JEDES DRITTE NEUGEBORENE WIRD NICHT OFFIZIELL REGISTRIERT

Ohne Geburtsurkunde sind Gesundheit, Schulbildung und Identität von Kindern gefährdet

Eines von drei Neugeborenen ist gefährdet, weil es bei
seiner Geburt nicht offiziell registriert wird - dies ist eine der Kernaussagen von
"THE PROGRESS OF NATIONS 1998", einem jährlichen Report von UNICEF,
dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, der heute in London vorgestellt
wurde. "THE PROGRESS OF NATIONS" untersucht jedes Jahr den Fortschritt
der einzelnen Staaten bezüglich der Situation von Kindern.

Jedes Jahr werden 40 Millionen Babies ohne offiziellen Namen oder
Nationalität geboren. 22 Nationen haben keine verfügbaren Daten bezüglich
Geburtenregistrierung.

"Dies ist eine der großen Geschichten unserer Zeit, über die nicht berichtet
wird," sagte UNICEF Direktorin Carol Bellamy heute bei der Vorstellung des
Reports. "Ein Kind ohne Geburtsurkunde ist ernsthaft bedroht. Eine
Geburtsurkunde ist notwendig, damit Gesundheitsdienste in Anspruch
genommen werden können, um Impfungen durchzuführen, um den Schulbesuch
zu gewährleisten und um etwa zu beweisen, daß ein Kind zu jung für den
Arbeitsmarkt oder den Militärdienst ist."

Ein Kind, das seine Identität nicht beweisen kann, existiert in den Augen der
Behörden nicht. Dieses Fehlen eines Beweises ist besonders für jene Kinder
tragisch, die durch Krieg, Hungersnot oder Naturkatastrophen aus ihrer Heimat
vertrieben werden. "In der heutigen Zeit ist es nicht besonders schwer ein
staatenloses Kind zu werden", sagte Carol Bellamy.

Ohne einer Geburtsurkunde können in mindestens 20 Staaten Kinder nicht
geimpft werden. Über 30 Länder verlangen ein Geburtszertifikat, bevor ein Kind
in einem Gesundheitszentrum behandelt werden kann. In fast allen Ländern dieser
Welt brauchen Kinder offizielle Papiere, um eingeschult zu werden.

Diskriminierende Gesetze bezüglich Geburtenregistrierung bedeuten, daß in
einigen Ländern Kinder, deren Väter unbekannt sind oder keine Bürgerrechte
besitzen, selbst keinen Anspruch auf eine legale Identität haben. Der Report
weist darauf hin, daß in Artikel 7 der Konvention über die Rechte des Kindes
das Recht des Kindes auf einen Namen und eine Nationalität festgehalten ist.

"Ohne wirkungsvolle Systeme zur Geburtenregistrierung ist es für Regierungen
schwierig, die Zukunft zu planen", sagte Bellamy. "Man weiß nicht, welche
Mengen an Impfstoff benötigt werden, oder wieviel Schulen man braucht. Alle
Regierungen sollten ihre Registrationssysteme überprüfen und sicherstellen,
daß die Bürger über die Bedeutung eines Geburtszertifikates informiert sind.
Und auch ohne Schwierigkeiten ein solches erhalten können."

"THE PROGRESS OF NATIONS" untersucht auch das Thema Impfschutz in
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

"Trotz der großen Fortschritte in den letzten zwei Jahrzehnten fallen Millionen
Kinder durch das "Impfnetz", sagte Bellamy. "Es ist lebenswichtig, daß wir
uns auf die Unterschiede konzentrieren. Wenn die meisten Kinder dieser Welt
geimpft werden, ist es besonders wichtig, mehr über jene zu wissen, die nicht
geimpft werden, und warum nicht."

Neue Impfstoffe könnten laut Experten ab Anfang des neuen Jahrtausends jährlich
bis zu 8 Millionen Kindern das Leben retten. Doch mangelndes Engagement auf
Seiten der Geber- und der Nehmerländer könnte verhindern, daß diese Impfstoffe
die Kinder in den ärmsten Ländern auch wirklich erreichen.

Weitere Themen des "PROGRESS OF NATIONS 1998" sind junge Menschen sowie
Obdachlosigkeit in Industrieländern.

Junge Menschen zwischen 10 und 19 Jahren stellen ein Sechstel der
Weltbevölkerung dar. Verfrühte Heirat und Schwangerschaft, Kinderarbeit,
wenig oder gar keine Schulbildung und sexuelle Diskriminierung sind die
Probleme, auf die der Report in diesen Zusammenhang erhöhte Aufmerksamkeit
lenken möchte. "Die Jugendzeit ist eine Zeit großen Potentials doch sie birgt
auch große Risiken in sich", sagte Bellamy. "Wir müssen die Probleme der
jungen Menschen beachten und Wege für ihre Partizipation schaffen."

Die Obdachlosigkeit in den Industriestaaten ist ein Beweis für die immer größer
werdenden ökonomischen Unterschiede in den reichsten Ländern, wobei Kinder
und Frauen oft zu den ersten Opfern zählen.

Im Vorwort zum "PROGRESS OF NATIONS 1998" nennt Kofi Annan,
Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Report "einen Aufruf für Kinder",
der "uns jedes Jahr daran erinnert, daß Reden über Kinder durch Aktionen
gestärkt werden müssen."