Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF)
ist sehr besorgt über die Entwicklung der Hilfsleistungen an Entwicklungsländer,
die 1996 ihren Tiefpunkt erreicht haben, sagte Carol Bellamy, UNICEF
Executive Director, heute.
Obwohl die Zahl der Menschen, die weniger als einen US-Dollar pro Tag verdienen,
ständig steigt, fielen die Hilfsleistungen an Entwicklungsländer letztes Jahr um
4% im Vergleich zu 1995, laut einem OECD-Bericht (von US$ 58,9 Milliarden
1995 auf US$ 55,1 Milliarden 1996).
"Wir sollten uns darüber im Klaren sein, worum es hier geht," sagte Carol Bellamy.
"Das sind mehr als nur Zahlen in einem Kassabuch: sie stellen eine
Bedrohung für Millionen von Kindern und die Gesellschaften, in denen sie
aufwachsen, dar. Sie sind ein Zeugnis für die weiterhin bestehenden
Ungerechtigkeiten auf der Welt - und für die beschämenden Fehlschläge der
internationalen Gemeinschaft bezüglich Beseitigung."
Bellamy wies darauf hin, daß laut UN-Schätzungen 1,3 Milliarden Menschen im
Teufelskreis absoluter Armut gefangen sind - 650 Millionen davon sind Kinder,
und diese Zahlen steigen ständig, in jedem Gebiet der Welt außer in Südostasien
und im pazifischen Raum.
Wenn alle Regierungen bereit wären, 0,7% des Bruttonationalproduktes für
offizielle Entwicklungshilfe beiseite zu legen, dann, so sagte Bellamy, brächte
das in den nächsten zehn Jahren mehr als die US$ 80 Milliarden, die nach UN
Schätzungen notwendig wären, um die schlimmsten Auswirkungen der
weltweiten Armut zu beseitigen.
Die UNICEF Direktorin sagte, daß die Abwärtsbewegung in der Entwicklungshilfe
ein Angriff auf die Konvention über die Rechte des Kindes ist, der sich gegen
die Not der ärmsten Kinder der Welt und gegen die Arbeit der Vereinten
Nationen generell - einschließlich der geplanten UN-Reform - richtet.
"Ohne einen adäquaten und vorhersehbaren Fluß von Hilfsmitteln," sagte Bellamy,
"können die Vereinten Nationen weder eine Reform durchführen, noch die
Mandate der Mitgliedsstaaten erfüllen, im besonderen den Kampf gegen die
Armut und den Aufbau einer Umwelt, die wirtschaftliches Wachstum und
menschliche Entwicklung garantiert."
"Private Investitionen und Finanzierungen sind absolut notwendig, damit die
ärmsten Staaten aus ihrer Armut ausbrechen können," sagte Bellamy, "bis jetzt
können sie den privaten Markt nicht ohne offizielle Entwicklungshilfe
erreichen. Diese Hilfe wäre aber nicht nur notwendig, um tiefgreifende
wirtschaftliche Reformen durchzuführen, sondern auch, um ihnen zu
ermöglichen, eine wirtschaftliche und soziale Infrastruktur aufzubauen, die
für weiteres Wachstum unerläßlich ist."
Laut dem OECD Bericht, der am 19. Juni veröffentlicht wurde, sind die
durchschnittlichen Hilfsleistungen von 0,27% des Bruttonationalproduktes 1995
auf 0,25% 1996 gefallen. Das sind die niedrigsten Zahlen in den beinahe 30
Jahren seit dem das Ziel von weltweit 0,7% gesetzt wurde.
1996 erreichten nur vier Staaten mindestens dieses Ziel: Dänemark (1,04%), die
Niederlande (0,83%), Norwegen (0,85%) und Schweden (0,82%).
Der OECD Bericht wies darauf hin, daß, während die offizielle Entwicklungshilfe
zurück gegangen ist, der private Geldfluß in die Entwicklungsländer um fast US$
80 Milliarden auf insgesamt US$ 234 Milliarden gestiegen ist. Allerdings
beschränkten sich die privaten Investitionen auf einige wenige
Entwicklungsländer mit einer stark wachsenden Wirtschaft, die ärmsten Staaten,
besonders in der Sahel-Zone, sahen davon nur vernachlässigbare Beträge.