Hilfe für Kinder nach den Überschwemmungen in Pakistan
Blog: Nasirabad, Pakistan - Temporäre Lernzentren bieten Kindern, die durch die historischen Überschwemmungen vertrieben wurden, eine willkommene Erholung. Auf der Fahrt über den Bolan-Pass, ein Tal im Südwesten Pakistans, werde ich erneut an die schiere Verwüstung erinnert, die die jüngsten Überschwemmungen in weiten Teilen des Landes angerichtet haben. Ein Blog von Catherine Weibel, Leiterin der Abteilung Advocacy & Kommunikation bei UNICEF Pakistan.
Während wir die stundenlange Fahrt entlang der ehemaligen Straße nach Jhal Magsi, einem Distrikt in Belutschistan, fortsetzen, offenbart das zurückweichende Wasser immer mehr Spuren der Zerstörung. Wir folgen einer Route, die noch vor wenigen Tagen unzugänglich war, und fahren durch ein Flussbett, das uns an den Trümmern einer einst mächtigen Brücke vorbeiführt, die unter dem Gewicht der Fluten zusammengebrochen ist.
Das Tal ist nun mit riesigen Betonbrocken übersät, den Überresten einer von den reißenden Fluten zerrissenen Straße. Hier und da sehe ich auch die Überreste von getrockneten Lehmwänden, die einst Häuser bildeten, sowie die Kadaver von Rindern, die in den Fluten ertrunken sind. In einigen Gebieten ist die Erde bereits wieder rissig und trocken, in anderen bleibt sie tückisch schlammig. An einer Stelle halten wir an und sprechen mit Dorfbewohnerinnen und -bewohnern, deren Häuser weggespült wurden, und ich versinke knietief im Schlamm.
Bald erreichen wir den Bezirk Nasirabad und sehen noch etwas anderes, was das Wasser hinterlassen hat: Tausende Obdachlose, darunter viele Kinder. Ganze Familien leben eingepfercht in kleinen gespendeten Zelten, in denen die Temperaturen bis zu 40 Grad Celsius erreichen. Die Frauen, mit denen ich spreche, erzählen mir, dass sie keine Privatsphäre haben. Andere Familien, die erst vor wenigen Tagen angekommen sind, haben nicht einmal den dünnen Stoff eines Zeltes über dem Kopf. Ihre Kinder sitzen auf dem harten Boden unter der glühend heißen Sonne. Einige wirken sehr verschlossen, unfähig zu begreifen, wie und warum ihre Welt auf den Kopf gestellt wurde.
Inmitten all dessen hebt sich ein großes Zelt von den anderen ab. Als ich es betrete, bemerke ich die kühlere Temperatur im Inneren, die eine willkommene Abwechslung zur drückenden Luftfeuchtigkeit bietet. Dutzende Mädchen und Buben sitzen im Schneidersitz auf sauberen Matten. Sie sind umgeben von bunten Luftballons und Postern mit dem Alphabet in Englisch und Urdu. Im Inneren laufen auch betreuendes Personal und UNICEF-Bildungsbeauftragte umher. Sie unterhalten sich mit Kindern wie der fünfjährigen Rubina, die ein traditionelles, farbenfrohes grünes Belutschi-Kleid trägt. Rubina klatscht sanft in die Hände und blickt ständig zu ihrer Schwester Farida, als hätte sie Angst, dass diese verschwindet, wenn sie aufhört, sie zu beobachten.
Beide Schwestern lernen jetzt in einem der mehr als 500 temporären Lernzentren, die UNICEF in Zusammenarbeit mit den Bildungsministerien der Provinzen in den überschwemmten Gebieten eingerichtet hat. Die Zentren bieten den Kindern die Möglichkeit, sich mit anderen Kindern in einer sicheren und schützenden Umgebung zu treffen, wo sie spielen, lernen und einfach wieder Kind sein können.
Von einem Betreuer ermutigt, sagt Rubina ein paar Worte. „Ich bin hierhergekommen, um etwas zu lernen", flüstert sie schüchtern. Als ihre Familie aus ihrem Haus fliehen musste, konnte sie weder Spielzeug noch Bücher mitnehmen. Jetzt drückt sie einen leuchtend blauen UNICEF-Rucksack, den sie im Zentrum bekommen hat, an ihre Brust. Ihre Schwester Farida ist gesprächiger. „Ich bin hierhergekommen, weil ich Ärztin werden will", erzählt sie mir mit einem breiten Lächeln.
Saeed Hizbullah, einer der Betreuer des Zentrums, sagt, dass die meisten Kinder bei ihrer Ankunft sehr still sind und verständlicherweise nicht lächeln, oft allein sitzen und kaum mit anderen Menschen in Kontakt treten. Aber Hizbullah sagt, dass sich das schnell ändern kann, wenn die Kinder anfangen, sich wohler zu fühlen und an Freizeit- und Lernaktivitäten teilnehmen.
Solche Aktivitäten helfen den Kindern, der Langeweile und Verzweiflung in den notdürftigen Unterkünften ihrer Eltern zu entkommen, und sorgen dafür, dass sie in Sicherheit sind und lernen können. Schon vor den Überschwemmungen besuchte etwa ein Drittel der Kinder keinen Schulunterricht, aber seitdem sind weitere zwei Millionen Kinder gezwungen, die Schule zu verlassen, nachdem die Fluten Tausende Schulen weggespült haben.
Die Zentren helfen auch dabei, Kinder zu identifizieren, die besondere Unterstützung benötigen.
„Die Betreuerinnen und Betreuer können das körperliche, geistige und psychosoziale Wohlbefinden der Kinder beobachten", erklärt Hamid Baqi, ein UNICEF-Bildungsbeauftragter in Belutschistan. „Sie verweisen diejenigen, die gesundheitliche Probleme haben, an medizinische Hilfe, und diejenigen, die in Not sind, an spezielle psychosoziale Maßnahmen."
Hizbullah erzählt mir, dass die meisten Schüler nach ein paar Tagen wieder zu lächeln beginnen, wenn sie miteinander interagieren, obwohl andere, wie Rubina, vielleicht etwas mehr Zeit brauchen. Er sagt, dass er so etwas wie diese Überschwemmungen noch nie gesehen hat. Aber er fügt hinzu, dass er sich in gewisser Hinsicht glücklich schätzen kann. „Ich habe nicht nur einen Job, sondern auch einen, den ich mag", sagt er. „Ich kann Kinder wieder zum Lächeln bringen!"
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