In den letzten 10 Jahren wurden die Straßen von Khartoum zur Heimat für eine immer größer werdende Zahl von Kindern. Für diese Kinder haben lokale und internationale NGOs Betreuungsstellen eingerichtet. Eines dieser Häuser ist das "Bashaier Home".
"Bashaier Home" ist ein Kinderschutz-Zentrum für Mädchen von sieben bis fünfzehn Jahren, die unter besonders schwierigen Umständen in Khartoum und Umgebung leben. Das Haus wurde 1992 eröffnet, und stellt ein Gegenstück zu den bereits existierenden Institutionen für Buben dar. Das "Bashaier Home" besteht aus einem Gebäude mit mehreren Räumen, die als Unterkunft für die Mädchen dienen, drei Klassenräumen, die aus Bambusholz gebaut sind, Verwaltungsbüros, einem Krankenhaus, einer Küche, und aus Quartieren für die Sozialarbeiterinnen, Lehrerinnen und Gesundheitsarbeiter ...
Die Funktion des "Bashaier Home": Im "Bashaier Home" bekommen mißhandelte, vernachlässigte und verlassene Mädchen ein eigenes Bett, Kleidung, soziale und medizinische Betreuung, Schul- und Berufsbildung.
"Wenn ein Mädchen bereits in eine Schule gegangen ist, wird sie in eine der nahegelegenen Schulen eingeschult. Hier im Haus werden jene Kinder unterrichtet, die niemals eine Schule besucht haben. Wir bieten auch Unterricht in den Fächern Hauswirtschaftslehre, Nähen und Stricken an", sagt Mofida Alamin, eine der Sozialarbeiterinnen.
Ein wichtiges Ziel ist auch die Reintegration der Mädchen in ihre Familien. Dieses Programm begann offiziell im Dezember 1994. Bis heute kehrten 26 Mädchen nach ihrem Aufenthalt im "Bashaier Home" wieder zu ihren Familien zurück. Die Sozialarbeiterinnen spielen eine wichtige Rolle in diesem Prozeß. Sie pendeln unermüdlich zwischen einer Familie und deren Tochter hin und her, bis die Verbindung wieder vollständig aufgebaut ist. Besuche des Kindes bei den Eltern und von der Familie bei ihrer Tochter im "Bashaier Home" werden arrangiert, als Vorbereitung für die Rückkehr des Mädchens ins Elternhaus. Ein Prozeß, der von sechs Monaten bis zu 3 Jahren dauern kann.
Ein neues und wichtiges Element des Programmes ist die ökonomische Stärkung der Familien - durch Beratung und Starthilfe bei einkommensschaffenden Projekten.
Zeinab, ein 13-jähriges Mädchen, das seit 1992 im Haus lebt, ist eines der Kinder, das eine Schule besucht. Zeinab ist eine der besten Schülerinnen ihrer Klasse. Ihre Mutter, die von ihrem Vater geschieden ist, lebt gemeinsam mit der Schwester von Zeinab. Ihre vier Brüder leben und arbeiten auf den Straßen. Zeinab wird bald wieder zu ihrer Mutter zurückkehren, voraussichtlich in den nächsten Wochen.
Die 12-jährige Fatima kam 1992 ins Bashaier Home, nachdem sie eines angeblichen Diebstahls beschuldigt worden war. Zu Beginn lehnte das Mädchen ihre Familie vollkommen ab, und bestand darauf, im Haus bleiben zu können. Doch nach und nach konnten die Sozialarbeiterinnen Fatima umstimmen. Sie nahm an Schulstunden teil. Dann wurden Besuche und Treffen mit ihren Eltern organisiert, und im April kehrte Fatima zu ihrer Familie zurück. Fatima, ein gutmütiges Kind, sitzt ruhig da, und freut sich über den Besuch der Sozialarbeiterin, die das Mädchen wie eine Freundin behandelt. Fatima's Mutter Hayat sagt, daß ihre Tochter wegen Mißhandlungen weggelaufen ist.
"Ich habe sie geschlagen," gibt die Mutter zu, "ich habe sie geschlagen, weil eine Nachbarin behauptet hat, daß Fatima ihr Geld gestohlen hätte. Sie ist weggelaufen, und wir haben überall nach ihr gesucht. Sie hatte zuviel Angst vor mir." Nach einem 3-monatigen Aufenthalt im "Bashaier Home" fühlte sich Fatima in der Lage, ihre Familie zu besuchen. "Meine anderen Kinder, die Nachbarn und ich haben uns sehr gefreut, Fatima wiederzusehen, da wir schon angenommen haben, sie sei tot," erzählt Hayat. Von da an besuchte Hayat ihre Tochter regelmäßig im "Bashaier Home". Heute sagt Fatima, daß sie sehr glücklich darüber ist, wieder bei ihrer Mutter und ihren Schwestern zu sein, und sie möchte im nächsten Semester die lokale Schule besuchen.
Als Fatima zu ihrer Familie zurückkehrte, half UNICEF ihrer Mutter beim Beginn eines Projektes. UNICEF stellte zwei Esel und einen Karren mit einem Faß zur Verfügung. Damit holt die Familie jetzt Wasser, um es zu verkaufen.
Die 15-jährige Samira, die bereits zu ihrer Familie zurückgekehrt ist, sagt, daß sie niemals wieder weglaufen würde. "Ich verstehe jetzt, daß es nicht gut ist, wegzulaufen, und ich weiß nicht, warum ich es getan habe. Ich ging einfach weg," sagt sie. Samir lief von ihrer Familie weg, weil sie von ihren Eltern geschlagen wurde - sie hatte Diebstähle begangen, um Nahrung für sie und ihre Geschwister zu beschaffen. Samira kam ins "Bashaier Home" und lebte dort 3 Jahre lang. Während dieser Zeit setzte sie ihre Ausbildung fort. Im April kehrte sie nach Hause zurück. Zwei Ziegen und Futter für die Tiere begleiteten sie bei ihrer Rückkehr - ein Teil eines einkommenschaffenden Projekts, um ihre Familie zu unterstützen.
Ihre Mutter, Salwa Mahmoud, sagt, daß sie dankbar über die Rückkehr ihrer Tochter sei. Samira freut sich schon auf den Besuch ihrer alten Schule. Zeinab,Fatima und Samira - drei Mädchen aus dem "Bashaier Home" finden ihren neuen Weg...
Neue Ziele von UNICEF für das "Bashaier Home": Schwerpunkt kriegstraumatisierte Mädchen. UNICEF hat dem "Bashaier Home" bis jetzt Ausstattung um öS 600.000,- zur Verfügung gestellt. Die Gesamtunterstützung von UNICEF beträgt öS 2.000.000,-. Viele leiden auch an den Erinnerungen an die Grausamkeiten des Krieges.
Kriegstraumatisierte Kinder brauchen Therapien für die Heilung der Seele. Deshalb ist es ein Ziel von UNICEF, zusätzlich Sozialarbeiterinnen, Lehrer und Gesundheitsarbeiter für die psychosoziale Betreuung von kriegstraumatisierten Kindern auszubilden.