UNICEF: Kinderlähmung in Darfur aufgetreten

Experten warnen vor größter Epidemie der letzten Jahre<br />

Wien, Genf, New York - 22. Juni 2004: Epidemiologen gaben heute die Warnung heraus, daß West- und Zentralafrika an der Schwelle zu einer der größten Polio-Epidemien der letzten Jahre stehen. Die Warnung folgte der Bestätigung eines Polio-Falles in der Region Darfur, West-Sudan -- denn im Sudan ist seit drei Jahren kein Polio-Fall mehr gemeldet worden. Der Virus ist genetisch eng mit dem endemischen Poliovirus in Nord-Nigeria verwandt, der sich in den vergangenen Monaten im Tschad ausgebreitet hat.

Die Daten zeigen eine alarmierende Verbreitungsrate des Poliovirus in dieser Region. Zusätzlich zu dem neuen Polio-Fall im Sudan wurden im Jahr 2004 bereits fünfmal so viele Kinder in West- und Zentralafrika mit Kinderlähmung infiziert wie im selben Zeitraum im Jahr 2003. 197 Kinder erkrankten seit Einstellung der Impfprogramme in Nord-Nigeria im Vorjahr an Kinderlähmung.

Epidemiologen befürchten, daß durch eine große Epidemie im Herbst 2004 (während der "Hochsaison" für Polio) tausende Kinder gelähmt werden könnten. In West- und Zentralafrika werden weniger als die Hälfte der Kinder routinemäßig gegen eine Reihe von Infektionskrankheiten geimpft, darunter auch Polio. Daher empfehlen die Experten der Initiative zur Ausrottung von Polio zeitgleiche Massenimpfkampagnen im Oktober und November in 22 afrikanischen Ländern für rund 74 Millionen Kinder. Diese Kampagnen könnten einen Tragödie verhindern.

Das Epizentrum des Ausbruches ist der Bundesstaat Kano in Nord-Nigeria. Die zuständigen nigerianischen Behörden arbeiten verstärkt daran, eine öffentliche Kontroverse über die Sicherheit des Polio-Impfstoffes zu beenden, die zum Abbruch der Impfkampagnen in dieser Region geführt hatte. Im Mai 2004 gaben die Behörden von Kano bekannt, daß die Polio-Impfungen in Kano bald wieder aufgenommen würden.

"Diese Impfkampagnen könnten eine Tragödie verhindern", sagte UNICEF-Direktorin Carol Bellamy. "Aber die Kampagne braucht starke Unterstützung auf allen Ebenen. Die erste Priorität muß die verstärkte Beteiligung der Gemeinden an Polio-Aktivitäten in der Region sein. Viele Familien brauchen Informationen über die Sicherheit des Impfstoffes, angesichts der Gerüchte in Nord-Nigeria."

Hilfe für Darfur
Über eine Million Menschen aus der Krisenregion Darfur im West-Sudan sind auf der Flucht, die Mehrzahl der Flüchtlinge sind Kinder und Frauen. Die Vertriebenen flohen vor den bewaffneten Janjaweed-Milizen, die auf Pferden und Kamelen ihre Dörfer angriffen, mordeten, plünderten und vergewaltigten.

Jedes fünfte Kind in den Flüchtlingslagern in der Region Darfur ist bereits akut mangelernährt. In den Gesundheitszentren steigt die Zahl der ausgezehrten und kranken Kinder seit Wochen kontinuierlich. Die meisten Kinder leiden an Durchfall, Masern und fiebriger Erkältung. Täglich sterben Kinder an Hunger und Schwäche.

Die UNICEF-Nothilfe für die Kinder läuft trotz schwieriger Bedingungen auf Hochtouren:

  • UNICEF hat in den vergangenen Wochen 130 Tonnen hochproteinhaltige Spezialmilch für unterernährte Kinder an Krankenhäuser und Ernährungszentren in Darfur verteilt.
  • 81 Gesundheitsstationen wurden mit den wichtigsten Medikamenten für bis zu 500.000 Menschen ausgestattet, eine große Masernimpfkampagne steht kurz bevor.
  • An Flüchtlingsfamilien verteilte UNICEF 28.000 Decken und über 22.000 Plastikplanen.
  • 340.000 Menschen werden mit sauberem Trinkwasser versorgt.

    UNICEF bittet dringend um Spenden für die Kinder aus dem West-Sudan:
    PSK 15 16 500: Kinder Sudan