Kalkutta: Schule auf dem Bahnsteig

Der Sealdah Bahnhof in Kalkutta ist immer voll mit Reisenden. Tag und Nacht drängen sich tausende Menschen in der Bahnhofshalle und auf den Bahnsteigen, aber es gibt auch viele, die nicht auf der Durchreise sind. Für viele Familien und Straßenkinder ist der Bahnhof ein Zuhause. Einige der Kinder, die hier leben, wurden verlassen und haben keinen anderen Platz, zu dem sie gehen können. Andere sind vor einem Leben voll Armut und Mißbrauch nach Kalkutta geflohen, doch hier ist ihr Leben meist noch gefährlicher. Die Kinder sind Gewalt, sexueller und wirtschaftlicher Ausbeutung, Krankheit und Tod ausgesetzt.

Aber die Geschichte hat auch eine andere Seite. Das alte Gebäude am Ende von Bahnsteig 10 wurde zur Sealdah Bahnsteig-Schule, die von UNICEF finanziell unterstützt wird, umgebaut. Der Schulbesuch ist freiwillig, aber von den 50 Schülern fehlt fast nie jemand. Einige der älteren Kinder besuchen bereits reguläre öffentliche Schulen. Eines der Ziele des Programmes ist die Integration der Kinder in das öffentliche Schulsystem. Zu Mittag gibt es kostenloses Essen, danach können die Kinder malen, singen, tanzen und spielen. Jedes Kind erhält eine spezielle Beratung. Am Abend verwandelt sich die Schule zu einer Unterkunft für die Straßenkinder, damit sie einen sicheren Schlafplatz haben.

UNICEF arbeitet mit seinen lokalen Partnern daran, die Lebensqualität dieser Kinder zu verbessern. UNICEF unterstützt die indische Organisation "Child in Need Institute" (CINI), die Schulbildung mit Hilfe von Einrichtungen wie der Bahnsteig-Schule anbietet. Aber die Kinder vom Sealdah Bahnhof werden mit mehr als nur Unterricht versorgt. Es gibt sanitäre Anlagen, Nahrung, medizinische Betreuung, Information über Drogen, Krankheiten und HIV/AIDS. Jedes Kind hat einen eigenen, versperrbaren Spind. Obwohl die meisten Kinder kaum persönliche Dinge besitzen, trägt die Tatsache, daß sie etwas für sich allein haben, zu ihrem Sinn für Identität und zu ihrem Selbstvertrauen bei.

Mit Unterstützung von UNICEF spürt CINI die Familien der Kinder auf. Wenn ein Kind zu seinen Eltern oder zu anderen Verwandten zurück möchte, hilft UNICEF bei der schrittweisen Integration in die Familie. Aber die Kinder wissen, daß CINI und UNICEF immer zu ihrer Unterstützung und zu ihrem Schutz da sein werden, denn CINI kommt zu regelmäßigen Besuchen in die Familien.

Die Bahnsteig-Schule ist nur eine der Einrichtungen von CINI. In den ärmsten Vierteln von Kalkutta betreibt CINI mit Hilfe von UNICEF Zentren für Straßenkinder und Kinderarbeiter. Hier finden die Kinder Unterkunft, werden betreut und unterrichtet. Für Kinder von Prostituierten gibt es spezielle Betreuung in der Nacht und Kinderarbeiter können in den Zentren spielen, singen und tanzen. Ein weiteres Projekt ist ein Heim für über 60 Mädchen, die entweder verstoßen wurden oder vor sexuellem Mißbrauch geflohen sind und nun ein Leben beginnen können.