UNICEF: Gewalt gegen Kinder in Institutionen in Europa und Zentralasien

Wien, Genf, 31. Mai 2005: Gewalt gegen Kinder in Institutionen findet man in vielen Ländern Europas und Zentralasiens – von Irland bis Kirgisistan. Dies ergab eine Recherche von UNICEF im Vorfeld zur Konferenz „Gewalt gegen Kinder in Europa und Zentralasien“ in Ljubljana, Slowenien, vom 5. bis 7. Juli 2005. Die Recherche ergab aber auch große Unterschiede hinsichtlich Daten und Wissen.

„Kinder in Institutionen – von Kinderheimen bis hin zu Gefängnissen – sind extrem gefährdet“, sagt Maria Calivis, UNICEF-Regionaldirektorin für Zentral- und Osteuropa. „Sie sind gefährdet, weil sie von der Gesellschaft getrennt in einer 'geschlossenen' Umgebung leben. Und je 'geschlossener' die Umgebung ist, desto größer die Gefahr von Gewalt und desto kleiner die Chance, dass Gewaltakte ans Tageslicht kommen.“

„Wir dürfen nicht vergessen, dass für Kinder, die in Institutionen enden, bereits sehr viel schief gelaufen ist“, fügte Maria Calivis hinzu. „Viele sind bereits durch Probleme in der Familie traumatisiert und das verstärkt nur ihre Verletzbarkeit.“

Niemand kennt die genaue Zahl von Kindern in Institutionen in Europa und Zentralasien. Konservative Schätzungen gehen von einer Million aus.

  • Untersuchungen in Irland zeugen von Missbrauch in Institutionen über Jahrzehnte.
  • Das Kinderrechtekomitee in Genf bemängelte das Fehlen eines klaren Verbots der Prügelstrafe in Institutionen in Belgien, der Tschechischen Republik, Frankreich, Kirgisistan und Moldau.
  • Interviews mit Kindern in britischen Institutionen ergaben, dass von 71 Befragten 62 von körperlicher Gewalt zwischen den Kindern berichteten. Die Hälfte hatte selbst schon Erfahrungen mit Messerattacken, Schlägen, Tritten, Zerstörung des Eigentums und Drohungen gemacht.


UNICEF ist besonders im Bereich der Jugendgerichtsbarkeit alarmiert, denn Untersuchungen zeigen, dass gerade jugendliche Straftäter in der Zeit vor der Gerichtsverhandlung besonders gefährdet sind. Das Kinderrechtekomitee wies auf Misshandlungen von Kindern und Jugendlichen in Polizeigewahrsam in Albanien, Frankreich, Georgien, Rumänien, Schweiz, Ukraine und Usbekistan hin. Jugendliche befinden sich in einigen Ländern auch gemeinsam mit Erwachsenen in Untersuchungshaft, wodurch das Missbrauchsrisiko weiter erhöht wird. Es existieren Hinweise in Deutschland, dass die Jugendlichen bedroht, erpresst und auch vergewaltigt wurden. In Kroatien wurden Wächter dabei beobachtete, als sie Jugendliche mit Schlagstöcken prügelten.

„Das ist inakzeptabel“, sagte Calivis. „Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes legt Standards hinsichtlich Kinder in Institutionen fest.“

UNICEF fordert die teilnehmenden Minister an der Konferenz in Ljubljana zu folgenden Maßnahmen auf:

  • Gesetzliche Verankerung des Verbots jeglicher Form von Gewalt gegen Kinder – in Institutionen, aber auch in Schulen, innerhalb der Familie und der Gemeinden.
  • Unterbringung von Kindern in Institutionen und Strafanstalten nur als allerletzte Maßnahme Recherche zuverlässiger und vergleichbarer Daten
  • Angemessene Bezahlung und Ausbildung für das Personal, sowie regelmäßige Überprüfungen
  • Wirksame und Kindern zugängliche Kanäle, um Gewalt melden zu können.
  • Regelmäßiger Kontakt der Kinder mit ihren Familien - außer dies birgt ein weiteres Risiko für die Kinder.