Militäroperationen und Grenzschließungen in Rafah

New York/Wien - Erklärung von UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell.

© UNICEF/UNI485731/El Baba

„Die humanitäre Hilfe von UNICEF und unseren Partnern – und damit das Leben all der Kinder und ihrer Familien im Gazastreifen, die davon abhängen – erfordert Treibstoff. Wir brauchen Treibstoff, um lebensrettende Hilfsgüter zu transportieren - Medikamente, Behandlungen für Unterernährung, Zelte und Wasserleitungen - und um Personal zu den Kindern und Familien in Not zu bringen. Doch die Intensivierung der Militäroperationen im Rafah-Gebiet und die Schließung der wichtigsten Grenzübergänge in den südlichen Gazastreifen haben unseren Zugang zu Treibstoff abgeschnitten und drohen, die humanitären Maßnahmen zum Erliegen zu bringen.

Die begrenzte lebenswichtige Infrastruktur im Gazastreifen, die zumindest teilweise funktionsfähig bleibt, ist ebenfalls auf Treibstoff angewiesen, um lebensrettende Dienste bereitzustellen. Dazu gehören die verbleibenden Krankenhäuser und Zentren für die medizinische Grundversorgung, Wasserentsalzungsanlagen und Brunnen, Abwasserpumpen und die Müllabfuhr - all diese Einrichtungen könnten innerhalb von Tagen, wenn nicht Stunden, keinen Treibstoff mehr haben.

Die Lage ist katastrophal. Wenn die Grenzübergänge Kerem Shalom und Rafah nicht wieder für die Versorgung mit Treibstoff und humanitären Hilfsgütern geöffnet werden, werden die Folgen fast sofort spürbar sein: Die lebenserhaltenden Maßnahmen für Frühgeborene werden nicht mehr funktionieren; Kinder und Familien werden dehydrieren oder gefährliches Wasser zu sich nehmen; die Abwässer werden überlaufen und Krankheiten weiter verbreiten. Einfach ausgedrückt: verlorene Zeit wird bald zu verlorenen Leben.

Ich fordere die zuständigen Behörden nachdrücklich auf, den humanitären Hilfskräften umsetzbare Maßnahmen und konkrete Zusicherungen zu geben, um den sicheren Transport humanitärer Güter in den und innerhalb des Gazastreifens auf allen Wegen zu erleichtern.

Ich bin auch sehr besorgt über die Bewegung von Zivilisten im Gazastreifen in unsichere Gebiete. Als Reaktion auf die Evakuierungsbefehle in Ost-Rafah sind Berichten zufolge mindestens 80.000 Menschen aus dem Gebiet geflohen, viele von ihnen haben in Al-Mawasi und in den Ruinen von Khan Younis Schutz gesucht. Wir haben seit Monaten davor gewarnt, dass Al-Mawasi keine sichere Option ist. Es handelt sich um einen schmalen Strandstreifen an der Küste, dem es an grundlegender Infrastruktur - wie Toiletten und fließendem Wasser - fehlt, die für die Versorgung der Bevölkerung erforderlich ist. Außerdem wurden die meisten Kinder in Rafah bereits mehrfach durch die Kämpfe vertrieben, was einen direkten Verstoß gegen ihre Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht darstellt.

Schließlich haben wir seit Monaten davor gewarnt, dass jede militärische Eskalation in Rafah zu noch größerem menschlichen Leid führen wird. Und jetzt sehen wir, wie sich das in Echtzeit abspielt. Die Kinder in Gaza haben in diesem Krieg furchtbar gelitten. Nach den jüngsten Schätzungen des palästinensischen Gesundheitsministeriums sind mehr als 14.000 Kinder getötet worden. Tausende weitere wurden verletzt oder haben Familienmitglieder, Angehörige oder Freunde verloren, während schätzungsweise 17.000 Kinder unbegleitet oder getrennt sind. Fast alle Kinder im Gazastreifen haben traumatische Kriegserfahrungen gemacht, deren Folgen ein Leben lang anhalten werden. Viele sind schwer verletzt, erschöpft, krank, unterernährt oder traumatisiert. Mit der jüngsten Eskalation in Rafah müssen sie nun noch mehr Schmerz und Leid ertragen.

Ich appelliere an die Konfliktparteien, die Feindseligkeiten sofort einzustellen, Kinder und zivile Infrastruktur zu schützen, alle verbleibenden Geiseln freizulassen und den humanitären Akteuren den nötigen Raum und Zugang zu gewähren, damit sie die so dringend benötigte massive und organisationsübergreifende Hilfe im Gazastreifen sicher durchführen können."

UNICEF bittet um Unterstützung der Nothilfe Nahostkonflikt.