Neueste Fakten zu weltweiten Bildungskatastrophe

Jedes Jahr werden Millionen Mädchen vom Schulunterricht ausgeschlossen.

Wien/Genf/Kairo/New York, 11. Dezember 2003: Der heute vorgestellte UNICEF-Bericht "Zur Situation der Kinder in der Welt 2004" verdeutlicht, dass die internationale Gemeinschaft in ihren Bemühungen zur Verbesserung der allgemeinen Schulbildung versagt hat. Im Zeitalter des Internet hat weltweit jedes sechste Kind nicht einmal die Chance, Lesen und Schreiben zu lernen. 121 Millionen Kinder im Grundschulalter gehen nicht zur Schule, weil ihre Familien zu arm sind, weil die Schulen überfüllt oder zu weit entfernt sind. 65 Millionen dieser Kinder sind Mädchen, denn noch immer werden sie in vielen Ländern beim Zugang zur Bildung benachteiligt.

UNICEF verdeutlicht in diesem Bericht, wie wirkungsvoll gute Schulbildung ist. Der Bericht dokumentiert zugleich die weltweite Bildungskatastrophe und benennt die Gründe für die Benachteiligung von Mädchen. Besonders in den kommenden zwei Jahren ist verstärkter Entwicklungsaufwand notwendig, um Mädchen eine Schulbildung zu ermöglichen. Andernfalls könnten die globalen Ziele zur Armutsreduktion sowie zur Verbesserung der Lebensbedingungen nicht erreicht werden.

"Der internationale Entwicklungsaufwand hat sich, was das Ziel der Mädchenbildung betrifft, als unzureichend herausgestellt", meint UNICEF Direktorin Carol Bellamy bei der Veröffentlichung des UNICEF-Reports "Zur Situation der Kinder in der Welt 2004" "Wir müssen uns selbst fragen, warum es dazu kommen kann und welche Konsequenzen daraus folgen werden". Die Ergebnisse dieses Berichtes sind deutlich: Die Diskriminierung der Geschlechter behindert Entwicklungsbemühungen, beginnend mit dem grundsätzlichen Recht jedes Kindes, die Schule zu besuchen.

UNICEF stellt fest, dass der Analphabetismus unter Mädchen viel höher ist als unter Buben, mindestens 9 Millionen mehr Mädchen als Buben sind vom Schulunterricht ausgeschlossen. Die negativen Auswirkungen betreffen allerdings nicht nur Mädchen und Frauen, sondern auch deren Kinder und Familien. Um die traurigen Zahlen bezüglich Armut, Kindersterblichkeit, HIV/AIDS und anderen Krankheiten wesentlich verringern zu können, müssen wir zunächst Mädchen und Buben ihr Recht auf Bildung sichern.

Der Report präsentiert sehr klar, dass andere Faktoren erst dann nachhaltig verbessert werden können, wenn man Mädchen eine gute Grundausbildung ermöglicht. Zum Beispiel weisen die Länder mit der niedrigsten Einschulungsrate bei Mädchen zugleich die höchsten Kindersterblichkeitsraten auf. 15% der Kinder sterben dort bereits vor ihrem 5. Lebensjahr.

Was muss sich ändern?
Der Bericht präsentiert einen Aktionsplan und ruft Entwicklungsorganisationen, Regierungen, Familien und Gemeinden dazu auf, ihre Bemühungen hinsichtlich Mädchenbildung zu intensivieren.

Zusätzlich zu den zielgerichteten Maßnahmen, ruft der Bericht auf zu:

  • Bildung einer nationalen Gesinnung zur Förderung von Bildung für Mädchen und Buben
  • Aufnahme von Bildung als unerlässliche Komponente in die Entwicklungspläne
  • Abschaffung von Schulgebühren jeglicher Art
  • Integration von Bildung in nationale Pläne zur Armutsreduktion
  • Erhöhte internationale Finanzierung von Bildung


Der UNICEF-Bericht hält fest, dass, mit wenigen Ausnahmen, industrialisierte Länder und internationale Finanzinstitutionen in der Einhaltung ihrer Verpflichtungen zur Bildungsfinanzierung versagt haben.

Trotz des Versprechens von Geberländern 1990, zusätzliche Finanzmittel für Bildung aufzubringen, und trotz ihrer Verpflichtung 1996, bis zum Jahr 2015 eine Grundausbildung für alle zu garantieren, sind die gesamten Entwicklungshilfegelder in den 90er Jahren zurückgegangen.

Am nötigsten wird die Hilfe in Afrika südlich der Sahara gebraucht, wo die Anzahl der Mädchen, die keine Schule besuchen können, ständig steigt. 1990 waren es 20 Millionen, 2002 bereits 24 Millionen. 83 Prozent aller Mädchen, die keine Schulen besuchen, leben in Afrika südlich der Sahara, Süd- und Ostasien sowie dem Pazifik.

Warum es dringend ist
Das erste der Millenium-Entwicklungsziele, das bis 2005 erreicht werden muss, ist es, zu garantieren, dass Mädchen und Buben eine Schulbildung ermöglicht wird. UNICEF argumentiert, dass es nach wie vor möglich ist dieses Ziel zu erreichen, aber nur wenn die nationalen Bemühungen und die internationale Unterstützung rasch verstärkt werden.

Vor einem Jahr verpflichtete sich UNICEF dazu mit Hilfe der Kampagne "25 bis 2005" dieses Ziel zu erreichen. Diese Kampagne soll 25 Ländern helfen, die Geschlechterkluft bezüglich Schulbildung zu eliminieren. Der Bericht zeigt im Detail den Fortschritt dieser Kampagne und gibt Beispiele über wirkungsvolle Maßnahmen.

"Mädchen die gleiche Bildung zu ermöglichen wie Buben ist keine unverbindliche Investition", meint Bellamy. "Keines der reicheren Länder dieser Welt konnte sich weiterentwickeln ohne in Bildung zu investieren. Das ist eine Lektion, die wir lernen müssen, wenn wir ernsthaft darüber nachdenken Dinge in dieser Welt zu ändern."

Warum es wichtig ist
Der UNICEF Bericht betont, dass Mädchenbildung einen weitreichenden Schneeballeffekt hat: Kinder gebildeter Mütter besuchen mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Schule, sind besser vor Krankheit, Ausbeutung und Missbrauch geschützt, ihr Risiko bei der Geburt ihrer Kinder zu sterben oder sich mit einer Krankheit, einschließlich HIV/AIDS, zu infizieren ist weitaus höher als bei Frauen mit Schulbildung. Für Mädchen ist die Ansteckungsgefahr mit HIV/AIDS von vorneherein größer als für Buben, daher sind sie besonders auf Informationen angewiesen - und die erhalten sie nur, wenn sie Broschüren oder Plakate lesen können bzw. wenn sie die Schule oder Aufklärungsprogramme besuchen. Bildung ist also auch im Kampf gegen AIDS ein Schlüsselfaktor.

Was ging schief?
Jener Entwicklungsansatz, der Bildung für alle sichern hätte sollen, ist fehlgeschlagen. Dieser Ansatz ging davon aus, dass Investitionen in die allgemeine Schulbildung für alle Kinder von Nutzen sein würden. Diese Annahme hat die speziellen Hindernisse für Mädchen nicht berücksichtigt. Obwohl die globalen Einschulungsraten zu schrittweisen Verbesserungen führen, sind noch immer um 9 Millionen mehr Mädchen komplett vom Schulunterricht ausgeschlossen. Zusätzlich ist die Ausfallsrate bei Mädchen im Durchschnitt höher als bei Buben.

Wegen der Geschlechterdiskriminierung, die sich in den meisten Gesellschaften findet, sind zunächst immer Mädchen die Opfer. Sie sind diejenigen, die als letzte eine Schule besuchen und in harten Zeiten als erste wieder herausgeholt werden.

Der Bericht argumentiert, dass Bildung als Menschenrecht anzusehen ist und nicht als Privileg. Wenn Bildung als Recht betrachtet wird, sind Regierungen dazu verpflichtet die notwendigen Ressourcen dafür aufzubringen, die allen Kindern eine qualitative Bildung garantieren.

Der UNICEF-Report "Zur Situation der Kinder in der Welt 2004" kann bei UNICEF Österreich unter 01/879 21 91 oder info@unicef.at bestellt werden.
Kosten: 2,50 Euro zuzüglich Versandkosten.