UNICEF fordert Schuldenerleichterung für Ecuador – schwere soziale und wirtschaftliche Krise bedroht Kinder

Ecuador benötigt dringend die Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft, um seine enorme Schuldenlast zu
verringern, gab gestern UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, bekannt.

„Obwohl es unüblich für UNICEF ist, sich auf den Schuldenabbau in einem einzelnen Land zu konzentrieren, ist
die Situation in Ecuador so ernst und riskant für die Kinder, daß wir an die Öffentlichkeit gehen müssen“,
sagte UNICEF-Direktorin Carol Bellamy. „Ecuador mag nicht den wirtschaftlichen Einfluß von Indonesien,
Rußland oder Brasilien haben, aber es verdient die selbe Beachtung, die diese Länder von der Welt bei der
Beseitigung ihrer Finanzkrisen erhalten haben.“

Bellamy sagte weiters, daß die schwere soziale und wirtschaftliche Krise in Ecuador eine dramatische
Verschlechterung der Gesundheit und des Wohlergehens der Bevölkerung verursacht. Vor allem Kinder aus
armen Familien sind betroffen. Einer der Gründe für die Krise ist laut Bellamy die Schuldenlast, die 16
Milliarden US-Dollar oder 107 % des Bruttosozialproduktes von Ecuador beträgt. Davon sind 13 Milliarden
auswärtige Schulden.

Die Arbeitslosigkeit im Land hat sich innerhalb des letzten Jahres fast verdoppelt, die Inflation hat 55 %
erreicht, während die Nettogehälter um fast 40 % gesunken sind. 44 % der Bevölkerung müssen mit weniger
als 25 Schilling pro Tag auskommen, vor einem Jahr waren es 38 %.

UNICEF Quito erklärt, daß es alarmierende Zeichen dafür gibt, daß die Krise den Zugang der armen Menschen
zu Nahrung und sozialen Diensten verringert. Eine Befragung von Sozialhilfeempfängern ergab, daß 70 % die
medizinische Betreuung ihrer Kinder aus finanziellen Gründen vernachlässigen müssen. 60 % gaben zu, die
täglichen Mahlzeiten zu reduzieren und 20 % waren gezwungen, mindestens ein Kind aus der Schule zu nehmen.

Die Regierung beabsichtigt ein Sozialschutzprogramm durchzuführen, doch die Schuldenlast schränkt die Mittel
für Sozialprogramme sehr stark ein. Die Regierung verkündete letzte Woche, ihre auswärtigen Schulden neu
verhandeln zu wollen. Carol Bellamy forderte nun die Gläubiger des Landes dazu auf, diese Initiative zu
unterstützen.

„Dies ist eine seltene Gelegenheit, auf die Schuldenfalle, von der so viele Entwicklungsländer heimgesucht
werden, zu reagieren“, betonte Bellamy. „Wenn die auswärtigen Schulden von Ecuador so modifiziert
werden können, daß die Belastungen durch die Rückzahlungen verringert werden und es gleichzeitig
möglich ist, mehr Mittel für Sozialprogramme aufzuwenden, wäre das ein wichtiger Präzedenzfall für die
anderen lateinamerikanischen Länder.“

Abschließend forderte Bellamy die Regierung dazu auf, bei der Budgetverteilung für das Jahr 2000 den
Sozialleistungen oberste Priorität zu geben. Die Ausweitung der Sozialleistungen würde laut Bellamy nicht nur
den Ärmsten helfen, sondern auch zu anhaltendem Wirtschaftswachstum führen.

UNICEF unterstützt das Sozialschutzprogramm der Regierung vor allem in den Bereichen Gesundheit, Ernährung
und Schulbildung. UNICEF unterstützt auch Familien finanziell, um zu verhindern, daß die Kinder die Schule
verlassen müssen.