gesundheits-, Ernährungs-, Wasser-, Sanitär- und Hygienedienste (WASH) sowie Bildung und Schutz bereitgestellt. In den nächsten 100 Tagen benötigt UNICEF dringend 400 Millionen US-Dollar, um seine Krisenmaßnahmen aufrechtzuerhalten und auszuweiten und die am meisten gefährdeten Kinder zu unterstützen.

UNICEF appelliert weiterhin an alle Konfliktparteien, die Sicherheit und das Wohlergehen der Kinder in den Vordergrund zu stellen, ihren Schutz zu gewährleisten und den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in die betroffenen Gebiete zu ermöglichen. Lebensrettende humanitäre Hilfe muss unverzüglich geleistet werden, um die Rechte von Millionen gefährdeter Kinder zu schützen und zu wahren.

Für Redaktionen

Foto- und Videomaterial zum Konflikt im Sudan.