Ein Drittel aller Mädchen aus den ärmsten Haushalten war noch nie in der Schule

Davos/Genf/New York/Wien - Ein aktuelles UNICEF-Dokument zeigt die Ungleichheiten der öffentlichen Bildungsausgaben anlässlich des Weltbildungsforums auf.

An der Nankhali Grundschule in Lilongwe, Malawi, April 2019, während der Feierlichkeiten zur offiziellen Übergabe der neu errichteten Schulgebäude.
An der Nankhali Grundschule in Lilongwe, Malawi, April 2019, während der Feierlichkeiten zur offiziellen Übergabe der neu errichteten Schulgebäude.

Im Vorfeld des jährlichen, morgen beginnenden, Weltwirtschaftsforums in Davos kommen die BildungsministerInnen bereits heute beim Weltbildungsforum zusammen. UNICEF drängt die politischen EntscheidungsträgerInnen, sich mit den „beschämenden" Ungleichheiten der öffentlichen Bildungsausgaben auseinanderzusetzen.

Beinahe jedes dritte heranwachsende Mädchen aus den ärmsten Haushalten der Welt hat noch nie eine Schule besucht. Dies geht aus dem neuen UNICEF-Papier „Addressing the learning crisis: an urgent need to better finance education for the poorest children" hervor, das heute im Rahmen des Weltbildungsforums vorgestellt wurde.

Armut, Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, einer Behinderung, ethnischer Herkunft oder der Unterrichtssprache, die Entfernung zu Schulen und die schlechte Infrastruktur gehören zu den Hindernissen, die den ärmsten Kindern weiterhin den Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Bildung verwehren. Die Ausgrenzung von Bildung führt zu dauerhafter Armut und ist ein wesentlicher Faktor für eine globale Lernkrise.

Das UNICEF-Dokument zeigt große Unterschiede in der Verteilung der öffentlichen Bildungsausgaben auf. Begrenzte und ungleich verteilte Mittel führen zu großen Klassen, schlecht ausgebildeten LehrerInnen, mangelndem Bildungsmaterial und schlechter Schulinfrastruktur. Dies wiederum wirkt sich negativ auf den Schulbesuch, die Einschulung und das Lernen aus.

„Überall versagen die Länder in Bezug auf die ärmsten Kinder der Welt, damit auch in Bezug auf sich selbst", sagt UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. „Solange die öffentlichen Bildungsausgaben unverhältnismäßig stark den Kinder aus den reichsten Haushalten zugutekommen, haben die ärmsten wenig Hoffnung, der Armut zu entkommen, die Fähigkeiten zu erlernen, die sie brauchen, um in der heutigen Welt wettbewerbsfähig und erfolgreich zu sein, und einen Beitrag zur Wirtschaft ihrer Länder zu leisten.“   
 
Betrachtet man 42 Länder mit verfügbaren Daten, darunter auch Österreich, so stellt der Bericht fest, dass für die Bildung von Kindern aus den reichsten 20 Prozent der Haushalte fast doppelt so viele Mittel zur Verfügung stehen wie für Kinder aus den ärmsten 20 Prozent der Haushalte.

Zehn Länder Afrikas weisen die größten Unterschiede bei den Bildungsausgaben auf, wobei den reichsten Kindern im Vergleich zu den ärmsten viermal so viele Mittel zur Verfügung gestellt werden. In Guinea und der Zentralafrikanischen Republik – Länder mit einer der weltweit höchsten Raten an Kindern, die nicht in die Schule gehen – profitieren die reichsten Kinder neun bzw. sechs Mal so viel von öffentlichen Bildungsmitteln wie die ärmsten Kinder.

Barbados, Dänemark, Irland, Norwegen und Schweden sind die einzigen Länder der Analyse die Mittel für die Bildung gleichmäßig auf das reichste und das ärmste Quintil verteilen.

Der Bericht stellt fest, dass der Mangel an Ressourcen für die ärmsten Kinder eine lähmende Lernkrise verschärft, da die Schulen ihren SchülerInnen keine qualitativ hochwertige Bildung bieten. Laut der Weltbank kann mehr als die Hälfte der Kinder in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen am Ende der Grundschule keine einfache Geschichte lesen oder verstehen.

Das Forderungspapier enthält klare Leitlinien:

  • Im Rahmen der inländischen Ressourcenverteilung müssen die Mittel so verteilt werden, dass Kinder aus den ärmsten 20 Prozent der Haushalte mindestens 20 Prozent der Bildungsausgaben erhalten.
  • Öffentliche Mittel müssen vorrangig für niedrigere Bildungsstufen – in denen die Kinder aus den ärmsten Haushalten am stärksten vertreten sind – bereitgestellt werden, und die Zuweisungen für höhere Stufen müssen allmählich erhöht werden, wenn die Abdeckung auf den unteren Stufen nahezu durchgängig erreicht ist.
  • Jedem Kind muss eine mindestens einjährige allgemeine Vorschulbildung ermöglicht werden. Die Vorschulbildung ist die Grundlage, auf der jede Stufe der Schulbildung aufbaut. Kinder, die die Vorschulbildung abschließen, lernen besser, bleiben mit größerer Wahrscheinlichkeit in der Schule und können einen größeren Beitrag zu Wirtschaft und Gesellschaft leisten, wenn sie das Erwachsenenalter erreichen. Die Zuweisung von mindestens 10 Prozent der nationalen Bildungsbudgets wird dazu beitragen, den umfassenden Zugang zu erreichen.

Für Redaktionen

  • Der Datensatz betreffend heranwachsender Mädchen aus den ärmsten Haushalten bezieht sich auf Mädchen im Alter von 10-19 Jahren aus dem ärmsten Fünftel, die noch nie zur Schule gegangen sind.
  • Der Datensatz zu zehn Ländern Afrikas mit den höchsten Ungleichheiten bei den öffentlichen Bildungsausgaben bezieht sich auf Guinea, die Zentralafrikanische Republik, Senegal, Kamerun, Benin, Niger, Ruanda, Ghana, Togo und Tunesien.

Eine Auswahl an Videos und Fotos steht Redaktionen im Rahmen der Berichterstattung zum kostenfreien Download zur Verfügung.