Täglich sterben 30.000 Kinder

UNICEF-Report zu weltweiter Kindersterblichkeit: Fortschritte bleiben weit hinter Erwartungen zurück

98 Länder werden das UN-Millenniumsziel, Kindersterblichkeit bis zum Jahr 2015 um zwei Drittel zu reduzieren, wahrscheinlich nicht erreichen: HIV/AIDS und Kriege verschlimmern die Situation

Neue Daten enthüllen alarmierend langsame Fortschritte hinsichtlich der Reduzierung von Kindersterblichkeit, obwohl kostengünstige und wirksame Maßnahmen vorhanden wären. Dies ergab die neue Studie "Progress for Children" von UNICEF, die heute veröffentlicht wurde. UNICEF erklärte, dass zwar 90 Länder auf dem richtigen Weg sind, um das Ziel Kindersterblichkeit bis zum Jahr 2015 um zwei Drittel zu reduzieren, zu erreichen, 91 weitere Länder hingegen ganz und gar nicht. Die Fortschritte weltweit finden insgesamt zu langsam statt.

Bei der momentanen Fortschrittsrate wird die weltweite Kindersterblichkeitsrate bis zum Jahr 2015 nur um ein Viertel sinken statt um zwei Drittel, wie am Millenniumsgipfel von den Regierungen beschlossen.

"Es ist unglaublich, dass in einer Zeit der technologischen und medizinischen Wunder das Überleben von Kindern in vielen Regionen an einem seidenen Faden hängt. Wir können viel mehr für die Kinder tun", sagte UNICEF-Direktorin Carol Bellamy bei der Vorstellung des Berichts.

Der UNICEF-Report "Progress for Children" listet Länder nach ihrer jährlichen Fortschrittsrate hinsichtlich der Reduzierung von Kindersterblichkeit seit dem Ausgangsdatum 1990.

Der Begriff Kindersterblichkeit bezieht sich auf die Anzahl der Kinder, die vor ihrem 5. Geburtstag sterben und wird pro 1.000 Lebendgeburten gemessen. So starben im Jahr 2002 in den Industriestaaten 7 von 1.000 Kindern vor ihrem 5. Geburtstag, in den ärmsten Ländern der Welt waren es hingegen 158 von 1.000. UNICEF betrachtet die Kindersterblichkeitsrate eines Landes als grundlegenden Maßstab für die Entwicklung eines Landes.

Besonders besorgniserregend sind die Ergebnisse aus jenen Ländern, wo die Kindersterblichkeit seit 1990 ansteigt. Dazu gehören der Irak, Botswana, Simbabwe, Swaziland, Kenia, Kambodscha, Kamerun, Elfenbeinküste, Kasachstan und Usbekistan.

Einer der Hauptgründe für die Kindersterblichkeit im südlichen Afrika ist und bleibt HIV/AIDS. So gehören Botswana, Simbabwe und Swasiland zu den Ländern mit den höchsten HIV/AIDS-Raten. Ein anderer wichtiger Faktor, der zu steigenden Kindersterblichkeitsraten beiträgt, ist Krieg, wie zum Beispiel im Irak oder in Afghanistan.

Trotz einer leichten Verbesserung bleibt Sierra Leone weiterhin das Land mit der höchsten Kindersterblichkeitsrate weltweit, gefolgt von Niger, Angola, Afghanistan, Liberia, Somalia, Mali, Guinea-Bissau, Burkina Faso und Kongo. In Sierra Leone sterben 284 von 1.000 Kindern vor ihrem 5. Geburtstag.

Die größten Fortschritte bei der Reduzierung der Kindersterblichkeitsraten erzielten Malaysia, Ägypten und Malta. Den stärksten Anstieg der Kindersterblichkeit verzeichnet der Irak.

Eine Reduzierung der Kindersterblichkeit um zwei Drittel von 1990 bis 2015 setzt durchschnittlich eine jährliche Fortschrittsrate von etwa 4,4% pro Land voraus. Die UNICEF-Studie ergibt, dass zwar 50 Länder diesen Standard erreicht haben, weitere 78 Länder haben nicht einmal 2% Fortschritt pro Jahr zu verzeichnen. Um das Ziel bis 2015 zu erreichen müssten mindestens 43 Länder jedes Jahr ihre Kindersterblichkeitsraten um 8% reduzieren.

Todesursachen
Schlechte Bedingungen bei Geburten – also keine medizinische Betreuung der Mutter, keine ausgebildeten Geburtshelfer – verursachen den Großteil der vermeidbaren Todesfälle. Für den zweitgrößten Teil der Todesfälle von Kindern unter 5 Jahren sind infektiöse oder parasitäre Krankheiten wie Masern oder Malaria verantwortlich. Weiters tragen Mangelernährung, verschmutztes Trinkwasser und unhygienische Lebensbedingungen zur Hälfte aller Todesfälle von Kindern bei. Für ein Drittel aller Todesfälle sind Atemwegsinfektionen und Durchfallerkrankungen verantwortlich.

"Die Welt hat die Mittel, um das Überleben der Kinder zu sichern. Wenn die Welt sie nur einsetzen würde!" sagte Carol Bellamy. "Impfstoffe, Vitaminpräparate oder Moskitonetze kosten nicht viel und könnten Millionen Kinderleben retten. Aber wir erreichen nicht genügend Kinder mit diesen einfachen Lebensrettern. Das muss sich ändern. Keiner Regierung sollte es gestattet werden weitere zehn Jahre mit sowenig Fortschritt verstreichen zu lassen. Staatsoberhäupter haben sich auf Ziele geeinigt und müssen dafür zur Rechenschaft gezogen werden."

Regional betrachtet sind große Teile des Mittleren Osten und Nordafrikas, Lateinamerika und die Karibik sowie Ostasien und die pazifische Region auf dem richtigen Weg, das Ziel zu erreichen. Aber Zentral- und Osteuropa, Südasien, und das südliche Afrika wird dramatische Maßnahmen ergreifen müssen, um dem Ziel nahe zu kommen.