Schulen sollen "Waffen" gegen HIV/AIDS werden, fordert UNICEF

Berlin/Wien, 28. November 2000 – UNICEF-Direktorin Carol Bellamy forderte heute die von AIDS schwer betroffenen Länder dazu auf, mehr Mittel, Energie und Phantasie aufzuwenden, um Schulen beim Kampf gegen AIDS stärker mit einzubeziehen.

Schulen sind für den Staat eine einzigartige Chance, annähernd jede Familie, in jeder Gemeinde, jeden Tag ansprechen zu können, sagte Carol Bellamy anläßlich der UN-Präsentation der neuesten Statistiken über HIV/AIDS. "Schulen bringen Kinder mit älteren Vorbildern zusammen, die informiert, motiviert und organisiert sind. Warum investieren wir nicht in hohem Maße in diesen wertvollen Faktor?"

Der heute vorgestellte UNAIDS-Jahresbericht unterstreicht, daß Information und Bildung die Ausbreitung von HIV/AIDS aufhalten können. Untersuchungen in Afrika unter Teenagern, die eine Schule besuchen, ergaben einen erhöhten Kondomgebrauch einen Rückgang von flüchtigen sexuellen Kontakten. In Uganda sanken dank umfassender Präventionsprogramme die Infektionsraten bei Frauen mit Schulbildung zwischen 1995 und 1997 um die Hälfte.

Aber Zahlen aus anderen Ländern zeigen alarmierende Infektionsraten unter jungen Menschen:
+ Etwa 600.000 Kinder unter 15 Jahren wurden im Jahr 2000 mit HIV infiziert.
+ 500.000 Kinder starben im Jahr 2000 an AIDS – insgesamt sind somit bereits 4,3 Millionen Kinder daran gestorben.
+ 1,4 Millionen Kinder leben mit AIDS.
+ Jede Minute infizieren sich 6 junge Menschen unter 25 Jahren mit HIV.
+ Ein Drittel der heute 15-jährigen im südlichen Afrika wird in den nächsten Jahren an AIDS sterben.

Eine UNICEF-Studie zeigte auch das weitverbreitete Unwissen über HIV/AIDS auf. In mehreren Ländern wußte beinahe die Hälfte aller Mädchen im Alter von 15 bis 19 nicht, daß eine gesund aussehende Person mit HIV infiziert sein kann. In einigen der stark betroffenen Ländern war die Hälfte der Mädchen im Alter von 15 bis 19 der Meinung, daß sie beim Sexualverkehr kein Risiko eingehen. Bei Befragungen in 17 Ländern konnte mehr als die Hälfte der Jugendlichen keine einzige Methode zum Schutz vor HIV/AIDS nennen – der Großteil davon waren Mädchen.

Carol Bellamy forderte Regierungen, lokale Führungspersönlichkeiten, Lehrer und die Jugendlichen selbst dazu auf, Schulen zu Zentren im Kampf gegen HIV/AIDS zu machen. Den Schlüssel zur Verringerung der Infektionsraten halten die jungen Menschen selbst in den Händen", sagte Bellamy. "Wir von UNICEF glauben daran, daß der Erfolg beim Kampf gegen HIV/AIDS in der Schule beginnt."
Schulen müssen auch Bewußtseinsarbeit bezüglich Diskriminierung von Frauen und Mädchen leisten. Diese Diskriminierung führt oft zu erzwungenem Sex, der zur weiteren Verbreitung von HIV/AIDS beiträgt. Frauen sind viermal mehr gefährdet, von einem Mann mit HIV infiziert zu werden als umgekehrt. "Das Thema des Weltaidstages ist "Männer bewirken einen Unterschied – Men make a difference", so Bellamy. "Damit das passieren kann, müssen Buben bereits in der Schule dazu erzogen werden, Vorurteile und Diskriminierung zu beenden."

Bellamy sprach auch über die schrecklichen Auswirkungen von HIV/AIDS auf Schulen. Die Lehrer sterben an AIDS, vor allem im südlichen Afrika. Über 860.000 Kinder in dieser Region haben 1999 ihre Lehrer an AIDS verloren. Swaziland schätzt, daß in den nächsten 17 Jahren doppelt soviel Lehrer ausgebildet werden müssen. Besonders betroffen sind die 11 Millionen Aidswaisen dieser Welt – sie sind oft gezwungen, die Schule abzubrechen, um für sich und ihre Geschwister zu sorgen. Infizierte Kinder verlassen oft die Schule, weil sie diskriminiert werden.

Es wird also mit jedem Tag schwieriger, Schulen zu wirksamen Waffen gegen HIV/AIDS zu machen. "Wir müssen mitgenommene und erschöpfte Schulsysteme retten, damit diese Schulsysteme Leben retten können," sagte Bellamy.