1997 kamen ungefähr 400 (UMF) neu in Österreich an. Der Großteil der Jugendlichen (93%) war männlichen Geschlechts. Die Hauptherkunftsländer waren Jugoslawien (Kosovo) mit 31 % und Afghanistan mit 11 %. Das durchschnittliche Alter der Antragsteller war zum Zeitpunkt der Antragstellung 17,2 Jahre.
Drei Hauptfragestellungen wurden in der Studie bearbeitet. Zunächst ging es darum, die psychische Situation der ankommenden Jugendlichen zu betrachten, in einem zweiten Punkt wurde die Betreuungssituation reflektiert und an dritter Stelle stand die Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen. Die zentralen Ergebnisse der Studie waren:
Psychische Belastungen
Sowohl durch die Erlebnisse im Herkunftsland als auch durch die Flucht sind die Jugendlichen enormen psychischen Belastungen ausgesetzt. Bei ihrer Ankunft in Österreich finden sie aber nicht jene Situation vor, die für eine erfolgreich Bewältigung der oft traumatischen Erlebnisse, notwendig wäre. Im Gegenteil, es kommt ein Fülle von zusätzlichen, oft vermeidbaren, Belastungsmomenten auf die Minderjährigen zu. Die fehlende Aufenthaltssicherheit, die Anforderungen die aus dem Asylverfahren resultieren, die Belastungen aufgrund der Verständigungsprobleme und die fehlende Strukturierungsmöglichkeit des Tagesablaufes sind einige zentrale Belastungsmomente. Diese Tatsache sollte bei der künftigen Planung von Betreuungs- und Unterbringungseinrichtungen berücksichtigt werden.
Betreuung
In einem weiteren Schwerpunkt wird ein Überblick über die gegenwärtige Betreuungssituation von UMF gegeben. Hier zeigt sich, daß massive Defizite in fast allen Lebensbereichen ausfindig gemacht werden können. Als ein Hauptgrund für diese Mängel kann die ungeklärte Kompetenzfrage zwischen dem Bund und den Ländern aber auch zwischen den Bundesländern selbst angesehen werden. Auf der Strecke bleiben im Zuständigkeitsstreit die Kinder und Jugendlichen. Aufgrund der ungeklärten Zuständigkeiten bleibt ihnen häufig jegliche Unterstützung verwehrt. Die Studie weist darauf hin, daß der Jugendwohlfahrtsträger die einzige für die Unterbringung von UMF kompetente Behörde ist. Eine dauerhafte und befriedigende Lösung kann nur in jener Form passieren, daß die betroffenen Bundesländer in Zukunft annähernd gleiche Standards anbieten.
Im folgenden Abschnitt kommt die derzeitige Unterbringungssituation österreichweit und in einzelnen Bundesländern zur Sprache. Ausgewählte Unterbringungsmöglichkeiten für UMF werden vorgestellt. Es zeigt sich, daß die Einrichtungen, oft trotz großem Engagement der Mitarbeiter, massive Schwierigkeiten haben mehr als die Minimalbetreuung für UMF bereitzustellen. Schon die Vermittlung von Deutschkursen oder Straßenbahnfahrten können unlösbare Probleme darstellen. Während die Versorgung mit entsprechenden Nahrungsmitteln als relativ unproblematisch erlebt wird, bestehen in vielen anderen Bereichen massive Defizite: fehlende Möglichkeiten zum Spracherwerb, Berücksichtigung seiner besonderen psychischen Streßsituation, kind- und jugendgerechte Umgebung und Unterbringung sowie Betreuung durch eine ständige Bezugsperson. In diesem Bereich wäre intensive Bildungsarbeit notwendig.
Der Vorschlag eines Modells für die Unterbringung von UMF, deren zentrale Forderung in der Errichtung von Clearingstellen beruht, rundet diesen Abschnitt ab.
Rechtliche Situation
Der Ablauf des Asylverfahrens gleicht einem Hindernislauf. Zunächst zeigt sich, daß es für Flüchtlinge bereits schwierig ist, einen Asylantrag einzubringen. Die Einvernahmesituation selbst ist für UMF im besonderen Ausmaß belastend. Die Jugendlichen und Kinder befinden sich oft noch in einem Schockzustand, wenn sie am Bundesasylamt vorsprechen. In Extremfällen erfolgt die Einvernahme noch am Tag der Ankunft in Österreich. Ebenso sind die Referenten am Bundesasylamt nicht für die Arbeit mit Minderjährigen ausgebildet. Die Asylanerkennungsquote ist entsprechend gering. Nur zwei von 179 analysierten Bescheiden wiesen in der ersten Instanz einen positiven Ausgang des Asylverfahrens aus.
Ebenfalls stellen sich die im Asylgesetz 1997 eingeführten §§ 4, 5, und 6 als höchst problematisch heraus. Die zweitägige Berufungsfrist führt häufig dazu, daß von den gesetzlichen Vertretern Fristen nicht wahrgenommen werden. Die Qualität der gesetzlichen Vertretung im Asylverfahren durch das Amt für Jugend und Familie ist breiten Schwankungen unterworfen. Um eine bessere Begleitung sicherzustellen müssen in diesem Bereich zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Das fremdenpolizeiliche Verfahren stellt den zweiten Schwerpunkt in der rechtlichen Betrachtung dar. Besorgniserregend ist vor allem der extreme Anstieg der Schubhaftverhängungen bei Minderjährigen. Bei der Abschiebung und Zurückschiebung wird keine Rücksicht darauf genommen was mit dem Minderjährigen im Drittland oder Herkunftsland weiter passiert.