Kinder über die Rechte und die Zukunft, die sie sich wünschen

Brüssel/Wien - Über 10.000 Kinder und Jugendliche nahmen an einer Befragung zur Gestaltung der kommenden Kinderrechtsstrategie und Kindergarantie der EU teil

Jugendliche in Deutschland, Köln. Oktober 2019
Jugendliche in Deutschland, Köln. Oktober 2019 © UNICEF

Die Meinung von Kindern und Jugendlichen könnte bald eine größere Rolle bei der Politikgestaltung spielen. Eine Gruppe von fünf Kinderrechtsorganisationen startete dafür eine Online-Umfrage und eine Konsultation mit Kindern sowie die Entwicklung eines eigenen Berichts, der heute veröffentlicht wird. Die Stimmen der Kinder werden dazu beitragen, die EU-Strategie für die Rechte des Kindes und die „Kindergarantie“ zu informieren. Die Anliegen der Kinder werden daher direkt dazu beitragen, die Prioritäten für beide Initiativen zu gestalten und zu definieren. Die Umfrage wurde von der Europäischen Kommission initiiert, die in enger Zusammenarbeit mit den fünf Kinderrechtsorganisationen daran gearbeitet hat.

„Diese Befragung der Kinder ist für uns in der Europäischen Kommission ein Novum und ein wichtiger Schritt zu mehr Kinderbeteiligung. Kinder sind Expertinnen und Experten in den Angelegenheiten, die sie selbst betreffen. Diese Konsultation beweist einmal mehr, dass Kinder bereits wichtige Akteurinnen und Akteure im Hier und Jetzt sind. Unsere Aufgabe ist es, sie zu befähigen und zu ermächtigen, den Weg zu den Führungspersönlichkeiten von morgen schon jetzt zu beschreiten. Deshalb sind Partizipation, Gleichberechtigung und Inklusion die Leitprinzipien sowohl für die EU-Kinderrechtsstrategie als auch für die Kindergarantie 2021. Wir müssen und werden dafür sorgen, dass alle Kinder den gleichen Start ins Leben haben und sich in dieser Welt frei von Angst und Not entfalten können“, sagt die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Šuica.

„Dies ist an sich schon ein historischer Bericht, denn es ist das erste Mal, dass so viele Kinder und Jugendliche die EU-Politik direkt beeinflussen und gestalten können. Er könnte zu keinem wichtigeren Zeitpunkt kommen, da Kinder mit den psychologischen und praktischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie konfrontiert sind und sich für die nächsten Jahre auf eine neue Realität einstellen müssen. Da es ihre Zukunft ist, muss ihre Meinung in den Entscheidungen der EU zum Ausdruck kommen“, erklären Vertreter*innen von ChildFund Alliance, Eurochild, Save the Children, UNICEF und World Vision.

Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, sagt: „Angesichts der sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie wollen wir unsere Kinder nicht nur schützen, sondern auch in sie investieren, damit sie den bestmöglichen Start ins Leben haben und sich entfalten können. Und wer könnte uns besser von den Schwierigkeiten berichten, mit denen sie konfrontiert sind, als die Kinder selbst. Ich begrüße den Geist dieser Umfrage von ganzem Herzen und bin den Tausenden Kindern dankbar, die uns ihren Input gegeben haben. Ihre Stimmen werden gehört.“

„Als politische Entscheidungsträger müssen wir sicherstellen, dass sich unsere Strategien auf die persönlichen Erfahrungen aller Bürgerinnen und Bürger stützen können. Der Aufbau einer umfassenden Kinderrechtsstrategie muss alle relevanten Bereiche einbeziehen, von Gesundheit – einschließlich psychischer Gesundheit – sozialer Inklusion, Bildung, kinderfreundlicher Justiz, Kindern in der Migration und Beteiligung am demokratischen Prozess. Es ist von größter Bedeutung, den Kindern zuzuhören, ihre Stimmen zu diesen Themen wahrzunehmen. Aus diesem Grund ist diese Umfrage so wertvoll und wird dazu beitragen, die EU-Kinderrechtsstrategie zu unterstützen", sagt Didier Reynders, EU-Kommissar für Justiz.

„Kinder sind vollwertige Bürgerinnen und Bürger und Träger von Rechten. Es ist von größter Bedeutung, Kindern eine Stimme zu geben und anzuerkennen, dass sie bei der Gestaltung der Zukunft Europas ein Mitspracherecht haben. Ich bin sehr froh, dass die anstehende erste umfassende EU-Kinderrechtsstrategie die Kinder in den Mittelpunkt stellt, und diese Befragung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Als Politiker ist es unsere Verantwortung, allen Kindern eine echte Chance zu geben, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und sich in allen Lebensbereichen zu entfalten und niemanden zurückzulassen", sagt David Lega MdEP, Co-Vorsitzender der Interfraktionellen Arbeitsgruppe für Kinderrechte im Europäischen Parlament.

Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage

Die COVID-19-Pandemie hat bei Kindern und Jugendlichen in Europa und darüber hinaus zu Stress und Unsicherheit geführt. Jedes fünfte Kind in der EU, das an der Umfrage teilgenommen hat, berichtet, dass es unglücklich aufwächst und sich Sorgen um die Zukunft macht, so das Ergebnis einer neuen Studie von ChildFund Alliance, Eurochild, Save The Children, UNICEF und World Vision.
Für den Bericht „Unser Europa. Unsere Rechte. Unsere Zukunft“ wurden mehr als 10.000 Kinder und Jugendliche zwischen elf und 17 Jahren innerhalb und außerhalb Europas befragt.

Der Bericht enthüllte weitere starke Ergebnisse

  • Fast eines von zehn Kindern, die für den Bericht befragt wurden, gab an, mit psychischen Problemen oder Symptomen wie Depressionen oder Angstzuständen zu leben. Die befragten Mädchen waren weitaus stärker gefährdet als die Buben, und ältere Kinder berichteten über ein höheres Maß an Problemen als jüngere Kinder;
  • Ein Drittel der befragten Kinder erlebte Diskriminierung oder Ausgrenzung;
    Dieser Prozentsatz stieg auf 50, bei Kindern mit Behinderungen, Migrationshintergrund, aus ethnischen Minderheiten oder solchen, die sich als LGBTQ+ identifizieren,
    Drei Viertel der befragten Kinder fühlen sich in der Schule wohl, aber 80 Prozent der befragten 17-Jährigen haben das Gefühl, dass die angebotene Bildung sie nicht gut auf ihre Zukunft vorbereitet;
  • Die Mehrheit der befragten Kinder wünscht sich Veränderungen in ihrem Schulalltag: 62 Prozent der Befragten hätten gerne weniger Hausaufgaben und 57 Prozent wünschen sich einen interessanteren Unterricht. Fast ein Drittel der Befragten würde gerne Einfluss auf die Inhalte des Schulunterrichts nehmen: Mehr sportliche Aktivitäten (33 Prozent), Lernen über Kinderrechte (31 Prozent) und mehr musische Fächer (31 Prozent). Allerdings hatten fast alle Befragten schon von Kinderrechten gehört;
  • 88 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen wussten über den Klimawandel und seine Auswirkungen auf ihre Gemeinde Bescheid, 8 Prozent waren sich teilweise darüber bewusst und 4 Prozent waren unsicher.

Für Redaktionen

1. Unser Europa. Unsere Rechte. Unsere Zukunft. Vollständiger Bericht / Kurzbericht
2. Das Konsortium erhielt für dieses Vorhaben keine finanzielle Unterstützung von der Europäischen Kommission und hat diesen Bericht als Beitrag zu einer kindgerechten EU-Politik fertiggestellt, basierend auf unseren gemeinsamen Mandaten: Eine sinnvolle Konsultation und Beteiligung von Kindern zu propagieren und zu erleichtern; die Stimmen von Kindern direkt widerzuspiegeln und sie in die Erstellung und folglich in die Überprüfung des Konsultationsberichts einzubeziehen; und zur Gestaltung und zum Inhalt der EU-Kinderrechtsstrategie und der EU-Kindergarantie beizutragen, um die für Kinder dringlichsten Bedürfnisse und Rechtsverletzungen anzugehen.

Über die fünf Kinderrechtsorganisationen
Bei der Vorbereitung der neuen EU-Kinderrechtsstrategie 2021-2024 beschloss die Europäische Kommission, einen neuen Standard zu setzen, indem sie Kinder, die in Europa und darüber hinaus leben, einlud, ihre Ansichten mitzuteilen und Einfluss darauf zu nehmen, wie die Strategie gestaltet wird und welche Themen sie priorisieren wird. Zu diesem Zweck rief die Europäische Kommission fünf Kinderrechtsorganisationen – ChildFund Alliance, Eurochild, Save the Children, UNICEF und World Vision – dazu auf, Konsultationen mit Kindern in ganz Europa und darüber hinaus zu ermöglichen, die auf ihrer kollektiven Erfahrung aus der Arbeit mit Millionen Kindern weltweit, auf Beweisen, Forschung und politischen Maßnahmen basieren.