UNICEF: Übermäßiger Konsum in den reichsten Ländern der Welt zerstört die Umwelt von Kindern global

Florenz/New York/Wien – Die reichsten Länder der Welt, darunter Finnland, Island, die Niederlande und Norwegen, sorgen innerhalb ihrer Grenzen für ein gesünderes Umfeld für Kinder, tragen jedoch unverhältnismäßig stark zur Zerstörung der globalen Umwelt bei und gefährden damit die Gegenwart und Zukunft aller Kinder weltweit.

Österreich liegt insgesamt im Mittelfeld (Platz 19 von 39). Ein relativ hoher konsumbasierter CO²-Ausstoß, viel Elektroschrott und starker Ressourcenverbrauch macht das Land dennoch zum elftgrößten „globalen Sünder“ unter den 39 untersuchten Ländern.

Die Mehrheit der wohlhabenden Länder schafft ungesunde, gefährliche und gesundheitsschädliche Bedingungen für Kinder in der ganzen Welt, so die neueste Report Card, die heute vom UNICEF-Forschungsbüro Innocenti veröffentlicht wurde. Die Innocenti Report Card 17: Places and Spaces vergleicht, wie 39 Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Europäischen Union (EU) bei der Schaffung einer gesunden Umwelt für Kinder abschneiden. Der Bericht enthält Indikatoren wie die Belastung durch schädliche Schadstoffe wie giftige Luft, Pestizide, Dämpfe und Blei, den Zugang zu Licht, Grünflächen und sichere Straßen sowie den Beitrag der Länder zur Klimakrise, zum Ressourcenverbrauch und zur Entsorgung von Elektroschrott.

In dem Bericht heißt es, dass, wenn alle Menschen auf der Welt so viele Ressourcen verbrauchen würden wie die Menschen in den OECD- und EU-Ländern, das Äquivalent von 3,3 Erden benötigt würde, um mit dem Verbrauchsniveau Schritt zu halten. Würde jeder Mensch die Ressourcen in jenem Maße verbrauchen, wie es die Menschen in Kanada, Luxemburg und den Vereinigten Staaten tun, wären mindestens fünf Erden erforderlich. Der Ressourcenverbrauch in Österreich ist ebenfalls überdurchschnittlich: 3,8 Erden würden benötigt werden, wenn alle Menschen weltweit die österreichischen Werte erreichten.

Während Spanien, Irland und Portugal insgesamt an der Spitze der Rangliste stehen, gelingt es der Gesamtheit der OECD- und EU-Länder nicht, allen Kindern bei jedem Indikator ein gesundes Umfeld zu bieten. Einige der wohlhabendsten Länder, darunter Australien, Belgien, Kanada und die Vereinigten Staaten, verursachen schwerwiegende und weitreichende Auswirkungen auf die globale Umwelt – gemessen an den CO2-Emissionen, dem Elektroschrott und dem Gesamtressourcenverbrauch pro Kopf – und schneiden auch bei der Schaffung einer gesunden Umwelt für Kinder innerhalb ihrer Grenzen insgesamt schlecht ab.  Im Gegensatz dazu haben die am wenigsten wohlhabenden OECD- und EU-Länder in Lateinamerika und Europa einen viel geringeren Einfluss auf die Welt.

Die Mehrheit der reichen Länder schafft es nicht, innerhalb ihrer Grenzen eine gesunde Umwelt für Kinder zu schaffen und trägt darüber hinaus auch noch zur Zerstörung der Umwelt von Kindern in anderen Teilen der Welt bei", sagt Gunilla Olsson, Direktorin des UNICEF-Forschungsbüros Innocenti. „In einigen Fällen stellen wir fest, dass Länder, die im eigenen Land eine relativ gesunde Umwelt für Kinder bieten, gleichzeitig zu den größten Verursachern von Schadstoffen gehören, die die Umwelt von Kindern im Ausland zerstören."

Die Ergebnisse für Österreich zeigen, dass zusätzlich zu den globalen Auswirkungen gerade im direkten Umfeld von Kindern (adäquates Wohnen, städtische Grünflächen, Straßensicherheit) Verbesserungsbedarf besteht. Kinder aus einkommensschwächeren Haushalten sind öfter von schlechten Wohnbedingungen betroffen, was langfristige Auswirkungen auf ihre Lebensläufe haben kann.  Der Bereich Wohnen ist auch ein Schwerpunkt der EU-Kindergarantie, die zum Ziel hat die Lebensbedingungen von benachteiligten Kindern zu verbessern.

Weitere Eregebnisse:

  • Mehr als 20 Millionen Kinder in dieser Ländergruppe haben erhöhte Bleikonzentrationen in ihrem Blut. Blei ist eine der gefährlichsten Umweltgifte.
  • Finnland, Island und Norwegen liegen im oberen Drittel, wenn es darum geht, ihren Kindern eine gesunde Umwelt zu bieten, aber im unteren Drittel, wenn es um die Welt insgesamt geht – mit hohen Emissions-, Elektroschrott- und Konsumraten.
  • In Island, Lettland, Portugal und dem Vereinigten Königreich ist jedes fünfte Kind zu Hause Feuchtigkeit und Schimmel ausgesetzt; in Zypern, Ungarn und der Türkei ist es mehr als jedes vierte Kind. In Österreich sind es ca. 10% aller Kinder, also jedes zehnte Kind.
  • Viele Kinder atmen sowohl außerhalb als auch innerhalb ihrer Wohnungen giftige Luft ein. In Mexiko ist die Zahl der durch Luftverschmutzung verlorenen gesunden Lebensjahre mit 3,7 Jahren pro tausend Kinder am höchsten, während sie in Finnland und Japan mit 0,2 Jahren am niedrigsten ist.
  • In Belgien, der Tschechischen Republik, Israel, den Niederlanden, Polen und der Schweiz sind mehr als 1 von 12 Kindern einer hohen Pestizidbelastung ausgesetzt. Pestizidbelastungen werden mit Krebs, einschließlich Leukämie bei Kindern, in Verbindung gebracht und können das Nerven-, Herz-Kreislauf-, Verdauungs-, Fortpflanzungs-, Hormon-, Blut- und Immunsystem von Kindern schädigen.

UNICEF fordert die folgenden Schritte zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt von Kindern:

  1. Die Regierungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene müssen schon heute eine Vorreiterrolle bei der Verbesserung der Umweltbedingungen für Kinder übernehmen, indem sie Abfall, Luft- und Wasserverschmutzung reduzieren und für qualitativ hochwertige Wohnungen und Wohnviertel sorgen.
  2. Verbesserung des Umfelds für die am meisten gefährdeten Kinder. Kinder aus armen Familien sind in der Regel größeren Umweltbelastungen ausgesetzt als Kinder aus reicheren Familien. Dadurch werden bestehende Nachteile und Ungleichheiten verfestigt und verstärkt.
  3. Sicherstellen, dass die Umweltpolitik kinderfreundlich ist. Regierungen und politische Entscheidungsträger*innen sollten dafür sorgen, dass die Bedürfnisse von Kindern in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Erwachsene Entscheidungsträger*innen auf allen Ebenen, von den Eltern bis zu den Politiker*innen, müssen die Sichtweise der Kinder anhören und sie bei der Gestaltung von Maßnahmen, die sich unverhältnismäßig stark auf künftige Generationen auswirken werden, berücksichtigen.
  4. Kinder, die wichtigsten Akteur*innen der Zukunft, einbeziehen: Kinder werden am längsten mit den heutigen Umweltproblemen konfrontiert sein; sie sind aber auch am wenigsten in der Lage, den Lauf der Dinge zu beeinflussen.
  5. Regierungen und Unternehmen sollten jetzt wirksame Maßnahmen ergreifen, um die von ihnen eingegangenen Verpflichtungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2050 zu erfüllen. Auch die Anpassung an den Klimawandel sollte sowohl für die Regierungen als auch für die globale Gemeinschaft und in verschiedenen Bereichen von der Bildung bis zur Infrastruktur im Vordergrund stehen.

Wir sind es uns selbst und den künftigen Generationen schuldig, bessere Orte und Räume zu schaffen, in denen Kinder sich entfalten können", sagt Olsson. „Zunehmende Abfälle, schädliche Schadstoffe und erschöpfte natürliche Ressourcen belasten die körperliche und geistige Gesundheit unserer Kinder und bedrohen die Nachhaltigkeit unseres Planeten. Wir müssen eine Politik und Praxis verfolgen, die die natürliche Umwelt schützt, auf die Kinder und junge Menschen am meisten angewiesen sind."

Der Report steht als Download zur Verfügung

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