Hurrikan Mitch brachte in der letzten Oktoberwoche Tod und Zerstörung nach Honduras. Die schrecklichen Auswirkungen der Tragödie auf die Kinder des Landes werden jetzt erst klar. Die Behörden von Honduras erklärten, ihr Land sei "tödlich verwundet". UNICEF ist der Ansicht, daß Kinder die Hauptlast der Katastrophe tragen - und zwar für die kommenden Monate und Jahre.
Die vorläufigen Statistiken sprechen von etwa 7.000 Todesopfern, davon sind wahrscheinlich mehr als die Hälfte Kinder. In ländlichen Gebieten sind 65% der Opfer Kinder. 10.000 Menschen werden noch immer vermisst, davon sind die Hälfte Kinder. Von den 2 Millionen Menschen, die durch den Hurrikan obdachlos wurden, sind ebenfalls mindestens 50% Kinder. Über 500.000 Menschen sind zur Zeit in provisorischen Unterkünften untergebracht, davon sind 85.000 Kinder unter 5 Jahren.
In diesem Land mit seinen 5,9 Millionen Einwohnern bedeuten solche Zahlen "eine schwerwiegende Katastrophe für die Kinder und Jugendlichen von Honduras", wie Bernardo Cameratti, Leiter von UNICEF Honduras, sagte. "Unsere wichtigste moralische und praktische Priorität muß es sein, sie jetzt zu retten und sie langfristig zu unterstützen", fügt er hinzu.
Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes setzt fest, daß Kinder in Katastrophenfällen unter den ersten sein müssen, die Hilfe und Unterstützung erhalten. Diese Unterstützung betrifft nicht nur materielle Hilfe wie Nahrung, Unterkunft, Wasser, Medizin etc. sondern auch spezielle Hilfe und individuelle Fürsorge für die weitere Entwicklung der Kinder und für ihr psychisches Wohlergehen.
Die Kinder in Honduras sind nach dieser Katastrophe nun besonders anfällig für Mangelernährung und Krankheiten. Trinkwasser und Nahrung sind trotz massiver Bemühungen ein Problem, da viele Gebiete schwer zu erreichen sind. Mangelnde sanitäre Anlagen und verschmutztes Trinkwasser führen zu Krankheiten wie Cholera. Ein weiteres Risiko stellen Ausbrüche von Diarrhöe, Masern, Dengue- Fieber, und Malaria dar.
Im August dieses Jahre zeigte eine gemeinsam mit der Regierung von Honduras durchgeführte Studie, daß das Land gute Fortschritte bezüglich der Reduzierung der Kindersterblichkeit machte. Hurrikan Mitch wird diesen Prozeß zwangsläufig verlangsamen, wenn nicht sogar umkehren.
UNICEF führt in Honduras normalerweise ein Entwicklungsprogramm durch und startete sofort nach der Katastrophe gemeinsam mit Ministerien, lokalen Gemeinden, NGOs und anderen internationalen Organisationen große Hilfsaktionen, um Kinder und ihre Familien zu retten. UNICEF wurde von den Vereinten Nationen dazu ernannt, die Regierung als "Emergency Focal Point" bei der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser zu unterstützen, sowie bei der Wiederherstellung des Wasserversorgungssystems von Tegucigalpa. UNICEF versorgt auch betroffenen Gemeinden sowie obdachlose Kinder und ihre Familien mit Hilfsgütern und grundlegenden Sozialdiensten. UNICEF Radio- und TV-Spots informieren die Menschen rund um die Uhr über lebensnotwendige Maßnahmen zur Vermeidung von Krankheiten.
Die Schulen von Honduras bleiben während dieser Notlage geschlossen und Tausende werden repariert werden müssen, bevor sie wieder öffnen können. Die Wiederaufnahme des Schulbetriebes ist wichtig für Kinder nach einer Katastrophe. Es ist für ein Zeichen der Rückkehr zur Normalität, daß ihnen hilft, sich von ihrem Trauma zu erholen.
Zerstörte Häuser und Spitäler, weggeschwemmte Straßen und Brücken, der Verlust der Ernte - all das macht klar, daß die Notlage der Kinder noch länger andauern wird. In einem Land, in dem 75% der Kinder vor dem Hurrikan bereits in Armut lebten, kann die Situation der Kinder von Honduras jetzt nur noch als äußerst kritisch bezeichnet werden.
Die psychologische Auswirkung einer Katastrophe auf Kinder kann verheerend sein. Depressionen, Unsicherheit, gewalttätiges Benehmen, Lernschwierigkeiten sowie Schlaf- und Eßstörungen sind weit verbreitet bei Kindern in Notfallsituationen. In den Unterkünften werden bereits Programme für die psychischen Bedürfnisse der Kinder begonnen.
UNICEF führt soeben eine rasche Einschätzung der Lage durch, um nach der Nothilfe die Phase der Rehabilitation im Kontext der regulären Entwicklungsprogramme planen zu können. Beim Wiederaufbau des Landes müssen Kinder und Jugendliche im Zentrum der Bemühungen stehen. Bernardo Cameratti ist der Ansicht, daß mit Engagement der Regierung, mit Hilfe der Bevölkerung und mit internationaler Unterstützung Honduras diese Krise überstehen wird. Schon jetzt arbeiten 10.000 freiwillige Studenten und hunderte Lehrer an vorderster Front in den betroffenen Gebieten.