Benachteiligungen im Bildungsbereich

UNICEF veröffentlicht neuen Report über Bildung in Industriestaaten

Ein neuer Report von UNICEF bietet erstmals einen umfassenden Vergleich über
die Leistungen von Schulen in Industrienationen. Der Report veröffentlicht
eine Tabelle, in der 24 Industrieländer nach dem Prozentsatz jener 14- bis
15-jährigen SchülerInnen der einzelnen Länder, deren Fähigkeiten unter einem
international fixiertem Wert liegen, reiht.

Für den neuen Report kombinierte das UNICEF-Forschungszentrum in Florenz
Daten aus fünf verschiedenen Tests hinsichtlich Lesekenntnisse, Mathematik
und Wissenschaften. Die Tests stammen aus zwei internationalen
Untersuchungen: Programme for International Student Assessment (PISA) und
Trends in International Maths and Science Study (TIMSS).

Am besten schneiden bei diesem Vergleich der Benachteiligungen im
Bildungsbereich Korea und Japan ab, während Portugal, Griechenland, Italien
und Spanien die letzten Plätze belegen. Österreich liegt an der guten
sechsten Stelle bei insgesamt 24 Ländern.

Der Prozentsatz der 15-Jährigen, die "unfähig sind, einfache Leseaufgaben zu
lösen" liegt zum Beispiel in Korea bei 6 Prozent und in Österreich, Island
und Frankreich bei 15 Prozent im Gegensatz zu Deutschland mit 23 oder
Portugal mit 26 Prozent.

Der Prozentsatz der 15-Jährigen, die "unfähig sind, einfaches mathematisches
Wissen anzuwenden" liegt in Korea und Japan unter 10 Prozent, in Portugal,
Griechenland, Spanien und Italien über 45 Prozent. Österreich liegt in
diesem Vergleich mit 25 Prozent gemeinsam mit Finnland an der achten Stelle.

Der Report setzt sich weiters mit den Unterschieden zwischen schwachen und
durchschnittlichen SchülerInnen auseinander. In anderen Worten: wie weit
fallen die schwächsten SchülerInnen zurück? Der Report beinhaltet hierzu
eine alternative Tabelle hinsichtlich der Wissenslücken zwischen schwachen
und durchschnittlichen SchülerInnen. Die wenigsten Unterschiede zeigen
demnach zwischen schwachen und durchschnittlichen SchülerInnen in Finnland,
Spanien und Portugal, extrem große Unterschiede weisen schwache und
durchschnittliche SchülerInnen in Belgien, Deutschland und in den USA auf.
Österreich liegt in dieser Tabelle an 14. Stelle.

Allerdings weist der Report auch auf große Unterschiede innerhalb aller
untersuchten Staaten hin. Die Testergebnisse von Kindern aus der gleichen
Schulstufe ergaben zum Beispiel in Belgien und Deutschland, daß die
Leistungen der schwächeren SchülerInnen etwa 5 Schuljahre hinter denen der
besten SchülerInnen liegen.

Der Report weist auch auf die Situation für Kinder aus Immigrantenfamilien
hin. Die Benachteiligungen für diese Kinder sind in einigen Ländern dreimal
so hoch, und zwar in Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland und
Deutschland. Australien und Kanada - beides Länder mit einem hohen Anteil
von Kindern aus Immigrantenfamilien ­ weisen hingegen weit bessere
Ergebnisse auf. Allerdings unterstützen diese Ergebnisse nicht die
allgemeine Annahme, daß Länder mit einen hohen Anteil an Immigranten
schlechtere Bildungsleistungen aufweisen. Der Report zeigt, daß der Anteil
von Immigrantenkindern keine Auswirkung auf das nationale Endergebnis
bezüglich Schulleistungen hat.

Bei der Suche nach Erklärungen setzt sich der Report mit den finanziellen
Mitteln für den Bildungssektor auseinander, doch es läßt sich keine
allgemeine Verbindung zwischen den staatlichen Ausgaben pro Schüler und den
Schulleistungen in reichen Ländern herstellen. Die staatlichen Ausgaben pro
Schüler sind zum Beispiel in Korea und Griechenland etwa gleich hoch. Korea
schneidet jedoch beim Vergleich der Benachteiligungen im Bildungsbereich am
besten ab, während Griechenland den vorletzten Platz belegt. Auch zwischen
den durchschnittlichen Schüleranzahl pro Lehrer läßt sich keine allgemeine
Verbindung zu den Schulleistungen in reichen Ländern herstellen.

Allerdings existiert laut den Ergebnissen des UNICEF-Reports in allen
untersuchten Ländern eine starke Verbindung zwischen den Schulleistungen von
Kindern und dem Beruf, der Ausbildung und dem wirtschaftlichen Status ihrer
Eltern. In Irland zum Beispiel beträgt die Chance für Kinder von gut
verdienenden, ausgebildeten Eltern auf höhere Bildung 90 Prozent, für Kinder
von ungelernten Arbeitern hingegen nur 13 Prozent.

UNICEF ist der Ansicht, daß Versuche, Benachteiligungen im Bildungsbereich
zu verringern, bereits bei der Betreuung von Kleinkindern beginnen müssen.
Es gibt immer mehr Belege dafür, daß eine hochqualitative Betreuung von
Klein- und Vorschulkindern eine große Rolle bei der Verringerung von
Benachteiligungen im Bildungsbereich spielen könnte. Eltern in
Industriestaaten nützen bereits vorhandene Einrichtungen von hoher Qualität,
doch viele davon sind private Einrichtungen. Um die Vorteile von guter
Betreuung allen Kindern im Kleinkind- und Vorschulalter zukommen zu lassen,
bedarf es in vielen Ländern großer öffentlicher Investitionen.

Die Regierungen der OECD-Staaten sind der Chancengleichheit verpflichtet
sowie dem Ziel, daß jedes Kind sein volles Potential erreichen kann. Doch
wie dieser Report zeigt, ist dieses Ideal weit von seiner Realisierung
entfernt.